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Tränen lügen nicht

IgA-Antikörper und der Covid-19-Verlauf

Warum haben bestimmte Patienten nur einen milden oder gar asymptomatischen Covid-19-Verlauf? Die Sekretion von IgA-Antikörpern an der Schleimhaut könnte etwas damit zu tun haben.
Sven Siebenand
22.06.2020  08:00 Uhr

Ein Forscherteam um Carlo Cervia vom Universitätsspital Zürich hat auf einem Preprint-Server eine Untersuchung veröffentlicht, die nahelegt, dass bei einem milden oder asymptomatischen Covid-19-Verlauf keine IgG-Antikörper im Serum nachzuweisen sind, dafür aber IgA-Antikörper in der Tränenflüssigkeit oder an der Nasen-Schleimhaut. Bei Covid-19-Patienten mit schwerem Verlauf fanden sie auch im Blut besonders hohe Mengen an IgA-Antikörpern.

Zum Hintergrund: Bei einer Infektion bildet das Immunsystem verschiedene Antikörper. Zunächst sind es IgM-Antikörper, danach folgen IgA- und IgG-Antikörper. Ein Teil der IgA-Antikörper ist im Blut, ein anderer Teil findet sich zum Beispiel auf der Nasen-Schleimhaut und anderen Schleimhäuten, die einen Erreger lokal kontrollieren sollen. Bei ihrer Forschungsarbeit haben die Wissenschaftler in der Schweiz auch Gesundheitspersonal untersucht, das mit SARS-CoV-2-Infizierten im Kontakt gestanden hatte. Bei einigen dieser Personen entdeckten die Forscher, dass sie weder IgG- noch IgA-Antikörper gegen das Virus im Serum hatten, dafür aber IgA-Antikörper in der Nasenschleimhaut und in der Tränenflüssigkeit. Das kann auf eine lokale Immunreaktion hindeuten, die SARS-CoV-2 in Schach gehalten hat. Die Infektion könnte nur mild oder völlig asymptomatisch verlaufen sein.

Interessant ist zudem eine weitere Beobachtung: Bei Personen, bei denen nur IgA-Antikörper an der Schleimhaut gefunden wurden, gab es einen Alterseffekt. Je jünger sie waren, desto höher waren die IgA-Antikörper-Spiegel. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, warum Kinder oft einen milderen Covid-19-Verlauf haben. Sie erkranken häufiger an Infektionen der oberen Atemwege, was sie grundsätzlich mit mehr IgA-Antikörpern in den Schleimhäuten ausstattet. Das wiederum könnte einen gewissen Schutz gegen SARS-CoV-2 bieten.

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