Kein Plan für kleine Schnupfennasen |
Daniela Hüttemann |
22.09.2020 16:00 Uhr |
Würde man ein Kind von der Kita ausschließen, sobald seine Nase läuft, wären viele wohl fast das ganze Jahr über zu Hause. / Foto: Getty Images/Halfpoint Images
Der Herbst ist da und mit ihm geht wohl auch unabhängig von Corona die Schnupfensaison wieder los. Bekanntlich ist die Unterscheidung zwischen Covid-19 und einem banalen Atemwegsinfekt nicht eindeutig anhand der Symptome zu treffen. Eigentlich schon seit Beginn der Pandemie herrscht unter Eltern Unsicherheit: Wann darf mein Kind in die Kita oder Schule, wann muss es zu Hause bleiben? Einheitliche Regelungen und Empfehlungen gibt es nicht, weder von Bund und Ländern noch von ärztlicher Seite. Die PZ hatte darüber Anfang August berichtet.
So halten es die Kinderärzte laut einer Stellungnahme von Anfang August für vertretbar, Kinder mit Schnupfen mit oder ohne Husten, aber in gutem Allgemeinzustand und ohne Fieber in die Betreuung zu schicken. Die Virologen dagegen sprachen sie parallel dafür aus, jede akute Atemwegsinfektion mit milden Symptomen, zu der ja auch die Rhinorrhö zählt, labordiagnostisch abzuklären und die Kinder so lange zu Hause zu behalten. Oft hat jede Einrichtung eine eigene Auslegung oder unterscheidet gar zwischen den Jahrgängen. Das geht so weit, dass es Schulen gibt, in denen Grundschüler mit Schnupfen zur Schule dürfen, Mittelstufenschüler dagegen zu Hause bleiben müssen. Es ist ohne Frage ein unglücklicher Zustand für alle Beteiligten, der sich in der kalten Jahreszeit vermutlich verschärfen wird, denn eine klare Regelung gibt es immer noch nicht.
Aus diesem Grund hat nun die FDP-Fraktion im Bundestag eine Kleine Anfrage gestellt, wie es mit einer Bund-Länder-Strategie zum Ausschluss von der Kitabetreuung bei Erkältungssymptomen aussieht. Sieben Fragen stellten die Abgeordneten um Katrin Helling-Plahr dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) – und sind mit den Antworten überhaupt nicht zufrieden.
Zwar habe das Ministerium unter Beteiligung von Ländern, Kommunen, Trägern, Gewerkschaften, dem Bundesverband für Kindertagespflege und der Bundeselternvertretung zur Frage des Umgang mit Kindern mit Erkältungssymptomen am 31. August beraten. Dabei kam aber anscheinend auch nicht mehr heraus als die am 10. August von Familienministerin Franziska Giffey (SPD) herausgegebene Empfehlung, »dass keine kranken oder fiebernden Kinder in die Kindertagesstätte oder Kindertagespflege gebracht werden sollen«.
»Die Bundesregierung drückt sich vor konkreten, aber vielleicht unbequemen Antworten«, kommentiert die FDP-Abgeordnete Helling-Plahr gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung. »Es ist schön und gut, dass die Bundesfamilienministerin davon abrät, fiebernde Kinder in Kitas zu lassen. Das sollte aber wirklich kein Novum, sondern eine Selbstverständlichkeit sein.«
Dabei rechnet das Robert-Koch-Institut laut Regierungsantwort in der Wintersaison wieder mit mehr akuten Atemwegsinfektionen, insbesondere bei Kindern unter fünf Jahren. Hier solle die Überwachung durch die Arbeitsgemeinschaft Influenza, die nicht nur die Grippeentwicklung monitort, ausgebaut werden. Im Moment bewege sich das Niveau der zirkulierenden Rhinoviren auf Vorjahresniveau.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.