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Fünf Regeln gegen Windeldermatitis

25.04.2005  00:00 Uhr
Hautpflege

Fünf Regeln gegen Windeldermatitis

von Christiane Berg, Wien

Trotz moderner Wegwerfwindeln sind rund 25 Prozent aller Babys heute noch regelmäßig von einer Windeldermatitis betroffen. Eltern können diese nach Meinung von Dermatologen in den meisten Fällen vermeiden, wenn sie fünf Grundregeln befolgen.

Die Windeldermatitis, die in der Fachsprache auch Dermatitis ammoniacalis genannt wird, plagt etwa zwei Drittel der Säuglinge, jedes vierte Baby sogar regelmäßig. Sie tritt vor allem vom neunten bis zwölften Lebensmonat auf und kann von den Genitalien bis hin zum Unterbauch und den Oberschenkeln der Kleinen reichen. Der Windelausschlag ist rhagadiform, schuppend, papulös oder erosiv, schmerzt und könnte doch so einfach vermieden werden. Und so plädierte Professor Dr. Uwe Wollina, Dresden, auf einem Seminar bei der 9. Jahrestagung der Gesellschaft für Dermopharmazie-GD dafür, verstärkt die so genannte »A-E-Regel« zur Prävention der Windeldermatitis anzuwenden.

Vorbeugen können Eltern demnach, indem sie die Windeln (englisch »Diaper«) häufig wechseln und die Babyhaut an der Luft (»Air«) oder mit dem Föhn richtig trocknen. Dabei sollten vor allem die Speckfältchen nicht vergessen werden. Zudem sollten sie bei der Reinigung und Pflege alkoholische, also potenziell toxische oder entfettende Substanzen meiden, um die »Barriere«-Funktion der Haut zu schonen. Zu empfehlen sei vielmehr, die Kleinen nach jedem Stuhlgang mit klarem Wasser zu reinigen (»Cleansing«). Für die richtige Vorgehensweise ist die Elterninformation und Schulung zur Reinigung und Pflege (»Education«) unumgänglich.

Hände weg von Puder

Die Windeldermatitis entsteht infolge des prolongierten Kontakts der Haut mit einer Mischung aus Urin und Stuhl unter den okklusiven und feucht-warmen Bedingungen, die unter Windeln herrschen. Werden diese nicht oft genug gewechselt, bildet sich aus dem Harnstoff im Urin Ammoniak, das auch Laien an seinem stechenden Geruch erkennen können. Dabei erhöhe der alkalische Urin das Irritationspotenzial von Fäzes auf das Vier- bis Fünffache, informierte der Dermatologe. Im Folgenden kommt es zur Mazeration des Stratum corneums, was die Haut vulnerabler gegenüber mechanischen und chemischen Reizen macht. Darüber hinaus fördert ein erhöhter pH-Wert die Aktivität der im Stuhl enthaltenen Proteasen und Lipasen, die auf Grund der durch die »Andauung der Haut« geschädigten Keratinozyten die eigentliche Entzündung auslösen. Durch Kolonisation mit Bakterien und Candida albicans kann es schließlich zu Superinfektionen und Windelsoor kommen.

Wollina warnte vor stark okkludierenden Salben oder Puder, der bei Feuchtigkeit verklumpe und zum »Irritationsfaktor erster Güte« werde. Kürzlich publizierte Anforderungen an die Behandlung und Prävention bei Windeldermatitiden bestätigen, dass die traditionell angewandten zinkhaltigen Pasten zwar einen guten Barriereeffekt bieten, oft aber mechanisch nur schwer zu entfernen sind. Talkum-Puder böten keinen Hautschutz, sondern könnten im Gegenteil sogar abrasiv wirken. Günstig seien dagegen Dexpanthenol-Salben, so der Referent. Studien an Neugeborenen zufolge kann die Anwendung der antiinflammatorisch und regenerativ wirkenden Substanz die Häufigkeit von Windeldermatitiden mindern und überdies den Einsatz von Corticosteroiden in der Therapie schwerer Fälle reduzieren.

Auch Erwachsene betroffen

Die Haut Erwachsener ist im Vergleich zur Säuglingshaut deutlich schlechter durchlässig für exogene Substanzen, da die Barrierefunktion der Hornschicht erst postnatal vollständig ausreift. Dennoch können auch etwa inkontinente Erwachsene unter einer Windeldermatitis leiden, die besonders häufig infolge einer bakteriellen Durchfallerkrankung auftritt. Hier gilt es jedoch zu unterscheiden: »Was wie eine Windeldermatitis aussieht, muss keine Windeldermatitis sein«, sagte Wollina. So können sich hinter dem beschriebenen Krankheitsbild auch dermatologische Erkrankungen wie das irritative oder atopische Ekzem, die Psoriasis, eine intertriginöse Candidose oder streptogene perianale Entzündungen verbergen. Stets sei daher die sorgfältige differenzialdiagnostische und histologische Klärung der Symptome erforderlich.

 

Tipps für zu Hause
  • Um die angegriffene Haut zu beruhigen oder zu säubern, dienen Bäder mit Ölzusätzen, Wasser mit einem Schuss Olivenöl, Kleie- oder Kamillenbäder, eventuell Bäder mit einem Zusatz von Gerbstoffen.
  • Neben weicher Zinkpaste und Lotio alba trocknen Zink- oder Talköl die Haut aus und schützen so vor dem Aufquellen.
  • Salbenreste können mit reinem Olivenöl entfernt werden.
  • Auch ein paar Tropfen Muttermilch auf die wunde Hautstelle können die Hautreizung lindern.
  • Bei Windelsoor sind nystatinhaltige Pasten indiziert, fettende Salben dürfen bei Pilzbefall nicht verwendet werden.
  • Eltern sollten luftundurchlässige Plastikwindeln vermeiden und auf luftdurchlässige Wegwerfwindeln umsteigen.
  • Da scharfe und saure Speisen den Fäzes aggressiver machen, sollte Säuglingsnahrung nicht gepfeffert und nur schwach gesalzen sein. Andere Gewürze und auch Zucker, der ideale Nährboden für Hefen, sollten vermieden werden.

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