Kleine Drüse mit großen Aufgaben |
Die rezidivierenden Entzündungsschübe bei der chronischen Form führen dazu, dass das Pankreasparenchym allmählich durch fibrotisches Bindegewebe ersetzt wird. Ein fortschreitender Verlust der exokrinen und endokrinen Funktionen ist die Folge, was Diabetes mellitus und Verdauungsstörungen auslöst.
Charakteristische Komplikationen sind Pseudozysten, Pankreasgangstenosen, Kompression der Gallenwege, Mangelernährung oder ein Schmerzsyndrom. Das Risiko für zerebrovaskuläre Erkrankungen, Nieren- oder Lungenerkrankungen sowie Magen- und Duodenalulzera steigt. Die CP erhöht zudem das Risiko für ein Pankreaskarzinom um das 16-Fache, bei Rauchern sogar um das 25-Fache. Lebensqualität und Lebenserwartung sinken deutlich (8, 10, 11–13).
Die Langerhans-Inseln (rot und gelb gefärbte Zellen) sind die Hormonproduzenten der Bauchspeicheldrüse. / Foto: Getty Images/Steve Gschmeissner
Die Behandlung akuter Schübe gleicht der Therapie der AP. Zur Analgesie ist eine Schmerztherapie nach dem WHO-Stufenschema indiziert. Bei ausbleibendem Erfolg oder Komplikationen kann eine endoskopische oder chirurgische Intervention erforderlich sein.
Eine Mangelernährung kann nicht nur auf fehlende Verdauungsenzyme zurückgehen, sondern auch daran liegen, dass schmerzgeplagte Patienten oft weniger Nahrung aufnehmen. Auch fortgesetzter Alkoholkonsum sowie ein möglicherweise erhöhter Grundumsatz kommen laut Leitlinie als Ursache infrage. Damit sich der Ernährungszustand nicht weiter verschlechtert, ist eine Ernährungsberatung durch eine spezialisierte Fachkraft angezeigt.
Neoplasien des Pankreas sind besonders gefürchtet. Etwa 5 Prozent aller Tumoren der Bauchspeicheldrüse sind neuroendokrin, also aus hormonbildenden Zellen entstanden. Etwa zwei Drittel davon sind funktionell aktiv und produzieren die entsprechenden Hormone. Der häufigste hormonaktive Tumor des Pankreas ist das Insulinom (Tabelle 3).
Art des neuroendokrinen Tumors | Symptome | Mögliche therapeutische Interventionen | Kommentar |
---|---|---|---|
Insulinom, ausgehend von den Betazellen, Insulin produzierend | wiederkehrende Unterzuckerungen, oft mit neurologischen und psychiatrischen Symptomen | Therapie mit Somatostatin-Analoga (SSA), zum Beispiel Lanreotid und Ocreotid-LARzielgerichtete Therapie, zum Beispiel mit Everolimus (mTOR-Inhibitor) und Sunitinib (Tyrosinkinase-Inhibitor)bei rezidivierenden Hypoglykämien Diazoxid zur Symptomkontrolle, zusätzlich ein Diuretikum, um der sonst massiven Flüssigkeitsretention vorzubeugen | Inzidenz etwa 0,1 bis 0,4/100.000/Jahroft schwer therapierbar |
Glukagonom, ausgehend von den α-Inselzellen, Glukagon produzierend | hyperglykämische Stoffwechsellage sowie Gewichtsverlust als Folge des katabolen Stoffwechselsnekrolytisches migratorisches ErythemPellagra durch Nikotinsäuremangel | supportive Maßnahmen zur Kontrolle der diabetogenen Stoffwechsellage und der Malnutrition (zum Beispiel Substitution von Zink, Aminosäuren, essenziellen Fettsäuren) Antibiotika bei HautinfektionenSSA zur Symptomkontrolle | sehr selten |
Gastrinom, Gastrin produzierend | Ulzerationen des Magens, Duodenums und Jejunums, Diarrhö, Steatorrhö, Refluxbeschwerden | Therapie der ersten Wahl: Protonenpumpenhemmer H2-Blocker: ebenfalls effektiv, müssen aber in bis zu 10-fach erhöhter Dosierung und alle 4 bis 6 Stunden verabreicht werdenSSA zur Symptomkontrolle | Inzidenz etwa 1 bis 5/1 Million/JahrUrsache des Zollinger-Ellison-Syndroms |
Vipom (Verner-Morrison-Syndrom), vasoaktives intestinales Peptid (VIP) produzierend | Symptomenkomplex aus wässrigen Diarrhöen, Hypokaliämie und Achlorhydrie | Korrektur der Flüssigkeits- und ElektrolytdefiziteSSA zur Symptomkontrolle | sehr seltenauch als VIPom- oder WDHA-Syndrom bezeichnet |
Die verschiedenen neuroendokrinen Tumoren machen sich mit charakteristischen Symptomen bemerkbar, die von den im Überschuss produzierten pankreatischen Hormonen abhängen, und haben oft eine deutlich bessere Prognose als Tumoren des exokrinen Teils des Pankreas (Kasten). Therapeutisch ist bei allen funktionell aktiven, lokal fortgeschrittenen und/oder metastasierten neuroendokrinen Neoplasien zu prüfen, ob eine chirurgische und/oder lokal ablative, eine nuklearmedizinische und/oder chemotherapeutische Therapie günstig auf das Hypersekretionssyndrom wirkt. Weitere Behandlungsansätze sind in der Tabelle 3 aufgeführt (14, 15).
Foto: Adobe Stock/Jo Panuwat D
Das Pankreaskarzinom zählt weltweit zu den Tumoren mit der schlechtesten Prognose. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate liegt bei nur etwa 9 Prozent. Die Krebserkrankung ist so gefährlich, weil sie lange Zeit asymptomatisch verläuft. Erst im fortgeschrittenen Stadium können sich unspezifische Beschwerden wie Rücken- und Oberbauchschmerzen, Verdauungsstörungen, Übelkeit, Appetit- und Gewichtsverlust oder ein Ikterus einstellen. Oft erfolgt die Diagnose erst, wenn bereits Metastasen vorhanden sind. Eine kurative chirurgische Therapie ist meist nicht mehr möglich.
Mögliche Optionen sind die Chemo-, Strahlen- oder Radiochemotherapie. Häufig angewendet wird das FOLFIRINOX-Schema mit den Wirkstoffen Folinsäure (Leucovorin), 5-Fluorouracil, Irinotecan und Oxaliplatin oder auch Gemcitabin plus nab-Paclitaxel (Albumin-gebundenes Paclitaxel).
Auch mit einer Immuntherapie lassen sich viele Tumoren behandeln. Beim duktalen Adenokarzinom der Bauchspeicheldrüse (PDAC) könnte eine Kombinationstherapie die Erfolgsaussichten verbessern, denn oft erkennen T-Zellen die Tumorzellen nicht oder kommen nicht an sie heran. Wissenschaftler vom Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) haben den Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib und den MEK-Inhibitor Trametinib im Tiermodell kombiniert. Im Duo waren die Wirkstoffe in der Lage, die T-Zellen zur Infiltration anzuregen. Eine Anti-PD-L1-Immuntherapie konnte nun besser greifen.
Auch mit mRNA könnte möglicherweise eine Therapie zur Verfügung stehen. Die Firma Biontech präsentierte auf dem diesjährigen Meeting der ASCO (American Society for Clinical Oncology) erste Daten einer laufenden Phase-I-Studie mit dem mRNA-Impfstoff Autogene Cevumeran (BNT122, RO7198457). Dabei handelt es sich um eine individualisierte Neoantigen-spezifische Immuntherapie (iNeST). Neoantigene werden von Krebszellen produziert und unterscheiden sich von den Proteinen gesunder Zellen. Der Impfstoff Autogene Cevumeran kodiert für 20 Neoantigene. Er wird in der Studie in Kombination mit dem Anti-PD-L1-Immun-Checkpoint-Inhibitor Atezolizumab und Chemotherapie bei Patienten mit chirurgisch entferntem PDAC geprüft. Die vorläufigen Ergebnisse deuten auf eine signifikante Korrelation zwischen der durch den Impfstoff ausgelösten Immunantwort und einem verzögerten Wiederauftreten des Tumors hin. Dabei erwies sich die Therapie als gut verträglich.
Literatur: 17–21
Ein häufigeres, aber recht unbekanntes Phänomen des Pankreas sind zystische Neoplasmen (pancreatic cystic neoplasms, PCN). Schätzungen zufolge sind 2 bis 45 Prozent der Allgemeinbevölkerung davon betroffen (16). Sie bereiten klinisch oft wenig Probleme. »Der Großteil der zystischen Läsionen im Pankreas sind kleine Zufallsbefunde, die keinerlei Einfluss auf die Lebensqualität oder Lebenserwartung der Betroffenen haben«, erklärt der Experte. Allerdings bestehe bei einem geringen Prozentsatz ein Entartungsrisiko. »Daher empfehlen wir bei neu diagnostizierten Läsionen eine Beratung beim Facharzt. Dieser führt eine Nutzen-Risiko-Abwägung durch und empfiehlt Maßnahmen wie eine weitere Diagnostik, Kontrollen oder auch eine Therapie.« Aufklärung, eine korrekte Diagnose und ein individuell abgestimmtes Therapiekonzept könne die Betroffenen beruhigen. Alle Interventionen an der Bauchspeicheldrüse sollten in erfahrenen Zentren erfolgen, sagt Beyer. »Zertifizierte Kliniken wie das LMU Klinikum in München bieten hierfür Spezialsprechstunden und interdisziplinäre Boards an, in denen Patientenfälle von Experten diskutiert und bewertet werden.«
Nicole Schuster studierte zwei Semester Medizin, dann Pharmazie und Germanistik in Bonn und später in Düsseldorf. Während ihres Studiums machte sie Praktika bei verschiedenen wissenschaftlichen Verlagen. Nach dem Zweiten Staatsexamen und der Approbation 2010 absolvierte Schuster ein Aufbaustudium in Geschichte der Pharmazie in Marburg und wurde 2016 mit ihrer Dissertation »Traditionelle pflanzliche Febrifuga als moderne Phytopharmaka« zum Doktor der Naturwissenschaften promoviert. Die PZ-Leser kennen Schuster als Autorin zahlreicher Fachbeiträge.