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Kaletra

HIV-Mittel versagt in erster Studie mit schwerem Covid-19

Eine Studie mit 199 schweren Covid-19-Fällen in China mit dem HIV-Kombinationsmittel Kaletra hat nicht den erhofften Erfolg gebrach. Die Gabe von Lopinavir/Ritonavir zeigte keinen Benefit gegenüber der Standardbehandlung allein. 
Daniela Hüttemann
19.03.2020  12:18 Uhr

Die Studie wurde zwischen dem 18. Januar und 3. Februar im Jin Yin-Tan Hospital in Wuhan durchgeführt. Es standen keine Placebo-Versionen von Kaletra zur Verfügung, daher wurde die Studie open Label durchgeführt. Alle 199 schwer an Covid-19 erkrankten Patienten, bei denen das Virus SARS-CoV-2 zuvor per PCR-Test nachgewiesen wurde, erhielten die supportive Standardbehandlung. Die Hälfte bekam zusätzlich über 14 Tage zweimal täglich Lopinavir/Ritonavir 400 mg/100 mg oral verabreicht. Primärer Endpunkt war eine klinische Verbesserung des Krankheitsbilds oder Entlassung aus dem Krankenhaus.

Die zusätzliche Gabe des als HIV-Mittel zugelassenen Medikaments hatte dabei keinen Vorteil auf den Verlauf der Lungenerkrankung. Auch bei der Mortalität fand sich kein signifikanter Unterschied (19,2 versus 25,0 Prozent, 95% CI -17.3 bis 5.7). Auch die Prozentrate der Patienten mit nachweisbarer viraler RNA zu verschiedenen Zeitpunkten war ähnlich, schreiben die Autoren heute im Fachjournal »New England Journal of Medicine«. In einer modifizierten Intention-to-Treat-Analyse habe die Gabe von Lopinavir/Ritonavir jedoch die Zeit bis zur klinischen Verbesserung um einen Tag (Hazard Ratio 1,39; 95% CI 1.00 bis 1.91) verkürzt.

Unterschiede gab es bei den Nebenwirkungen: Zwar traten unter Kaletra häufiger gastrointestinale Symptome auf, dagegen gab es weniger schwere unerwünschte Ereignisse als bei alleiniger Standardbehandlung. Bei 13 der 99 Patienten der Lopinavir/Ritonavir-Gruppe (13,8 Prozent) wurde die antiretrovirale Therapie frühzeitig abgebrochen aufgrund von Nebenwirkungen. Die chinesischen Forscher schreiben, dass weitere Studien die Ergebnisse bestätigen müssen. Es müsse unter anderem noch untersucht werden, ob bessere klinische Ergebnisse erreicht werden können, wenn Lopinavir/Ritonavir mit weiteren antiviralen Wirkstoffen kombiniert werden, wie dies wohl auch bei SARS-1 und MERS in der Vergangenheit ausprobiert wurde. Lopinavir/Ritonavir ist in vitro gegen SARS- und MERS-Viren wirksam.

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