In der Krise Köpfe kennen |
Das pharmazeutische Risiko- und Notfallmanagement ist die Grundlage für ein strukturiertes Agieren vor, während und nach einer Krise. Anhand des »PDCA-Zyklus« (Plan, Do, Check, Act) lassen sich Risiken erfassen, Lösungen erarbeiten und Ableitungen treffen.
Mit dieser Arbeitsweise sind Apotheken aus ihren regulären Qualitätsmanagement-Systemen (QMS) bereits vertraut. Es ist wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, dass ein gutes Risiko- und Notfallmanagement keinen Schaden verhindern, aber dessen Auswirkungen erheblich verringern kann.
An erster Stelle des PDCA-Zyklus steht, mögliche Risiken zu identifizieren und in einem weiteren Schritt zu bewerten. Hier bedarf es etwas Fantasie, um auch »out of the box« zu denken.
Je nach Lage des Betriebs sollten sich Apotheken gut gegen Hochwasser ver- und absichern. / © Getty Images/ollo
Liegt eine Apotheke direkt an einem Fluss, der alle paar Jahre über die Ufer tritt, besteht ein offensichtliches Risiko. Es geht aber auch darum, weniger offensichtliche Risiken zu identifizieren. Die Apotheke könnte etwa an einem ausgetrockneten Flussbett liegen (historisches Wissen) oder an einem Standort, der bisher nur »Jahrhunderthochwasser« erlebt hat. Heutzutage können solche Ereignisse bei Starkregen häufiger mit unerwarteten Überschwemmungen verbunden sein.
Wichtig ist, mögliche Risiken ständig im Blick zu behalten und kontinuierlich anzupassen. Nach der Identifikation werden die Risiken analysiert und bewertet. Ziel ist es, eine Reihenfolge der Risiken zu entwickeln, um danach strukturiert weiterzuplanen. Für die individuelle Risikobewertung empfiehlt es sich, eine etablierte Risikomatrix zu nutzen. Dies sei am Beispiel eines Blackouts illustriert (Kasten).
© PZ/Stephan Spitzer
Das identifizierte Risiko im Fallbeispiel ist ein Stromausfall von zwölf Stunden. Apotheke A liegt in einem Einfamilienhaus mit einer Photovoltaikanlage und einem Batteriespeicher. Sie ist zum Schutz vor Datenverlust mit einer unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) für den Server ausgestattet. Apotheke B liegt in einem Mehrfamilienhaus mit regulärer Stromversorgung durch einen preiswerten Stromanbieter und hat bisher keine USV. Die individuelle Risikobewertung der Apotheken könnte etwa so aussehen (siehe Grafik):
Beide Apotheken schätzen die Wahrscheinlichkeit für einen Blackout bis zu zwölf Stunden aufgrund der aktuellen Lage als erhöht ein. Da Apotheke A bereits über einen Batteriespeicher zur Überbrückung dieser Dauer verfügt, bewertet sie das Ausmaß des Schadens geringer als Apotheke B. Diese hätte ein erheblich höheres Schadensausmaß für Daten- und Warenverluste sowie einen Betriebsausfall zu erwarten.
Beispielsweise könnten die Lagerungsvorschriften für kühlpflichtige Arzneimittel ohne funktionierende Kühlschränke nicht mehr eingehalten werden. Im Hochsommer gilt dies – ohne funktionierende Klimaanlage – möglicherweise auch für Medikamente, die bei Raumtemperatur gelagert werden. Angesichts immer teurerer Arzneimittel sollte auch der Versicherungsschutz regelmäßig überprüft werden.
Das Beispiel verdeutlicht, dass jede Apotheke Risiken zwingend individuell bewerten und dabei weitere relevante Partner wie Großhandel, Energieversorger oder den Vermieter berücksichtigen muss.
Quelle: modifiziert nach Josef Kolerus