„Ich will langjährig eingefahrene Prozesse anpacken“ |
PZ: Der Apothekenmarkt steht vor großen Veränderungen. Durch die Einführung des E-Rezeptes werden sich nicht nur neue Vertriebskanäle, wie beispielsweise Plattformen ergeben, auch das Verhältnis zum Kunden wird sich ändern. Wie wollen Sie diese Veränderungen begleiten?
Braun: Alles wird davon abhängen, ob wir als Apothekerschaft es schaffen, den Mehrwert unseres Berufsstandes und der Apotheke vor Ort aufzuzeigen. Ich glaube nicht daran, dass man die Bedeutung der pharmazeutischen Kompetenz mit einer großen Hauruck-Aktion unters Volk bringen kann. Wir brauchen auch viele lokale Einzelgespräche – insbesondere mit Politik und Verwaltung. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass gerade in den entscheidenden politischen Kreisen der Wert der inhabergeführten Apotheke oft nicht präsent ist. Bezeichnend war aus meiner Sicht, dass vielen Politikerinnen und Politikern erst während der Coronakrise so richtig vor Augen geführt wurde, was man mit dem niedrigschwelligen, kompetenten Apothekensystem alles erreichen kann. Insofern denke ich, dass die Kammern insgesamt viel selbstbewusster auftreten können. Das gilt aber auch für die Arbeit an der Basis. Die Kollegen sollten ihren Kunden noch viel stärker transparent machen, wie wertvoll die pharmazeutische Leistung in den Apotheken ist.
PZ: Wie kann das gelingen?
Braun: Ich glaube, dass eine der wichtigsten Funktionen der Apotheken das »Übersetzen« ist. Wir sind oft die ersten Ansprechpartner für pharmazeutisch-medizinische Fragen der Patienten. Komplexes Wissen müssen wir dann in einfache Sprache übersetzen. Die Patienten müssen spüren, dass genau dies eine wichtige Leistung für sie darstellt.
PZ: Als Kammerpräsident würden Sie die Kammer auch bei Sitzungen der ABDA, beispielsweise im Gesamtvorstand vertreten. Bekommen die ABDA-Gremien mit Ihnen eine ABDA-kritische Stimme oder schätzen Sie die Arbeit der Berliner Standesvertretung?
Braun: Ich bin ein ABDA-Fan. Alle Apothekerinnen und Apotheker Deutschlands werden von einer Organisation vertreten und zwar unabhängig von deren Beschäftigungsfeld – das ist außergewöhnlich! Die von einigen Kollegen geäußerte Kritik empfinde ich oft als nicht angemessen. Denn insbesondere in den letzten knapp zwei Jahren haben Friedemann Schmidt, Gabriele Regina Overwiening, Fritz Becker und jetzt Thomas Dittrich doch sehr viel erreicht für uns Apotheker! Es gibt nach außen kein gutes Bild ab, wenn man sich als zerstrittene Berufsvertretung präsentiert und so eine selbst verursachte Angriffsfläche bietet. Vielleicht sollte die ABDA manchmal ihre Erfolge und ihr Agieren transparenter und besser kommunizieren, damit die Kollegen an der Basis mehr Verständnis haben. Wir allerdings müssen auch verstehen, dass die ABDA nicht alles ans »Schwarze Brett« hängen kann.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.