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Securpharm

In diesen Fällen dürfen Apotheker trotz Fehlermeldung abgeben

Am Samstag geht Securpharm offiziell an den Start. In vielen Apotheken ist die Unsicherheit im Umgang mit dem neuen Fälschungsschutz für Arzneimittel groß. Die Initiative Securpharm hat jetzt eine detaillierte Handlungsempfehlung für Pharmazeuten vorgelegt. In bestimmten Fällen dürfen Apotheker demnach ein Präparat auch dann abgeben, wenn das System Alarm schlägt.
Stephanie Schersch
07.02.2019  11:48 Uhr

Eigentlich sind die Abläufe nicht weiter kompliziert: In Zukunft müssen rezeptpflichtige Arzneimittel und bestimmte OTC-Präparate grundsätzlich eine individuelle Seriennummer tragen. Diese ist auf der Packung in einem sogenannten Data-Matrix-Code hinterlegt. Bevor er das Präparat an den Patienten abgibt, scannt der Apotheker den Code und stellt damit eine Abfrage an das System. Ist die Seriennummer dort unbekannt oder wurde schon einmal ausgebucht, könnte das Medikament gefälscht sein und darf nicht an den Patienten gehen. Das Präparat müsste dann zur weiteren Klärung zunächst einmal in Quarantäne kommen.

Trotz dieses strukturierten Verfahrens erwarten viele einen holprigen Start, wenn die europäische Fälschungsschutz-Richtlinie am 9. Februar in den einzelnen Mitgliedstaaten und damit auch in Deutschland in Kraft tritt. Denn zunächst wird noch ein Großteil der Arzneimittel ohne die neuen Sicherheitsmerkmale in Umlauf sein. Apotheker können diese Bestandsware weiterhin regulär abgeben, in einigen Fällen allerdings könnte das System Alarm schlagen und damit für Unsicherheit sorgen. Die Initiative Securpharm, die in Deutschland hinter dem neuen Fälschungsschutz steht, hat jetzt einen aktualisierten Leitfaden veröffentlicht. Darin beschreibt sie die potenziellen Konflikte und spricht Empfehlungen aus, wie Apotheker sich in der Anlaufphase des neuen Systems verhalten sollen.

In den allermeisten Fällen dürfte die Sache eindeutig sein, weil viele Packungen schlichtweg noch keinen neuen Code tragen. Der Apotheker scannt dann wie bislang auch den regulären PZN-Strichcode und prüft, ob es sich tatsächlich um Bestandsware handelt, bevor er das Präparat aushändigt. Zu Problemen könnte es jedoch kommen, wenn Bestandsware mit Data-Matrix-Code auftaucht. Dabei handelt es sich etwa um Packungen, die im Rahmen der Securpharm-Testphase auf den Markt gekommen sind. Sie tragen eine Art Vorstufe der ab Samstag gültigen Codes – und werden daher vermutlich einen Alarm auslösen, wenn sie der Apotheker scannt.

Verschiedene Fehlermeldungen

Die EDV könnte in diesen Fällen verschiedene Fehlermeldungen ausspucken. In dem Leitfaden hat Securpharm vier konkrete Problemfälle im Umgang mit entsprechender Bestandsware aufgelistet. So könnte das System etwa Seriennummer oder Charge als unbekannt ausweisen. Die Handlungsempfehlung für den Apotheker ist dabei immer die gleiche: »Sollte eine sorgfältige Überprüfung keine Auffälligkeiten ergeben, die auf eine Fälschung hinweisen, kann die Packung abgegeben werden.« In diesen Fällen muss das Arzneimittel also nicht zur Seite gelegt werden.

Darüber hinaus können Apotheker auch mithilfe des Verfalldatums prüfen, ob es sich um Bestandsware handelt und der Data-Matrix-Code damit ungültig ist. So müssen die Hersteller für jede PZN das Verfalldatum der ersten Charge melden, die unter die Regelungen der neun Fälschungsschutz-Richtlinie fällt. Liegt das Ablaufdatum der jeweiligen Packung vor diesem gemeldeten Grenzwert, handelt es sich um Bestandsware und kann »entsprechend ohne zwingende Verifikation auch abgegeben werden«, heißt es.

Erscheint auf dem Bildschirm eine andere Fehlermeldung als eine der im Leitfaden genannten, muss der Apotheker das Arzneimittel allerdings in Quarantäne nehmen. Der Hersteller erhält dann eine Meldung und hat sieben Tage Zeit, den Fall zu untersuchen. Kommt innerhalb dieser Frist keine Entwarnung, müssen Apotheker den Verdacht auf Fälschung nicht nur der zuständigen Aufsichtsbehörde, sondern auch der AMK melden. Securpharm zufolge wird die Netzgesellschaft Deutscher Apotheker (NGDA) zeitnah ein Portal zur Verfügung stellen, in dem die Apotheker prüfen können, ob der Hersteller den Fälschungsverdacht ausräumen konnte.

In Sonderfällen gilt die Sieben-Tage-Frist indes nicht. Sollten neben der Systemwarnung weitere Indizien für eine mögliche Fälschung sprechen, müssen die zuständigen Behörden davon unmittelbar erfahren.

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