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Neue Analyse

Hirnvenenthrombosen nach Impfung auch bei älteren Frauen

Neues Sicherheitssignal für Frauen jenseits der 60

»Gut drei Viertel aller thrombotischen zerebralen Ereignisse (75,8 Prozent) waren bei Frauen aufgetreten«, schreibt die DGN. »Die Rate für Frauen war im Vergleich zu der von nicht weiblichen Personen mehr als dreimal erhöht.« Von den 45 Menschen, die nach Impfung eine CVT hatten, waren 35 (77,8 Prozent) weiblich. 36 (80 Prozent) waren unter 60 Jahre alt. Grundsätzlich kann diese sehr seltene Nebenwirkung also auch Männer und ältere Frauen treffen. Bislang standen vor allem Frauen unter 60 Jahren im Fokus.

Die Wissenschaftler bestimmten auch die Ereignisraten pro 100.000 Personenjahre für jede Gruppe. Diese lag für SVT innerhalb eines Monats nach der Erstimpfung mit Vaxzevria für Frauen unter 60 Jahren bei 24,2/100.000 und bei gleichaltrigen Männern bei 8,9/100.000. Nach einer Dosis Comirnaty lag die Rate in derselben Altersgruppe mit 3,6 (Frauen) und 3,5 (Männer) dagegen vergleichbar niedrig. Bei Männern über 60 Jahren trat bislang kein Fall auf, während die Ereignisrate nach Comirnaty-Impfung bei den über 60-jährigen Frauen bei 0,8/100.000 lag.

»Bis dahin haben uns die Daten nicht überrascht. Allerdings haben wir ein neues Sicherheitssignal gesehen«, erklärt Neuroepidemiologe Professor Dr. Tobias Kurth, Direktor des Instituts für Public Health an der Berliner Charité, dessen Arbeitsgruppe die statistische Auswertung der Daten vorgenommen hat. »Die Inzidenzrate der Hirnvenenthrombosen bei Frauen unter 60 nach Gabe des Astra-Zeneca-Impfstoffs betrug 24,2/100.000 Personenjahre, die von Frauen über 60 nach Gabe des gleichen Impfstoffs 20,5/100.000 Personenjahre. Unsere Daten zeigen also: Auch ältere Frauen haben ein erhöhtes Risiko, Sinus- und Hirnvenenthrombosen nach Gabe des Astra-Zeneca-Vakzins zu erleiden.« Kurth schlägt nun vor, schnell eine neue Risiko-Nutzen-Analyse für Vaxzevria durchzuführen.

Vermuteter Pathomechanismus nur bei Vektorimpfstoff

Die zugrundeliegende Impfreaktion wird mittlerweile als Vakzine-induzierte immunogene thrombotische Thrombozytopenie (VITT) bezeichnet. In der neuen DGN-Analyse konnten die Kliniker 57,8 Prozent der gemeldeten Fälle von Hirnvenenthrombosen mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit auf eine solche VITT zurückführen. »Derselbe Mechanismus lag nach den Befunden vermutlich auch bei fünf von neun Patienten mit ischämischem Schlaganfall und bei zwei der vier Fälle einer Hirnblutung vor«, berichtet die Fachgesellschaft.

Allerdings wurde eine VITT bislang nur nach Vaxzevria-Impfung beobachtet. »Wir vermuten, dass die Antikörper gegen den Plättchenfaktor 4 (PF4) nicht mit dem Spike-Protein von SARS-CoV-2 kreuzreagieren, sondern die Impfkomplikation mit dem adenoviralen Vektor in Zusammenhang steht. Das muss weiter untersucht werden«, so DGN-Generalsekretär Professor Dr. Peter Berlit.

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