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Falsche Signalstellung

Genetische Ursache für eine Form kindlicher Fettleibigkeit entdeckt

Screening unter Risikopatienten

Das Team entwickelte einen geeigneten diagnostischen Test und suchte in einer Kohorte von mehr als 1700 adipösen Kindern nach dieser genetischen Umlagerung. Es gelang, vier weitere Träger (drei Mädchen, einen Junge) zu identifizieren. Bei drei dieser vier Kinder wurde auch eine Überexpression des Agouti-Signalproteins nachgewiesen.

Dies ist eine sehr hohe Trefferquote für ein so komplexes Dysregulationsprinzip. Aus diesem Grund regen die Forschenden auch weitere Screenings in Risikopopulationen an. Zudem weisen die Autoren darauf hin, dass sie die Expression von ASIP und die MC4R-Hemmung zwar an isolierten Zellen, nicht jedoch im Gehirn der Patienten bestätigt haben. Für einen definitiven Zusammenhang zwischen der genetischen Veränderung und der Fettleibigkeit beim Menschen sind daher weitere Studien an Menschen und Tiermodellen erforderlich.

Allerdings spricht vieles für die Relevanz der Entdeckung. Denn das Prinzip dieser genetischen Erkrankung ist nicht neu. Aus Mausmodellen kennt man bereits den Zusammenhang einer Fehlregulation des ASIP mit der Konsequenz einer Fettleibigkeit. Die sogenannten »Agouti-Maus« erlangte in diesem Zusammenhang Berühmtheit. Allerdings wurde in diesem Tiermodell die Fehlexpression durch epigenetische Mechanismen induziert. Die Arbeit der Leipziger Forschenden demonstriert dieses Fehlregulationsprinzip jetzt erstmalig beim Menschen.

Mit Setmelanotid (Imcrivee®) steht sogar seit diesem Jahr eine mögliche Therapieoption bereit. Setmelanotid ist ein α-MSH-Mimetikum und selektiver MC4R-Agonist. Das neue Medikament ist allerdings zugelassen zu Behandlung von Patienten ab sechs Jahren mit genetisch bestätigtem, durch Funktionsverlustmutationen bedingtem biallelischem POMC-Mangel (einschließlich PCSK1) oder biallelischem Leptinrezeptor(LEPR)-Mangel.

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