Jacifusen als Therapieoption im Test |
Sven Siebenand |
04.10.2022 12:00 Uhr |
Die Therapieoptionen bei ALS sind bis dato begrenzt. Jacifusen ist noch nicht zugelassen und wird bei Patienten mit FUS-ALS getestet. / Foto: Adobe Stock/tashatuvango
ALS ist eine seltene, schnell fortschreitende und tödlich verlaufende neurodegenerative Erkrankung, von der weltweit etwa 55.000 Menschen betroffen sind. Menschen mit ALS leiden unter Muskelschwäche, Bewegungsverlust und Atem- und Schluckbeschwerden, was zu einer stark abnehmenden Lebensqualität und schließlich zum Tod führt. Eine Ursache der Erkrankung kann eine Mutation im FUS-Gen sein. Dieses kodiert für das FUS (fused in sarcoma)-Protein. Die Mutation führt nicht zum Ausfall des Proteins, sondern seiner vermehrten Aktivität, was schließlich zu einem raschen, fortschreitenden Verlust von Motoneuronen führt. FUS-ALS ist die dritthäufigste genetische Ursache von ALS und die häufigste Ursache für ALS mit Ausbruch im jugendlichen Alter.
Das Unternehmen Ionis Pharmaceuticals hat mit ION363 ein Antisense-Oligonukleotid in der klinischen Erprobung. Es handelt sich um ein kurzes Stück synthetischer RNA. Dessen selektive Bindung an die mRNA des Proteins FUS führt zum Abbau der mRNA, sodass die Translation des Proteins und damit dessen Produktion verhindert werden. Das soll das Fortschreiten der Krankheit bei FUS-ALS-Patienten reduzieren oder sogar stoppen.
ION363 wurde unterdessen umbenannt und ist nun unter dem Namen Jacifusen bekannt. Diese Bezeichnung geht auf den Namen der ersten Patientin zurück, die ION363 im Rahmen eines Compassionate-Use-Programms in den USA erhalten hat: Jaci Hermstad. Mittlerweile wurden mehrere Patienten mit dem Antisense-Oligonukleotid behandelt. Vor Kurzem berichtete auch der »Spiegel« über einen Fall einer jungen Patientin aus Deutschland und den Erfolgen, die offenbar auf Jacifusen zurückgehen. Das Fortschreiten der Erkrankung war bei der Patientin gestoppt worden.
Derzeit läuft eine globale Phase-III-Studie mit Jacifusen bei FUS-ALS-Patienten. Teil 1 der Studie ist randomisiert und placebokontrolliert, im offenen Teil 2 ist vorgesehen, dass alle Patienten auf Verum wechseln können. Die Gabe erfolgt alle vier bis zwölf Wochen intrathekal. Auf die Ergebnisse dieser Studie darf man sehr gespannt sein. Medizinischen Bedarf für neue ALS-Therapieoptionen gibt es in jedem Fall. Jacifusen könnte für die Subgruppe der FUS-ALS-Patienten von hoher Relevanz sein.