Gruppe von Apothekern streitet mit Kammer über Impfpflicht |
Cornelia Dölger |
23.02.2022 15:00 Uhr |
Eine Gruppe von 200 Apothekerinnen und Apothekern in Österreich spricht sich in einem Offenen Brief vehement gegen die dortige Impfpflicht aus. Die Apothekerkammer stellt klar: Die überwältigende Mehrheit ihrer Mitglieder unterstütze alle Maßnahmen, die die Impfrate im Land erhöhen. / Foto: Imago Images/Viennareport
Anfang Februar hat Österreich eine allgemeine Impfpflicht eingeführt – als bislang einziges EU-Land. Die Regelung scheint aber schon wieder angezählt zu sein, zumindest mehren sich die Stimmen, die ein baldiges Aussetzen der umstrittenen Pflicht heraufziehen sehen. Verschiedene, auch deutsche Medien haben darüber berichtet. Hierzulande sind bekanntlich sowohl die berufsbezogene als auch die allgemeine Impfpflicht noch nicht in Kraft beziehungsweise politisch noch nicht einmal abschließend definiert.
Und während in Deutschland noch um wichtige Eckdaten bei der allgemeinen Impfpflicht gerungen wird, steht das österreichische Modell, im vergangenen Herbst beschlossen und seit Anfang Februar in Kraft, wohl schon wieder infrage. Zumindest bricht die Kritik daran nicht ab. Vor allem die österreichischen Landesregierungen bestehen demnach darauf, die Verhältnismäßigkeit der Regelung zu prüfen – schließlich habe der Verlauf der Omikron-Welle gezeigt, dass die Situation in den Krankenhäusern stabil sei, berichtete vor Kurzem etwa tagesschau.de und zitierte unter anderem Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer. Der ÖVP-Politiker forderte, bis Mitte März »intensiv zu prüfen, ob diese Impfpflicht wirklich unbedingt notwendig ist, um das Funktionieren unserer Krankenanstalten zu gewährleisten«. Ab dem Datum sollen in Österreich die Impfkontrollen durch die Polizei beginnen – eigentlich. Die Bundesregierung in Wien hält zwar offiziell noch an der Impfpflicht fest, doch die Zweifel an der Umsetzung inklusive Strafen wachsen.
Reichlich Zweifel an der österreichischen Regelung hegt offenbar auch eine Gruppe von Apothekerinnen und Apothekern in dem Land. Etwa 200 anonym Unterzeichnende haben jetzt einen Offenen Brief unter anderem an die Apothekerkammer sowie die österreichische Regierung geschrieben, in dem sie sich vehement gegen die Impfpflicht aussprechen. In dem Brief, der der PZ vorliegt, schreiben die Verfasser, sie gerieten »in mehrfache Gewissenskonflikte« beim Umgang mit dem Thema Covid-19-Impfung, und das insbesondere »aufgrund der Haltung und impfpolitischer Vorgaben unserer Standesvertretung«.
Etwa schreibe die Apothekerkammer ihren Mitgliedern vor, nur bestimmte Empfehlungen des »Nationalen Impfgremiums« als wissenschaftliche Grundlage für Beratung und Information über Covid-19-Impfungen zu verwenden, was zu »erheblicher Unsicherheit« in der Apothekerschaft führe. Schließlich sei diese dazu verpflichtet, potenzielle Nebenwirkungen von Arzneimitteln inklusive Vakzinen zu melden. Standespolitische Vorschriften hinderten sie letztlich aber daran und die Apotheker sähen sich »großem Druck ausgesetzt«. Es gebe in der Corona-Krise im Hinblick auf die Impfung keinen »lebendigen« Wissenschaftsdiskurs, der sich mit Fragen und Widersprüchen befasse. Auch bei potenziellen Nebenwirkungen fühlten sie sich (standes-)politisch gegängelt; Apothekenleitungen übten demnach Druck auf die Angestellten aus, diese nicht zu melden.
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