Früh beginnen und lebenslang beibehalten |
Brigitte M. Gensthaler |
28.02.2025 18:00 Uhr |
Schmeckt gut und kann Krankheiten vorbeugen: Eine antientzündliche Ernährung nützt auch Kindern. / © Adobe Stock/Jacob Lund
Die Entzündungsmarker im Körper würden bei Mangel- und Überernährung ansteigen und bei normaler bedarfsgerechter Ernährung sinken, sagte Smollich kürzlich bei der Hermann-Hager-Tagung der Landesapothekerkammer Brandenburg. »In der Regel haben wir eine konstante Überernährung bei Makronährstoffen wie Energie, Fett und Kohlenhydraten«, sagte der Apotheker. Diese »Kalorienvergiftung« treibe eine latente Entzündung und Alterungsprozesse an, schränke das Immunsystem ein und bewirke einen Diversitätsverlust des Darmmikrobioms.
Eine antientzündliche Ernährung mit Vitaminen, Antioxidanzien, Omega-3-Fettsäuren und sekundären Pflanzenstoffen soll einen antiinflammatorischen Mikrobiom-Shift bewirken, erklärte Smollich. Ballaststoffe und deren Metaboliten, zum Beispiel kurzkettige Fettsäuren, könnten die Entzündung dämpfen. Zudem erwarte man Mikrobiom-Effekte durch Präbiotika, die den Darmbakterien als Futter dienen. »Perspektivisch wird das Spektrum erweitert durch Postbiotika, zum Beispiel kurzkettige Fettsäuren wie Propionat, Butyrat und Acetat, die direkt zugeführt werden.«
Die stärkste antientzündliche Wirkung unter den Lebensmittelinhaltsstoffen entfalten laut Smollich unlösliche Ballaststoffe aus Vollkorngetreide. Obst und Gemüse liefern die löslichen Ballaststoffe. Ebenfalls sehr günstig sind Kurkuma (in Gramm-Mengen), Flavone und Isoflavone (in Milligramm-Mengen) sowie Betacarotin (im Mikrogramm-Bereich). »Also Getreide, Gemüse, Obst, Beeren und Soja.« Ergänzend kämen Effekte einzelner Nährstoffe auf einzelne Entzündungsmarker hinzu. »Aber es geht immer um ein gesamtes Ernährungsmuster und nicht um die Zufuhr von Kakao, Leinsamen oder Nüssen«, stellte der Experte klar.
Am anderen Ende des Rankings stehen gesättigte und trans-Fettsäuren, Gesamtfett, Cholesterol, Junkfood und Kalorienüberschuss, die allesamt stark proinflammatorisch wirken.
Intervallfasten senkt Entzündungsmarker wie TNF-α und Leptin; die Wirkung sei geringfügig stärker als durch Gewichtsverlust allein. Unklar seien die Effekte unterschiedlicher Regime des Intervallfastens. Aber das zeitweilige Fasten könne auch Risiken bergen, sagte Smollich. Die Nährstoffzufuhr sicherzustellen, sei sehr oft problematisch bei Proteinen, Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen, die wiederum essenziell für das Immunsystem sind.
Intervallfasten liegt im Trend, aber es birgt auch Risiken. / © Adobe Stock/Echelon IMG
»Da Protein gut sättigt, erreichen viele Menschen das tägliche Proteinziel nicht.« Dies liege bei 0,8 g/kg Körpergewicht/Tag, bei gesunden Menschen ab 65 Jahren bei mindestens 1 g/kg; wenn Erkrankungen hinzukommen, dann noch höher. Viele Ältere hätten eine Proteinunterversorgung. Noch ausgeprägter sei das Problem bei Ballaststoffen, denn die empfohlenen etwa 30 g pro Tag könne man kaum in acht Stunden essen. Smollich empfahl, ein Ernährungstagebuch zu führen, um die tatsächliche Nährstoffzufuhr zu erfassen.
Außerdem könne Intervallfasten zum Cortisol-Anstieg führen und die Bildung von Estrogenen bremsen. »Oft resultieren hormonelle Störungen und Heißhungerattacken am Mittag oder Nachmittag«, sagte der Ernährungsfachmann. Außerdem werde das Körpergefühl »abtrainiert«.
In Beobachtungsstudien gebe es protektive Assoziationen zu fast allen Krebsarten, zu kardiometabolischen und Fettleber-Erkrankungen, Sarkopenie und Frailty sowie psychischen Erkrankungen wie Depression. Interventionsstudien zeigten positive Effekte jedoch nur bei drei Erkrankungen: Colitis ulcerosa, MAFLD (metabolische Fettlebererkrankung) und Typ-2-Diabetes. »Hier kann man die antientzündliche Ernährung immer empfehlen.« Diese wirke gleichermaßen kardio-, krebs- und demenzpräventiv.
Schlaf spiele ebenfalls eine wichtige Rolle; man solle mindestens 7,5 Stunden schlafen. Schlechter oder zu kurzer Schlaf fördere die systemische Inflammation, weil er zu nächtlicher Cortisol-Ausschüttung führt, die wiederum Insulinresistenz und Süßheißhunger fördert. »Schlafhygiene reduziert messbar die Entzündungsmarker.«