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Bluthochdruck-Studie

Gleich mit niedrig dosierter Viererkombi starten

Hypertonie-Patienten müssen häufig ohne spürbaren Leidensdruck gleich mehrere Tabletten schlucken — die Adhärenz ist hier oft lausig. Abhilfe schaffen sollen Polypillen mit fixen Kombinationen. Jetzt gibt es neue Studiendaten für eine Viererkombination gleich zum Therapiestart.
Daniela Hüttemann
31.08.2021  18:00 Uhr

Normalerweise geht man die medikamentöse Therapie bei Bluthochdruck stufenweise an: Schlägt das erste blutdrucksenkende Medikament nicht ausreichend an, kommt ein zweites aus einer anderen Wirkstoffklasse hinzu, gegebenenfalls noch ein drittes und viertes. Da Hypertonie zwar ein starker Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist, de facto aber in der Regel erst einmal keine spürbaren Beschwerden verursacht, ist es um die regelmäßige Tabletteneinnahme meistens schlecht bestellt. Die Patienten erreichen oft nicht die angestrebten Zielwerte.

Die QUARTET-Studiengruppe aus Australien hat einen anderen Ansatz: Ein Teil der 591 Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie mit aktiver Kontrollgruppe erhielten gleich bei der Diagnose oder statt einer Monotherapie eine sogenannte Polypille, die vier verschiedene Wirkstoffe enthält (»Quadpill«) – allerdings in jeweils niedrigerer Dosierung, als normalerweise üblich. Das Studienpräparat enthielt jeweils ein Viertel der üblichen Dosis der Monotherapie: 37,5 mg Irbesartan, 1,25 mg Amlodipin, 0,625 mg Indapamid und 2,5 mg Bisoprolol. Die Vergleichsgruppe bekam eine Monotherapie mit 150 mg Irbesartan. Falls diese Therapie nicht ausreichte, konnten in beiden Gruppen weitere Medikamente hinzugefügt werden, angefangen mit Amlodipin 5 mg. 

60 Prozent der Teilnehmenden war männlich. Das Durchschnittsalter lag bei 59 Jahren und der Blutdruck war im Schnitt nur leicht erhöht (141 mmHg Systole zu 85 mmHg Diastole). Nach zwölf Wochen wurden der Blutdruck und die Medikation bewertet. Die Studienergebnisse präsentierte die Studiengruppe am Wochenende beim Europäischen Kardiologen-Kongress (ESC). Die Daten erschienen parallel im Fachjournal »The Lancet«.

Drei Viertel bekamen ihren Blutdruck unter Kontrolle

Demnach hatten 44 der 300 Teilnehmer der Quadpill-Gruppe nach zwölf Wochen zusätzlich ein weiteres Antihypertensivum bekommen, gegenüber 115 der 291 Kontrollprobanden (15 versus 40 Prozent). Im Schnitt lag der systolische Blutdruck in der Interventionsgruppe um 6,9 mmHg niedriger als in der herkömmlich behandelten Gruppe. Diese Unterschiede waren statistisch signifikant. Bei 76 Prozent der Quadpill-Gruppe galt der Blutdruck als unter Kontrolle, gegenüber 58 Prozent in der Vergleichsgruppe – eine relative Risikoreduktion um 30 Prozent.

4,0 Prozent der Quadpill-Gruppe und 2,4 Prozent der Kontrollgruppe brachen die Studie aufgrund von Nebenwirkungen vorzeitig ab. Hier war der Unterschied nicht statistisch signifikant. Es traten sieben schwere unerwünschte Ereignisse in der Interventions- und drei solche Fälle in der Kontrollgruppe auf (3 versus 1 Prozent).

Unter den 417 Patienten, deren Werte über die ursprünglichen zwölf Wochen hinaus über ein Jahr weiter beobachtet wurden, musste die Dosis häufiger bei den Teilnehmern der Kontrollgruppe gesteigert werden als in der Interventionsgruppe. Nach 52 Wochen lag der durchschnittliche systolische Blutdruck sogar um 7,7 mmHg niedriger als in der herkömmlich behandelten Gruppe. Bei 81 Prozent der Quadpill-Gruppe galt der Blutdruck als gut kontrolliert, gegenüber 62 Prozent unter Standardtherapie.

Die Forscherinnen und Forscher sehen damit die frühe Behandlung von Bluthochdruck mit einer niedrig dosierten Fixkombination aus vier Antihypertensiva als wirksamer an als die herkömmliche Vorgehensweise mit dem Start einer Monotherapie. Sie sei genauso sicher und dabei einfacher zu handhaben.

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