Kleine Drüse mit großen Aufgaben |
Es gibt zwar zahlreiche, auf unterschiedlichen Testprinzipien beruhende Nachweisverfahren für eine EPI, allerdings kann keines davon die Erkrankung zuverlässig diagnostizieren.
Um eine pankreatogene Steatorrhö exakt nachzuweisen, könnten Patienten sich drei Tage normiert mit bekanntem Fettgehalt ernähren und ihre Stuhlausscheidungen sammeln. Ist die Stuhlfettausscheidung in dieser Probe pathologisch erhöht (über 7 g/d), liegt in der Regel eine Pankreasinsuffizienz vor. Dieses aufwendige Verfahren wird aber kaum angewendet. Stattdessen ziehen Ärzte routinemäßig meist den Stuhl-Elastase-Test heran. Laut einer Metaanalyse ist dieses Verfahren jedoch erst bei mittelschwerer und schwerer Pankreasinsuffizienz aussagekräftig (5, 6).
Eine frühzeitige Diagnose ist wichtig, um mit einer gezielten Behandlung Folgeschäden zu vermeiden. Essenziell ist die Enzymsubstitution. Eingesetzt wird Pankreatin (Pankreaspulver), das die exkretorischen Pankreasenzyme Lipase, α-Amylase, Trypsin, Chymotrypsin und andere Enzyme sowie weitere Begleitstoffe enthält. Die Gabe ist bei Patienten mit Steatorrhö angezeigt, die mehr als 15 g Stuhlfette pro Tag ausscheiden. Eine weitere Indikation sind eine pathologische Stuhlfettausscheidung (7 bis 15 g/d) und abdominelle Symptome, die wie Gewichtsverlust und Dyspepsie auf eine Maldigestion und Malabsorption zurückgehen.
Pankreatin verbessert die Fettabsorption und damit die Ernährungssituation und vermindert zugleich abdominelle Schmerzen. Die Enzympräparate sind nicht verschreibungspflichtig, aber gemäß Anlage I zum Abschnitt F der Arzneimittel-Richtlinie (OTC-Übersicht) in bestimmten Fällen erstattungsfähig, zum Beispiel bei Patienten mit chronischer exokriner Pankreasinsuffizienz oder zystischer Fibrose (7).
Bei der Mukoviszidose leidet nicht nur die Lunge, sondern auch das Pankreas unter den zähflüssigen Sekreten. Betroffene brauchen lebenslang eine Therapie der Pankreasinsuffizienz. / Foto: Adobe Stock/HENADZY
Bei der Beratung sollte das Apothekenteam erklären, dass die Präparate während der Mahlzeit einzunehmen sind. Bei mehr als einer Kapsel/Tablette pro Mahlzeit kann ein Teil der Dosis zu Beginn und der Rest verteilt während des Essens geschluckt werden (8). Patienten mit funktionierender Magensäuresekretion benötigen ein Mittel mit Säureschutz. »Verdauungsenzyme werden durch den sauren Magensaft inaktiv. Reicht die Bicarbonat-Sekretion im Pankreas nicht mehr aus, um den Magensaft im Zwölffingerdarm zu neutralisieren, kann ein zusätzlich gegebener Protonenpumpeninhibitor (PPI) die Wirkung der Enzymsubstitution verstärken«, erklärt Beyer.
Weiterhin ist wichtig, dass sich das Pankreatin mit dem Chymus gut durchmischt und zeitgleich in das Duodenum entleert wird. Dafür sollten die säuregeschützten Partikel einen Durchmesser von maximal 2 mm haben (9).
Die Dosis ist so zu wählen, dass die enzymatische Lipase-Aktivität ausreicht, um die Mahlzeit zu verdauen. »Dosiert wird vor allem nach Wirkung und weniger nach Fettgehalt der Speise, da die Funktionsreserve beim individuellen Patienten letztlich unklar bleibt«, sagt der Arzt.
Die Autoren der S3-Leitlinie Pankreatitis aus 2021 empfehlen, pro Hauptmahlzeit 40.000 bis 50.000 Ph.Eur.-Einheiten als Einstiegsdosis zu verabreichen, für kleinere Zwischenmahlzeiten etwa die Hälfte. Bei unzureichender Wirksamkeit soll die Enzymdosis verdoppelt, gegebenenfalls verdreifacht werden. Eine vollständige Normalisierung der Nährstoffaufnahme lasse sich dennoch meist nicht erreichen. Bei sehr hohen Enzymdosen (> 10.000 bis 20.000 Einheiten Lipase/kg Körpergewicht/Tag) bestehen Sicherheitsbedenken.
Wirkt das Präparat trotz Dosiserhöhung nicht ausreichend, kann das Apothekenteam eine Nachschulung anbieten und die Einnahme noch einmal genau erklären. Sind Patienten weiterhin therapierefraktär, liegen womöglich andere Ursachen für Malabsorption und abdominelle Beschwerden und/oder mangelnde Adhärenz vor (5, 8).
Präparate mit Pankreasenzymen müssen immer zur Mahlzeit eingenommen werden. / Foto: Adobe Stock/Felipe Caparrós
Die Enzympräparate werden aus Schweinepankreas gewonnen. Bei religiösen oder weltanschaulichen Vorbehalten helfe oft ein klärendes Gespräch über den gesicherten medizinischen Nutzen der Behandlung und die schwerwiegenden Folgen einer unbehandelten Insuffizienz, berichtet Beyer, der einer der beiden Hauptautoren der S3-Leitlinie ist. Manchmal sei es wichtig zu betonen, dass Pankreasenzyme keine Nahrungsergänzungsmittel, sondern »richtige« Medikamente sind, die auch verordnungsfähig zulasten der GKV sind.
Produkte von Rindern wären zwar theoretisch eine Alternative, weisen aber eine zu geringe Lipaseaktivität auf. Ebenfalls eine untergeordnete Rolle in der Versorgung spielen bislang Präparate mit fungalen Enzymen (Rhizopus oryzae, Aspergillus oryzae). Diese haben weniger günstige biochemische Eigenschaften. Zukünftig könnten möglicherweise bakterielle Enzyme und gentechnologisch hergestellte humane Lipase eine Option sein (8).