Filternetz und Polizei des Körpers |
Beim Filtrationsprozess in den Lymphknoten kommt es zu einer Immunreaktion auf angeschwemmte Erreger oder Antigene. Dies löst eine Zellproliferation aus. Dabei können sich Lymphknoten auf mehr als 1 cm vergrößern. Diese Lymphadenopathie kann vereinzelt auf einen Körperbereich begrenzt sein oder generalisiert mehrere nicht zusammenhängende Regionen betreffen.
Die lokale Lymphadenopathie ist am häufigsten und wird oft von Symptomen wie Fieber, Schmerzen, Gelenkproblemen und Ermüdung begleitet. Seltener ist die Lymphknotenschwellung auf maligne oder chronische systemische Erkrankungen zurückzuführen. Die Ursachen sind vielfältig: Infektionen durch Viren, Bakterien, Parasiten oder Pilze, Autoimmunerkrankungen oder Arzneimittelnebenwirkungen.
Zu den Virusinfektionen zählen »Kinderkrankheiten« wie Windpocken (Varizellen-Infektion), Masern, Mumps und Röteln. Da sie gefährliche Spätfolgen verursachen können, ist in der Apotheke auf den Impfschutz nach den Vorgaben der Ständigen Impfkommission (Stiko) hinzuweisen.
Das Anschwellen von Lymphknoten, die lokale Lymphadenopathie (links), ist meist eine Folge von Infektionen mit Viren, Bakterien, Parasiten oder Pilzen. Sie verschwindet mit Abklingen der Infektion. Es kann sich aber auch eine Lymphknotenentzündung (rechts) entwickeln; ist sie bakteriell bedingt, ist eine antibiotische Therapie angezeigt. / © Getty Images/Boy_Anupong, Adobe Stock/Bungon
Das Apothekenpersonal kann bei Herpes-simplex-Infektionen lokal Virustatika (Aciclovir, Pencivir) empfehlen. Das große Spektrum der Erkältungserkrankungen durch Rhino-, Adeno-, Influenza- oder Coronaviren, RSV, Otitis media oder Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus (infektiöse Mononukleose) können symptomatisch mit Ibuprofen bei Fieber oder Halsschmerzen sowie mit systemischen oder lokalen Sympathomimetika zur Abschwellung der Nasenschleimhaut gelindert werden. Hilfreich sind zudem der patentierte Extrakt aus Ampfer, gelbem Enzian, Holunder, Eisenkraut, Schlüsselblume und definiertem Eucalyptusextrakt sowie Cineol zur Verflüssigung von Schleim. Bei Abgabe von OTC-Produkten sind Kontraindikationen und die Grenzen der Selbstmedikation immer zu beachten.
Bakterielle Infektionen wie Pharyngitis, Gingivitis und Parodontitis sind häufig durch Staphylokokken, seltener durch Streptokokken bedingt. Ist der Erreger nachgewiesen, werden Antibiotika eingesetzt.
Parasitäre Erkrankungen, die zur Lymphadenopathie führen können, sind Toxoplasmose (enger Kontakt mit Katzen), Borreliose (Zeckenstich) oder tropische Infektionen. Gegen Candida albicans als Verursacher von Mundsoor sind Azol- oder Polyen-Antimykotika lokal hilfreich. Das Apothekenteam sollte auf die möglichst lange Verweildauer des Arzneimittels im Mund hinweisen.
Zu den Autoimmunerkrankungen zählen der systemische Lupus erythematodes (SLE), die juvenile idiopathische Arthritis (JIA) sowie das Sjögren-Syndrom. Systemische rheumatische Erkrankungen wie das Kawasaki-Syndrom oder die Sarkoidose verursachen ebenfalls vergrößerte Lymphknoten.
Auch eine Reihe von Medikamenten kann eine Lymphadenopathie bedingen. Dazu zählen Antikonvulsiva (wie Carbamazepin, Phenytoin, Lamotrigin), Antibiotika (wie Penicilline, Cephalosporine, Pyrimethamin und Sulfonamide) sowie andere Stoffe wie Allopurinol, Atenolol, Captopril und Chinidin.
Ebenso kommen Tätowierungen in Betracht. Durch das Einstechen der Nadeln können Erreger eingeschleppt werden, außerdem sammeln sich Pigmente in Lymphknoten oder Leber an (Kasten).
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Tätowierungen verblassen mit der Zeit durch den Abtransport der Farbpigmente. Stellen die Farbpigmente eine Gefahr für das Lymphsystem dar?
Tätowierungen sind in Europa auf dem Vormarsch und besonders bei jungen Menschen beliebt. Komplikationen wie bakterielle Infektionen oder allergische Reaktionen sind nicht meldepflichtig und werden kaum wahrgenommen (siehe auch hier).
Was passiert mit der Tätowierfarbe im Körper? Die Farbpigmente gelangen beim Einstechen durch die Epidermis in die darunterliegende Dermis. Nach kurzer Zeit verringert sich der Anteil der Pigmente um 80 Prozent. Die Tätowierung zeigt sich durch Partikel, die in der Dermis verbleiben; der Rest wird durch das Blutgefäß- oder Lymphsystem abtransportiert. So gelangen Pigmente in andere Organe, werden ausgeschieden oder färben umliegende Lymphknoten.
Die Studios verwenden fertige Farbmischungen, die meist nicht nach internationalen Standards hergestellt sind. Sie enthalten eine bunte Mischung von Pigmenten, Lösungsmitteln, Emulgatoren, Bindemitteln, Antischaummitteln (zum Beispiel Polydimethylsiloxan), Konservierungsmitteln (beispielsweise Parabene, Phenol, Methylisothiazolinon), Metallen (Nickel, Kobalt, Chrom) sowie Verunreinigungen (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Phthalate).
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat eine internationale Kommission für Tätowiermittel einberufen. Zur Minimierung von Risiken sollen Mindestanforderungen für die Sicherheit von Tätowierfarben sowie ein Prüfkatalog für Hersteller und Händler erarbeitet werden.
Eine schwedische Studie der Universität Lund ergab kürzlich, dass Menschen mit Tätowierungen häufiger ein malignes Lymphom entwickeln (DOI: 10.1016/j.eclinm.2024.102649). Das Risiko steigt bei der Entfernung einer Tätowierung: Azoverbindungen in der Tinte werden durch Laserbestrahlung in karzinogene aromatische Amine gespalten. Allerdings fehlen Nachweise einer Kausalität und die umfassende toxikologische Bewertung von Tätowiertinten.