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STIKO-Stellungnahme

Grippeimpfung weiterhin prioritär für Risikogruppen

Sollte die Empfehlung für eine Grippeimpfung auf die gesamte Bevölkerung ausgeweitet werden? Nein, sagt die Ständige Impfkommission (STIKO). Den stärksten Effekt hätte es, wenn die Impfquoten in den Risikogruppen »erheblich gesteigert« würden.
Christina Hohmann-Jeddi
31.07.2020  10:00 Uhr

Wenn eine schwere Influenzawelle auf die laufende Coronavirus-Pandemie trifft, könnte dies das deutsche Gesundheitswesen stark unter Druck setzen. Vor diesem Hintergrund wurde an die STIKO vermehrt der Wunsch herangetragen, die Indikation für eine Grippeimpfung auf die gesamte Bevölkerung auszuweiten. Dem erteilt die Kommission in der aktuellen Ausgabe des »Epidemiologischen Bulletins« (Nr. 33/2020) eine Absage: Zum Schutz der Menschen und zur Entlastung des Gesundheitssystems sei in der kommenden Influenzasaison 2020/21 mit den verfügbaren Impfstoffmengen der größte Effekt erzielbar, wenn die Impfquoten entsprechend der STIKO-Empfehlung vor allem in den Risikogruppen erheblich gesteigert würden.

Der STIKO-Vorsitzende Professor Dr. Thomas Mertens vom Universitätsklinikum Ulm habe frühzeitig mit Briefen an die kassenärztlichen Vereinigungen, den Bundesgesundheitsminister und die Nationale Lenkungsgruppe Impfen (NaLI) auf die Notwendigkeit von hohen Impfquoten gegen Influenza und ausreichender Versorgung mit Influenzaimpfstoffen für die kommende Grippesaison hingewiesen. Denn die bisherigen Impfquoten in den Gruppen, die ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf der Grippe haben, waren recht niedrig. So lag die Quote bei den Über-60-Jährigen bei etwa 35 Prozent und hatte in den vergangenen zehn Jahren sogar noch kontinuierlich abgenommen, heißt es in der Stellungnahme der STIKO.

Gegen eine Indikationserweiterung auf die gesamte Bevölkerung spricht sich die Kommission vor allem deshalb aus, weil nicht ausreichend Impfstoffdosen zur Verfügung stehen werden. Inklusive der vom Bundesgesundheitsministerium beschafften nationalen Reserve werden dies für die kommende Grippesaison etwa 25 Millionen Impfdosen sein. Dies sei deutlich mehr als in anderen Jahren, aber bei Weitem nicht ausreichend für die gesamte Bevölkerung. Es sollten daher vornehmlich Risikogruppen die vorhandenen Impfstoffdosen erhalten. Schon allein für diese würden etwa 40 Millionen Dosen benötigt. Risikogruppen sind laut STIKO Personen über 60 Jahre, Vorerkrankte und solche, die beruflich besonders exponiert und epidemiologisch bedeutsam sind wie medizinisches Personal, Schwangere und Bewohner von Pflegeeinrichtungen.

Alle Maßnahmen, die die Impfquoten in diesen Gruppen erhöhten, seien zu begrüßen. Die diesbezügliche Aufklärung sollte verstärkt werden, so die STIKO. Sie weist darauf hin, dass aber grundsätzlich auch anderen Personen, die nicht explizit in den Empfehlungen genannt sind, eine Influenzaimpfung auf Basis individueller Erwägungen gegeben werden kann.

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