Feuerwehr für die Haut |
Stichwort »Pädiatrie«: Ist Hauptindikationsgebiet im Kindes- und Säuglingsalter das atopische Ekzem, so muss berücksichtigt werden, dass die Baby- und Kinderhaut durch eine dünnere und lockere Hornzellschicht, eine unreife epidermale Lipidbarriere und eine hohe Zahl inaktiver Talgdrüsen gekennzeichnet ist. Dieses hat eine hohe transkutane Resorption zur Folge, was Säuglinge und Kinder wesentlich anfälliger für unerwünschte Wirkungen macht.
Bei Baby- und Kinderhaut ist besondere Sorgfalt angezeigt, da diese aufgrund ihrer noch unausgereiften Hornzellschicht- und Lipidbarriere besonders anfällig für die unerwünschten Wirkungen einer Glucocorticoid-Therapie ist. / Foto: Adobe Stock/comzeal
Insbesondere Säuglinge sollten ausschließlich mit Glucocorticoiden der Klassen 1 und 2 in verdünnter Form versorgt werden. Eine Anwendung im Gesicht ist bei ihnen nur absoluten Ausnahmefällen vorbehalten. Glucocorticoide der Klassen 3 und 4 dürfen nicht zum Einsatz kommen. Als eine Ausnahme ist Mometasonfuroat ab zwei Jahren zugelassen. Mometason wird in der Pädiatrie beim atopischen Ekzem eingesetzt. Es hat einen TIX-Wert von 2, also einen Wert, der für die topische Anwendung bei Kindern geeignet ist.
Bei Kindern ist zudem in den überwiegenden Fällen nur die einmalige Applikation angezeigt, da dermale Glucocorticoide bei ihnen im Stratum corneum sehr viel schneller ein Depot bilden. Nur in absoluten Ausnahmefällen kann eine häufigere Applikation erfolgen.
In der Leitlinie »Atopisches Ekzem« wird empfohlen, bis zum Abklingen der Entzündungen und in Problemarealen eine Behandlungsdauer von wenigen Tagen nicht zu überschreiten (reaktive Strategie). Eine »proaktive« Intervalltherapie, das heißt eine ein- bis zweimalige Applikation pro Woche auf erkrankten Arealen kann bis zu sechs Monate fortgesetzt werden, um Rückfällen vorzubeugen.
Immer ist die Richtkonzentration der Glucocorticoide zu beachten und nicht zu überschreiten. Dürfen Glucocorticoide bei Kindern auf nicht mehr als 10 Prozent der Körperoberfläche appliziert werden, so kann es hilfreich auch für den Patienten sein zu wissen, dass 1 Prozent der Körperoberfläche eines Kindes der seiner Handinnenfläche inklusive der Finger entspricht.
Für dermale Glucocorticoide der Klassen 1 und 2 eignet sich als Dosierungshilfe bei einem Tubenöffnungsdurchmesser von 5 mm die Fingerspitzenmethode. / Foto: Adobe Stock/Dan Race
Für dermale Glucocorticoide der Klassen 1 und 2 und nur für diese eignet sich bei einem Tubenöffnungsdurchmesser von 5 mm als Dosierungshilfe die Fingerspitzenmethode (»finger tip unit«; FTU). Eine Fingerspitzeneinheit entspricht in diesem Fall der Länge des palmaren Endgliedes des Zeigefingers eines Erwachsenen. Für Kinder gibt es ebenfalls FTUs, die in Abhängigkeit vom Alter festgelegt wurden.
Gelten Glucocorticoide mit einem TIX-Wert von 2 auch für die Versorgung schwangerer Frauen als geeignet, so sollte vorsorglich das Glucocorticoid auch bei werdenden Müttern nicht auf mehr als 10 Prozent der Körperoberfläche aufgetragen werden. Triamcinolonacetonid, Betamethasonvalerat und -dipropionat können lokal angewendet werden (12, 13, 14).
Wie die Haut im Säuglingsalter, in der Kindheit oder in der Schwangerschaft bringt auch die »betagte« oder vorerkrankte Haut besondere Anforderungen für die Anwendung von Glucocorticoiden mit sich.
Bei älteren Patienten ist die Haut zumeist durch eine Atrophie der Epidermis und Dermis gekennzeichnet sowie zudem weniger durchblutet. Auch die Talgbildung und die Qualität des Bindegewebes sind geringer. Das Stratum corneum ist dünner, die Barrierefunktion vermindert, der transepidermale Wasserverlust erhöht.
Im Alter kommt es zudem zu einem verstärkten Auftreten kleiner Hautentzündungen oder auch chronischem Pruritus – ein weiterer Grund, topische Glucocorticoide nur kurzfristig einzusetzen.
Der trockene fettarme Hauttyp in höheren Lebensjahren ähnelt durchaus dem der Kinderhaut. Insofern bieten sich auch bei der Behandlung von Hauterkrankungen in der Geriatrie topische Glucocorticoide mit einem TIX-Wert von 2 an.
Bei vorerkrankter Haut und gestörter Hautbarriere entstehen sehr leicht systemische Nebenwirkungen; aus diesem Grunde sollten in akuten Situationen Glucocorticoide in O/W-Grundlage verwendet werden. Im Beratungsgespräch muss auch hier immer die Dosierung, die Anwendungsdauer und vor allem der Ort der Anwendung mit dem Patienten besprochen werden.
Wie die Haut im Säuglingsalter und in der Kindheit birgt auch die »betagte« oder vorerkrankte Haut besondere Anforderungen zur Anwendung von Glucocorticoiden mit sich. / Foto: Adobe Stock/IRINA
Grundsätzlich ist es Sache des Arztes, die Dosierung und Dauer der Behandlung je nach Art des Erkrankungsbilds festzulegen. Die Anwendungsdauer sollte im Allgemeinen vier Wochen nicht überschreiten. Im Gegenteil: Eine Verbesserung des Krankheitszustandes sollte nach spätestens zwei Wochen zu erkennen sein.
So oder so: Immer ist es sinnvoll es, gerade stark wirksame Glucocorticoide gegen Ende der Therapie auszuschleichen, um der Gefahr eines Rebounds entgegenzuwirken. Für das Ausschleichen gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder werden die Applikationsintervalle nach und nach verlängert oder es wird auf ein Glucocorticoid mit schwächerer Potenz, zum Beispiel Betamethasonvalerat auf Triamcinolonacetonid, gewechselt (10).