Häufige Ursache für Herzinsuffizienz |
Annette Rößler |
19.11.2024 18:00 Uhr |
Auf die Therapieoptionen bei ATTR ging Privatdozentin Dr. Caroline Morbach vom Universitätsklinikum Würzburg ein. Derzeit sei Tafamidis (Vyndaqel®) das einzige zugelassene Medikament für die Behandlung von Patienten mit wtATTR. »Tafamidis ist ein selektiver Stabilisator des TTR-Tetramers«, informierte Morbach. In der Zulassungsstudie ATTR-ACT sei Tafamidis gegenüber Placebo im untersuchten Kollektiv aus Patienten mit wtATTR und hATTR hinsichtlich der Gesamtmortalität, den Hospitalisierungen aufgrund kardiovaskulärer (CV) Ursache, der Abnahme der Sechs-Minuten-Gehstrecke und der Lebensqualität signifikant überlegen gewesen (»New England Journal of Medicine«, NEJM, 2018, DOI: 10.1056/NEJMoa1805689). Die Vorteile durch die Medikation zeigten sich allerdings erst ab einer Therapiedauer von 18 Monaten.
Mit Acoramidis stehe ein weiterer TTR-Stabilisator kurz vor der Zulassung; Anfang des Jahres seien positive Daten der Phase-III-Studie ATTRibute-CM im NEJM publiziert worden (DOI: 10.1056/NEJMoa2305434). »Es gibt eine seltene TTR-Mutation, die eine stärkere Stabilisierung des Tetramers bewirkt. Acoramidis wurde designt, um diese Mutation zu imitieren«, sagte Morbach. Die Gabe des Arzneistoffs führe zu einer nahezu kompletten Stabilisierung der TTR-Tetramere.
In der ATTRibute-CM-Studie sei der Anteil der Patienten mit wtATTR mit 90 Prozent deutlich höher gewesen als in der ATTR-ACT-Studie (76 Prozent). Ein signifikanter Vorteil gegenüber Placebo zeigte sich im hierarchischen Endpunkt, der aus Tod jeglicher Ursache, CV-Hospitalisierung, Veränderung des NT-proBNP und Veränderung der Sechs-Minuten-Gehstrecke zusammengesetzt war. »Auch hier brauchte es eine gewisse Zeit, bis erste Therapieeffekte sichtbar wurden, nämlich 19 bis 24 Monate«, berichtete die Expertin.
Pathophysiologisch eine Stufe früher setzen Medikamente an, die die Produktion des TTR in der Leber unterbinden. In der EU zugelassen sind Patisiran (Onpattro®) und Vutrisiran (Amvuttra®), die auf dem Prinzip der RNA-Interferenz (RNAi) basieren, sowie das Antisense-Oligonukleotid Inotersen (Tegsedi®). Eplontersen (Wainzua®), ein weiteres Antisense-Oligonukleotid, ist von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zur Zulassung empfohlen, aber noch nicht zugelassen.
Alle vier genannten Wirkstoffe sind ausschließlich für die Therapie von Patienten mit hATTR und Polyneuropathie bestimmt – noch. Denn die viel größere Indikation kardiale wtATTR befindet sich im Visier zumindest von Patisiran- und Vutrisiran-Hersteller Alnylam. Vutrisiran, das eine Weiterentwicklung von Patisiran darstellt, wurde in der kürzlich publizierten HELIOS-B-Studie erfolgreich auch bei Patienten mit wtATTR getestet (NEJM, DOI: 10.1056/NEJMoa2409134). In dieser Studie machten wtATTR-Patienten einen Anteil von 88 Prozent aus.
Noch ziemlich weit von einer möglichen Zulassung entfernt ist das CRISPR/Cas-basierte Gentherapeutikum NTLA-2001. »Die einmalige intravenöse Applikation von NTLA-2001 bewirkt eine Frameshift-Mutation im TTR-Gen und in der Folge die Drosselung der TTR-Produktion«, erklärte Morbach. Besonders an diesem Ansatz sei, dass hier nicht wie sonst bei der Gentherapie üblich ein viraler Vektor verwendet werde, sondern Lipid-Nanopartikel, die über den LDL-Rezeptor in die Leberzellen eingebracht würden. NTLA-2001 wirke somit spezifisch nur in der Leber. Erste Ergebnisse einer Phase-I-Studie seien »relativ vielversprechend« gewesen (NEJM 2021, DOI: 10.1056/NEJMoa2107454).