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Kombinierter Schutz gegen Herpes

27.06.2005  00:00 Uhr

Melisse plus LSF

Kombinierter Schutz gegen Herpes

von Rainer H. Wölblingl, Bad Rothenfelde

Sommer, Sonne, Lippenherpes ­ neben anderen Provokationsfaktoren ist die UV-Strahlung ein potenter Stimulus für die Reaktivierung von Herpes-simplex-Viren. Ein Lippenstift mit Melissenextrakt plus Lichtschutzfaktor bietet Schutz vor der Infektion.

Etwa 16 Millionen Menschen in Deutschland werden immer wieder davon befallen: Lippenherpes. Nach der Erstinfektion nisten sich das Herpes-simplex-Virus unbemerkt in den Nervenganglien ein. Bedingt durch exogene Auslöser wie Stress, Infekte, Immunsuppressiva oder UV-Strahlung kann es jederzeit reaktiviert werden. Dies ist bei etwa 20 Prozent der Infizierten der Fall. In der Regel heilen die Lippenbläschen unter Krustenbildung nach 10 bis 12 Tagen von selbst wieder ab, ohne Narben zu bilden. Um die Heilung der lästigen und schmerzhaften Bläschen zu fördern, gibt es aber auch unterstützende sowie präventive Maßnahmen.

Pflanzlicher Rezeptorblocker

Die virustatische Wirkung wässriger Melissenextrakte gegenüber Herpes-simplex-Viren vom Typ I und II konnte erstmals Ende der 70er-Jahre nachgewiesen werden (1, 2). Der Extrakt verhindert durch Rezeptor-Blockade das Eindringen des Virus in noch nicht infizierte epidermale Wirtszellen. Heutzutage werden die virustatischen Eigenschaften den glykosidisch gebundenen Phenolcarbonsäuren und deren Polymeren zugeschrieben.

In mehreren randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudien konnte die Wirksamkeit von Melissenextrakt bei Herpes-simplex-Infektionen der Haut belegt werden. Dabei war der Extrakt hinsichtlich der Parameter Rötung und Schwellung Placebo signifikant überlegen (3). Eine Studie mit Herpes-labialis-Patienten zeigte, dass das Ausmaß der befallenen Lippenfläche mit einem frühen Behandlungsbeginn signifikant reduziert werden kann. So sollte der Extrakt in den ersten vier bis acht Stunden nach Einsetzen der Symptome aufgetragen werden (4). Zudem hat Melissenextrakt einen präventiven Effekt. In einer offenen kontrollierten Studie mit 62 Probanden mit rekurrierendem Herpes verlängerte sich bei über 70 Prozent das rezidivfreie Intervall (5).

Lippenstift mit Zweifachwirkung

Maßgeblich an der Reaktivierung des Virus ist eine Hemmung antigenpräsentierender Langerhans-Zellen in der Haut. Diese Immunsuppression kann unter anderem durch UVB-Strahlung verursacht werden. So reduzieren höhere UVB-Dosen die Langerhans-Zell-Aktivität auf 56 Prozent des Ausgangswerts. Bei entsprechender Anwendung eines Lichtschutzfaktors (LSF 10) konnte dieser Effekt vollständig aufgehoben werden (6). Folglich scheint die Kombination des Rezeptorblockers Melissenextrakt mit einem Lichtschutzfaktor eine sinnvolle Maßnahme zur Prävention des rezidivierenden Herpes labialis zu sein.

In einer Pilotstudie wendeten fünf Probanden mit ein bis zwei Herpesepisoden in den zurückliegenden drei Monaten dreimal täglich einen Lippenstift aus Melissenextrakt und LSF 18 (Lomaprotect®) über einen Zeitraum von drei Monaten an. Trotz UV-Exposition, grippalen Infekten und Hochgebirgsurlauben konnte bei vier der fünf Probanden ein erneutes Rezidiv vermieden werden. Nur bei einem Probanden kam es im Rahmen eines Infekts zu einer Herpeseruption an den Lippen. Der Stift ist seit Mai 2005 auf dem Markt und sollte drei- bis fünfmal täglich angewendet werden.

 

Literatur

  1. May, G., Virustatische Wirkung von Pflanzenextrakten. Zeitschrift für angewandte Phytotherapie V (1987) 187­189.
  2. May, G., Willuhn, G., Antivirale Wirkung wässriger Pflanzenextrakte in Gewebekulturen. Arzneim.-Forsch./Drug Res. 28 (1978) 1-7.
  3. Vogt, H. J., Tausch, I., Wölbling, R. H., Kaiser, P.M., Melissenextrakt bei Herpes simplex. Der Allgemeinarzt 13 (1991) 832-841.
  4. Koytchev, R., Alken, R. G., Dundarov, S., Balm mint extract (Lo-701) for topical treatment of recurring Herpes labialis. Phytomedicine 6 (1999) 225-230.
  5. Wölbling, R. H., Milbradt, R., Klinik und Therapie des Herpes simplex. Vorstellung eines neuen phytotherapeutischen Wirkstoffes. Therapiewoche 34 (1985) 4057-4058.
  6. Herrmann, E. C. Jr., Kucera, L. S., Antiviral substances in plants of the mint family (Labiatae) II. Nontannin polyphenol of Melissa officinalis (31873). P.S.E.B.M., 124 (1967) 869-873.

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