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Pharmaindustrie

Kleine Schritte in die grüne Zukunft

In fast allen Bereichen der Arzneimittelproduktion hat Nachhaltigkeit inzwischen Priorität. Doch bei allem Engagement ist die Umsetzung schwierig. Welche Aspekte hat die Pharmabranche bereits in Angriff genommen und wo könnte sie noch mehr tun?
AutorKontaktJennifer Evans
AutorKontaktMelanie Höhn
Datum 04.02.2024  08:00 Uhr

Die Pharmaindustrie ist deutlich emissionsintensiver als die Automobilindustrie: Dies haben die Wissenschaftler Lotfi Belkhir und Ahmed Elmeligi von der kanadischen McMaster University in einer globalen Analyse der Emissionstrends des Pharmasektors und einer Vergleichsanalyse der größten Pharmaunternehmen der Welt 2019 herausgefunden (DOI: 10.1016/j.jclepro. 2018.11.204). Die Produktion pharmazeutischer Erzeugnisse belastet demnach durch Abfälle und Chemikalien die Umwelt und erfordert Ressourcen an Wasser, Rohstoffen und Energie. ¬Zudem habe die Branche eine gesellschaftliche Verantwortung für die Gesundheit der Bevölkerung, denn Nachhaltigkeit beziehe sich auch auf den gerechten Zugang zu Arzneimitteln.

An welchen Stellschrauben lässt sich drehen, um Nachhaltigkeit in der Pharmaindustrie umzusetzen zu können?

Nachhaltigkeit als politisches Leitprinzip

Zu Beginn des vergangenen Jahres hat die EU einen großen Wandel eingeläutet. Seitdem ist die neue Richtlinie »Corporate Sustainability Reporting Directive« (CSRD) in Kraft, die fast alle Unternehmen dazu verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht abzuliefern. Zuvor galt das nur für solche von öffentlichem Interesse.

Konkret müssen Unternehmen nun einheitlich und deutlich umfassender zu Nachhaltigkeitsaspekten berichten, unter anderem über die Auswirkungen des eigenen Betriebs auf Mensch und Umwelt sowie über Chancen und Risiken im Kontext der Nachhaltigkeit. Dafür sind auch externe Prüfungen vorgesehen. Die Kritiker sprechen bei der CSRD, die ein Teil des europäischen »Green Deals« (Grüner Deal) ist, von einem Bürokratiemonster, die Befürworter von einem Motivator.

Im Rahmen des europäischen Green Deals will die EU bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität erreichen. Dafür müssten jetzt die Weichen gestellt werden, erklärt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) – »in unserer Wirtschaft ebenso wie beim Umgang mit natürlichen Ressourcen und der Gestaltung des Zusammenlebens aller Teile der Gesellschaft«. Diese Aufgabe erfordere das aktive Zusammenwirken von Gesellschaft und Staat.

Für die Bundesregierung ist Nachhaltigkeit ein politisches Leitprinzip. Das Bundeskanzleramt hat daher die Federführung für die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie übernommen, die 2024 aktualisiert wird und bis Ende des Jahres vorliegen soll. Für die einzelnen Themen und deren Umsetzung sind die Bundesministerien verantwortlich.

Umweltbelastungen durch Medikamente

Ein Bericht des Think-Tanks »Centre for Planetary Health Policy« (CPHP) und der Bucerius Law School hat gezeigt, dass das Arzneimittelwesen erheblich zu den Umwelt- und Klimabelastungen beiträgt (DOI: 10.5281/zenodo.7503601). »Auswirkungen auf die Umwelt entstehen dabei im gesamten Lebenszyklus eines Arzneimittels, von der Entwicklung, Produktion über die Lieferkette und die Verabreichung bis hin zur Entsorgung. Humanarzneimittel gelangen hauptsächlich durch die Ausscheidung sowie die unsachgemäße Entsorgung regelmäßig in die Umwelt«, heißt es in dem Bericht. Zwar würden »die daraus resultierenden Arzneimittelrückstände im Wasser und in den Böden bislang nicht als gesundheitsgefährdend eingestuft, die Schäden für die betreffenden Ökosysteme sind jedoch erheblich und zum Teil noch nicht hinreichend erforscht«.

Klar ist: Kontinuierlich gelangen Tonnen von Humanarzneistoffen und deren Abbauprodukte mit dem Abwasser über die Kläranlagen in die Umwelt – vor allem in die Gewässer – und können dort Schaden anrichten, wie das Umweltbundesamt (UBA) informiert. Mehr als 150 Wirkstoffe aus Arzneimitteln sowie Spurenstoffe aus anderen Bereichen sind demnach bereits in deutschen Oberflächengewässern aufgetaucht. Viele Wirkstoffe können Kläranlagen kaum zurückhalten. Tierarzneimittel gelangen überwiegend mit Mist und Gülle in die Umwelt.

Die gemessenen Konzentrationen der Wirkstoffe liegen nach BMUV-Angaben derzeit noch unterhalb der Dosierungen, die therapeutische Auswirkungen haben. Tiere nehmen die Medikamentenrückstände über Nahrung, Haut und Schleimhäute auf, jedoch nur in geringen Konzentrationen. Es kann aber zu verändertem Verhalten und Fortpflanzungsstörungen kommen, was laut BMUV wiederum große Auswirkungen auf die Ökosysteme haben kann.

Mehr Informationen zur Ökotoxizität gefordert

Die »Pharmacists for Future« sind eine Initiative des Vereins demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP), die sich für mehr Nachhaltigkeit einsetzt. Sie kritisieren, dass viele Wirkstoffe nach der oralen Aufnahme überwiegend oder komplett unverändert ausgeschieden und sich in der Umwelt anreichern würden. Die Gruppe fordert deshalb, mehr Informationen zur Ökotoxizität in den Arzneimittel-Datenbanken bereitzustellen, denn: »Nur so können sowohl bei der Verschreibung von Arzneimitteln als auch bei der Beratung zu Arzneimitteln in der Apotheke ökologische Gesichtspunkte besser berücksichtigt werden.«

Die Juristin und Umweltwissenschaftlerin Kim Teppe hat hierzu eine wichtige Rechtsprechung beim Verwaltungsgericht Köln erstritten. Mit dem inzwischen rechtskräftigen Urteil wird das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) verpflichtet, die von Arzneimittelherstellern eingereichten Studienberichte zur Umweltrisikobewertung an Teppe herauszugeben (siehe auch hier).

Die Juristin erhofft sich eine Gesetzesänderung dahingehend, dass diese Informationen von vornherein transparent sind. Ihre Vision: die Etablierung eines Systems oder einer Datenbank, in die die Umweltdaten eingetragen werden können, »um bei der Gewässerüberwachung überhaupt zu wissen, wonach wir schauen müssen und darauf aufbauend Risikomanagement betreiben zu können«.

Konzept »Green Chemistry«

Um den ökologischen Fußabdruck pharmazeutischer Produkte zu reduzieren, spielt das Konzept der »Green Chemistry« eine wichtige Rolle. In der pharmazeutischen Industrie bezieht es sich darauf, nachhaltige chemische Prinzipien bei der Entwicklung und Herstellung von Medikamenten zu nutzen.

So hat das Team um die Wissenschaftlerin Neele Puhlmann von der Leuphana-Universität in Lüneburg im Januar 2024 eine Studie zum »grünen Wirkstoffdesign« publiziert (DOI: 10.1016/j.ejps.2023.106614). Unter bestimmten Voraussetzungen sei es möglich, bereits in der Phase der Wirkstofffindung einzukalkulieren, inwieweit ein Medikament umweltverträglich ist oder nicht.

Im Jahr 2021 kam eine Analyse des Autorenteams um Dr. Mohit Mishra von der Amity-Universität Chhattisgarh in Indien zum Gesamtzustand der Pharmaindustrie zu dem Schluss, dass grüne Chemie eine innovative Lösung sei, um den Lebensstandard zu erhöhen und die Umweltprobleme zu minimieren (DOI: 10.1016/j.crgsc.2021.100174). Dadurch ließen sich der CO₂- und Wasser-Fußabdruck verringern, gefährliche Chemikalien und Lösungsmittel reduzieren und durch erneuerbare grüne Lösungsmittel und Rohstoffe ersetzen.

Die grüne Chemie habe das Potenzial, die Pharmaindustrie und Arzneimittelherstellung zu verändern, schreibt die Wissenschaftlerin, denn sie biete sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Vorteile. Die Umwandlung konventioneller Chemiekonzerne in nachhaltige Unternehmen erfordere die Zusammenarbeit von Bildung, Politik, Forschung und Wirtschaft.

Initiativen der Pharmaverbände

Auf die Umweltbelastung durch Medikamente macht auch der Branchenverband Pro Generika aufmerksam. Vor allem bei der Produktion von Antibiotika ist laut Verband darauf zu achten, »dass so wenig Wirkstoffe wie möglich in die Umwelt gelangen, weil sonst die Bildung resistenter Bakterien droht – eine große Gefahr für Mensch und Tier«.

Pro Generika setzt sich in verschiedenen Initiativen dafür ein, dass Produktion, Gebrauch und Entsorgung von Arzneimitteln die Umwelt so gering wie möglich belasten. Beispielsweise will die Verbändeinitiative IAI PIE (Inter-Association Initiative on Pharmaceuticals in the Environment) neue Erkenntnisse zur Umweltverträglichkeit von Arzneistoffen gewinnen und deren Eintrag in die Umwelt verringern. Nach Angaben des Verbands verfügt die Mehrheit der Mitgliedsunternehmen über ein zertifiziertes Umweltmanagementsystem, am häufigsten das international weitverbreitete ISO 14001. Dies gewährleiste Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit der Geschäftspolitik, der Herstellungsprozesse und der Produkte eines Unternehmens.

In Deutschland und in der EU würden einige der strengsten Umweltschutzauflagen für die pharmazeutische Produktion weltweit gelten, so der Verband. Jedoch sitze mehr als die Hälfte der Wirkstoffhersteller in asiatischen Staaten. In Ländern wie China oder Indien griffen andere regulatorische Rahmenbedingungen und die Auflagen lägen unter den europäischen Standards.

»Viele unserer Mitgliedsunternehmen engagieren sich im Rahmen global geltender Konzernstandards deshalb noch darüber hinaus: Einige haben technische Vorkehrungen getroffen, damit keine flüssigen Produktionsrückstände in die Umwelt gelangen (Zero Liquid Discharge Policy), andere haben ihre Zulieferer Verpflichtungen unterworfen, die klare Vorgaben hinsichtlich Abfall-, Abwasser- oder Emissionsmanagement beinhalten«, so Pro Generika. Manche würden sich die Einhaltung dieser zusätzlichen Vorgaben durch eine Prüfung Dritter, zum Beispiel von Ecovadis, eine Bewertungsplattform für Zulieferer, bestätigen lassen. Außerdem veranlassten einige Unternehmen laut Pro Generika über die behördlichen Kontrollen hinaus eigene Überprüfungen und Inspektionen und ließen sich diese durch Audits unabhängiger externer Gutachter zertifizieren.

Auch der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) betont gegenüber der PZ, die Arzneimittelhersteller im Kontext der nachhaltigen Produktion zu unterstützen und bei der ökologischen Transformation zu begleiten. Das übergeordnete Ziel sei, die Gesundheitsversorgung der Menschen sicherzustellen.

In den vergangenen drei Jahren baute der BAH beispielsweise die Beratung im Bereich Nachhaltigkeit aus und installierte einen Ausschuss »Nachhaltigkeit und Klimaschutz« sowie eine Arbeitsgemeinschaft zu nachhaltigen Verpackungen. Zudem analysierte der Verband nach eigenen Angaben die nationale und europäische Gesetzgebung im Hinblick auf pharmaspezifische Herausforderungen, beispielsweise die Reduktion von Treibhausgas-Emissionen, den Umstieg auf recyclingfähige Verpackungen, Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), Lieferketten, Zero Pollution oder Green Claims.

Ein Gradmesser für die Nachhaltigkeitsorientierung der Wirtschaft sind auch betriebliche Umweltmanagementsysteme. Dabei handelt es sich um freiwillige Öko-Audits, bei denen ein Betrieb sein Umweltverhalten überprüft, verbessert und offenlegt. EU-weit sind etwa 7600 Standorte EMAS-registriert. Die Abkürzung steht für Eco-Management and Audit Scheme (System für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung). Laut BAH haben einige Mitgliedsunternehmen bereits ein EMAS-zertifiziertes Umweltmanagementsystem.

Preise für nachhaltige Pharmaprojekte

Im Jahr 2022 hat der BAH den ersten Nachhaltigkeitspreis in der Arzneimittelbranche ins Leben gerufen. 2024 will er die Auszeichnung ein zweites Mal vergeben. BAH-Mitgliedsunternehmen können sich noch bis zum 18. Februar bewerben.

Preisträger im Jahr 2022 war die Firma Salus, Bruckmühl, mit der Umsetzung eines hocheffizienten zentralen Kälteerzeugungskonzepts. »Die Kälteerzeugung erfolgt über einen bereits seit Jahrzehnten genutzten Wasserzulauf eines Bachs und kann aus 1 kWh Strom bis zu 14 kWh Kälte produzieren. Diese technische Optimierung übertrifft bisherige etablierte Lösungen um ein Vielfaches«, heißt es in der Jurybegründung. Da die Kälteversorgung und Raumklimatisierung in vielen industriellen und gesellschaftlichen Bereichen immer wichtiger werden, könne diese technische Innovation einen wesentlichen Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel leisten.

Ein anderes Projekt, das 2022 den Nachhaltigkeitspreis bekam, ist die systematische umweltbezogene Optimierung des CO₂-neutralen Pulverinhalators der Firma Orion Pharma. »Die konsequente Reduzierung der benötigten Kunststoffe und der produktionsbedingten CO₂-Emissionen verdeutlicht beispielhaft, wie Nachhaltigkeitsfaktoren im Arzneimittelsektor bereits während der Produktentwicklung als bedeutende Kriterien berücksichtigt werden können«, hieß es seitens der Jury. Zudem habe das Produkt aufgrund seiner medizinischen Notwendigkeit einen hohen gesellschaftlichen Nutzen und sei auch ohne konkreten ökonomischen oder regulatorischen Druck verbessert worden.

Darüber hinaus hat die Weleda AG laut Jury als erstes Unternehmen im pharmazeutischen Sektor in Deutschland die »B-Corporation-Zertifizierung« erhalten. Diese erfolgt auf Basis einer umfassenden Environmental Social Governance-Bestimmung, die eine Verbesserung in den fünf Kernbereichen Governance, Mitarbeitende, Umwelt, Gesellschaft sowie Kundeninnen und Kunden vorsieht und eine Verpflichtung zu mehr Nachhaltigkeit und Transparenz umfasst.

Umweltgerechte Produktion

Auch für die Mitgliedsunternehmen des Verbands der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) spiele Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle, hieß es auf PZ-Nachfrage. Hierzulande sorgen die Unternehmen laut vfa-Auskunft für eine umweltgerechte Arzneimittelproduktion und setzen nach Möglichkeit Produktionstechniken ein, die ohne Wasser auskommen, oder verbrennen ihre Abwässer. Die Kosten dafür übernähmen sie selbst und überließen die Reinigung nicht kommunalen Kläranlagen, wie ein Sprecher erklärte.

Seit dem Jahr 2016 hat sich der vfa zusammen mit dem Verband der Chemischen Industrie und anderen Pharmaverbänden am Stakeholder-Dialog zur Spurenstoff-Strategie der Bundesregierung beteiligt. In dieser Initiative erarbeiteten Experten aus Wasserwirtschaft, Kommunen, Bundesländern, Zivilgesellschaft, Industrie und Anwendern Vorschläge für Maßnahmen, die sie im März 2019 dem BMUV übergaben. Die Maßnahmen für Arzneistoffe zielten darauf ab, den Spurenstoffeintrag zu vermindern und gleichzeitig eine optimale Arzneimittelversorgung zu gewährleisten.

Eine der künftigen Aufgaben wird sein, Medikamentenpackungen an die kommende europäische Verpackungsverordnung oder -richtlinie anzupassen. »Der Aufwand wird hoch sein, weil jede veränderte Packung darauf geprüft werden muss, ob Sicherheit und Haltbarkeit des Medikaments weiterhin gewährleistet sind«, so der vfa-Sprecher gegenüber der PZ.

Nachhaltige Arzneimittelpackungen

Arzneimittelpackungen nachhaltiger und recyclefähiger zu gestalten, war ebenfalls ein Anliegen der Europäischen Union. Ab dem Jahr 2035 müssen laut Verordnung Verpackungen von Arzneimitteln, In-vitro-Diagnostika sowie Medizinprodukten zu mindestens 70 Prozent recyclefähig sein.

Ideen existieren bereits einige. Doch die überwiegende Zahl der Pharmahersteller nutzt etablierte Varianten wie Polyvinylchlorid (PVC) oder Aluminium. Diese sind zwar nicht besonders nachhaltig, garantieren aber, dass die sensiblen Wirkstoffe gegen UV-Strahlung, Dampf, Staub oder mikrobielle Kontamination geschützt sind.

Dennoch gibt es bereits aluminiumfreie und recyclefähige Monoblister aus Polypropylen, die eine hohe Wasserdampfbarriere aufweisen. Auszeichnungen sind bereits an eine durchsichtige Blisterverpackung, die komplett aus PET (Polyethylenterephthalat) besteht, sowie an einen reinen Papierblister gegangen. Auch Salbentuben aus PET oder Bio-PET, das aus Zuckerrohr hergestellt wird, tummeln sich auf dem Markt. Der Vorteil: Produkte, die aus nur einem Material gefertigt sind, lassen sich besser recyceln.

Darüber hinaus setzt die Industrie auf nachwachsende Rohstoffe. Konkret bestehen solche Varianten aus Stärke, Wasser, Cellulose und komplett abbaubaren Naturflex-Folien. Auch kompostierbares Cellophan sowie Papier- oder Kartonalternativen sind im Umlauf. Andere Unternehmen wollen ihren Beitrag zur Müllreduktion leisten, indem sie vermehrt Schüttware oder Mehrdosenbehältnisse einsetzen. Umverpackungen, Tragebeutel oder Einsätze für Faltschachteln bestehen zum Teil aus PLA (Polylactid), das aus Maisstärke gewonnen wird.

Eine erste Möglichkeit, den CO₂-Fußabdruck zu reduzieren, ist der Einsatz von reinen HDPE-Flaschen (High Density Poly Ethylene), die jedes Produkt leichter und kompakter machen. Außerdem geben sich einige Konzerne Mühe, Faltschachteln, Etiketten und Packungsbeilagen für den grünen Kreislauf zu produzieren. Aufdrucke sind beispielsweise frei von giftigen Schwermetallverbindungen, Lösemitteln sowie Mineralölen.

Die Umstellung auf grüne Verpackungslösungen wird für die Hersteller nicht gerade günstiger. Schließlich müssen sie nicht nur die Produktionsmaschinen auf das neue Material anpassen, sondern auch Zulassungen erneuern, zu denen die Verpackung gehört. Das betrifft etwa die Stabilitätsprüfung.

Blister made in Germany

Ein wichtiges Kriterium für die Blister-Produktion des rheinland-pfälzischen Sondermaschinenbauers MicuraPharm sei »Made in Germany«, sagte Wolfgang Breger, Director Business Development, gegenüber der PZ: »Ob ich etwas 6000 Kilometer über den Erdball transportieren muss oder ob wir die Teile hier in Deutschland produzieren, ist aus unserer Sicht ein großer Unterschied.«

Für seine Blister hat sich das Unternehmen für recyclefähiges PET entschieden und bietet auf Wunsch auch eine Rücknahme an. »Wir verzichten bei unserem Blister auf eine Gitterstruktur, das heißt: die einzelnen Becher tragen sich selbst«, so Breger. In Zukunft wolle die Firma alles bis auf die PET-Rohfolie selbst in Klein-Winternheim produzieren. Zudem arbeite das Unternehmen mit einem Start-up -zusammen, das ein komplett nachhaltiges Holzprodukt anstatt der Kunststofffolie anbietet. »Das ist aber wesentlich teurer und das will niemand bezahlen«, so Breger.

Zudem seien die Zulassungskriterien für verschreibungspflichtige Arzneimittel sehr streng. »Ich glaube, das kann man hinbekommen, aber in der Realität ist die Bereitschaft eher gering, pro Wochenblister 1 Euro mehr zu bezahlen. Das kommerzielle und finanzielle Denken muss sich ändern, es ist also ein politisches Thema. Letztlich unterliegen wir dem Preiskampf«, erklärte er.

Für das Pharmaunternehmen Pfizer gehören »smartere Verpackungen« zu einem Hauptthema. Ziel sei es, so den ökologischen Fußabdruck während des gesamten Lebenszyklus zu reduzieren, auch in Zusammenarbeit mit Partnern über die Lieferkette hinweg, sagte eine Sprecherin auf PZ-Anfrage.

Zu diesem Zweck setze Pfizer funktionale Verpackungsmaterialien, -designs und -systeme ein, die die Auswirkungen auf die Umwelt minimieren, Vorteile für Patienten bieten sowie Kosten senken sollen. Zentrale Aspekte seien beispielsweise die Nutzung nachwachsender Frischfasermaterialien, etwa bei karton- oder papierbasierten Faltschachteln und Beipackzetteln. »Zudem arbeiten wir an der absoluten Minimierung nicht recyclebarer Materialmengen«, so die Sprecherin weiter. »Darüber hinaus unterstützen wir die Initiative der Branche bezüglich E-Labeling. Diese hat zum Ziel, Beipackzettel-Informationen statt in Papierform über QR-Codes auf den Packungen zur Verfügung zu stellen.«

Energiefresser Kühlkette

Mit innovativen Lieferketten befasst sich Stefan Lutzmayer vom Informa¬tionsdienstleister IQVIA in seinem Whitepaper »Pharma’s Frozen Assets«. In der Analyse wird deutlich, dass die Pharmaindustrie im Wirtschaftsraum Europa, Naher Osten und Afrika sich dringend mit kühlkettenpflichtigen Arzneimitteln auseinandersetzen muss, wenn sie nachhaltiger werden möchte.

Zwischen 2017 und 2022 ist der Markt temperaturempfindlicher Medikamente laut Lutzmayer mit 13 Prozent mehr als doppelt so schnell angewachsen wie der Gesamtmarkt mit 6 Prozent. Im selben Zeitraum sei der Umsatzanteil jener Arzneimittel am Markt, die vom Hersteller über Großhandel und Apotheke bis hin zum Patienten ohne Unterbrechung gekühlt sein müssen, von 26 auf 35 Prozent geklettert, Impfstoffe inbegriffen. Die deutschen Apotheken haben laut ABDA-Zahlen im vergangenen Jahr im GKV-Bereich mehr als 19 Millionen kühlpflichtige und knapp 12 Millionen kühlkettenpflichtige Arzneimittel abgegeben. Zu den gängigsten kühl- und kühlkettenpflichtigen Medikamenten zählen neben Impfstoffen auch einige Biologika und Insuline.

Weil Kühlketten so energieintensiv sind, erhöhen sie schnell den CO₂-Fußabdruck. Lastwagen müssten Kühlaggregate transportieren, um permanent die vorgeschriebenen Temperaturen einzuhalten, und produzierten dabei global gesehen acht Tonnen CO₂ pro Jahr, so Lutzmayer. Die Verringerung dieses Fußabdrucks werde entscheidend dafür sein, um sich einer Netto-Null-Emission zu nähern.

Lutzmayer plädiert dafür, Kühlketten zu optimieren oder sie gänzlich zu vermeiden. Gelingen könnte dies laut Whitepaper durch effizientere Logistiklösungen, umweltfreundlichere Brennstoffe oder generell mithilfe neuer Formulierungen von Arzneimitteln, die bei Umgebungstemperatur stabil oder länger haltbar sind. Insbesondere in einkommensschwachen Ländern wie im Gebiet der Subsahara sei es wichtig, die Produktionsstätten räumlich so nah wie möglich anzusiedeln – auch um den Zugang für die Menschen vor Ort zu erleichtern. Nach wie vor landeten zu viele Präparate wegen Unterbrechung der Kühlketten im Müll, kritisiert der Experte.

Auch recyclebare aktive Kühlbehälter könnten die CO₂-Emissionen erheblich senken. Dank ihres großen Innenvolumens gelinge es, darin Produkte effizienter zu transportieren als in passiven Behältern. Einige der aktiven Lösungen auf dem Markt passten sich außerdem besser den Frachträumen in Flugzeugen an. Weniger Verpackungsmaterial spart also auch Transportfläche. Ein Pharmakonzern konnte Lutzmayers Angaben zufolge auf diese Weise sogar die Gesamtzahl seiner Fahrzeuge reduzieren.

Für die Pharmaindustrie werde kein Weg daran vorbeiführen, extrem eng mit Logistikunternehmen zu kooperieren, wenn sie ihre Klima- und Nachhaltigkeitsziele erreichen wollen, resümiert Lutzmayer.

Die Verantwortung ist groß

Wie jede andere Branche ist auch die Pharmaindustrie unter Druck, ökologische und nachhaltige Ziele in Einklang mit der Wirtschaftlichkeit zu bringen. Doch in ihrem streng regulierten Umfeld wird dies deutlich schwieriger als in anderen Sektoren. Daher kann die Umsetzung nicht ohne Kompromisse gelingen. Entscheidend wird sein, den Umbau langsam und mit Bedacht zu gestalten. Mit anderen Worten: Es werden kleine, aber stetige Schritte nötig sein, um in der grünen Zukunft anzukommen.

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