Feuerwehr für die Haut |
Als wichtige Indikationen lokaler Glucocorticoide sind vor allem akute sowie chronisch entzündliche, allergische oder ekzematöse Hauterkrankungen bekannt. / Foto: Adobe Stock/New Africa
Ob in der Nase, am Auge, am und im Ohr oder auf der Haut: Die Einsatzgebiete der Glucocorticoide sind vielfältig. Sie werden vor allem wegen ihrer antiphlogistischen, immunsuppressiven, juckreizstillenden, antiallergischen und vasokonstriktorischen Wirkungen geschätzt.
Mit Blick auf ihre Effektivität werden lokale Glucocorticoide in vier Gruppen der Klassen 1 (schwach wirksam), 2 (mittelstark wirksam), 3 (stark wirksam) und 4 (sehr stark wirksam) eingeteilt (1, 2; Tabelle 1). Die beschwerdelindernden Effekte treten zumeist schnell auf, so dass Glucocorticoide auch als »Feuerwehr der Haut und Schleimhaut« betrachtet werden.
Glucocorticoid | Indikation (Auswahl) |
---|---|
Klasse 1 | |
Hydrocortison/Hydrocortisonacetat | entzündliche, allergische Dermatosen |
Prednisolon/Prednisolonacetat Dexamethason | entzündliche, allergische Dermatosen Stauungsekzem, anogenitaler Pruritus Gingivitis, Stomatitis, entzündliche Dermatosen |
Klasse 2 | |
Triamcinolonacetonid | entzündliche, allergische, pruriginöse Dermatosen Kontaktekzem, Lichtdermatosen Gingivitis, Stomatitis, Aphthen Psoriasis (nicht Plaquepsoriasis), Psoriasis capitis Narben (dann als intraläsionale Steroidinjektion) |
Hydrocortisonbutyrat | Dermatosen, Ekzeme, Atopische Dermatitis |
Prednicarbat | schwach bis mittelstark ausgeprägte Ekzeme, Atopische Dermatitis, Lidekzem |
Methylprednisolonaceponat | schwach bis mittelstark ausgeprägte Ekzeme, Atopische Dermatitis, Lidekzem |
Klasse 3 | |
Betamethason-17-valerat | Lichen ruber planus, Lichen sclerosus, Psoriasis Pustulosis palmaris et plantaris, Otitis externa Aphthen, polymorphe Lichtdermatose, Röschenflechte |
Betamethason-17-21-propionat | wie Betamethasovalerat |
Mometasonfuroat | schwach bis mittelstark ausgeprägte Ekzeme, Atopisches Ekzem, Lichen ruber planus Lichen sclerosus, Psoriasis |
Fluticason | Atopisches Ekzem, Einzelherde der chronisch stationären Form der Psoriasis |
Klasse 4 | |
Clobetasolpropionat | akute und chronische Dermatosen, Lichen ruber planus, Lichen sclerosus et atrophicus (LSA) Pustulosis palmaris et plantaris, Psoriasis |
Als wichtige Indikationen lokaler Glucocorticoide sind vor allem akute sowie chronische entzündliche, allergische oder ekzematöse Hauterkrankungen bekannt. Aber auch bei Sonnenbrand oder bei Insektenstichen können sie angezeigt sein.
Eignen sich in diesen Fällen besonders Glucocorticoide der Klassen 1 und 2, so ist, da breit einsetzbar, Triamcinolonacetonid als ein Vertreter der Klasse 2 das in Deutschland am meisten verordnete Glucocorticoid. Dieses wird zusätzlich auch bei Entzündungen der Mundschleimhaut und im Analbereich eingesetzt.
Andere Glucocorticoide der Klasse 2 wie zum Beispiel Methylprednisolonaceponat haben einen hohen Stellenwert in der Pädiatrie unter anderem beim atopischen Ekzem. Bei (chronisch) entzündlichen Dermatosen wie Psoriasis, Lichen ruber planus, Lichen sclerosus et atrophicus et cetera kann die Applikation stärkerer Glucocorticoide der Klassen 3 und 4 unumgänglich werden.
Als ein Einsatzgebiet ausgewählter Glucocorticoide gilt auch die allergische Rhinitis. / Foto: Adobe Stock/New Africa
Indikationen für Glucocorticoide wie Mometasonfuroat (Klasse 3), Beclometason und Fluticason (Klasse 3) in der Nase sind allergische Rhinitis oder nicht infektiöse Entzündungen. Beclometason und Budesonid sind auch für die Behandlung von Nasenpolypen zugelassen (2, 3).
Am Auge steht die Behandlung nicht infektiöser oder allergischer Konjunktivitiden im Vordergrund. Glukocorticoide werden hier auch zur Prophylaxe bei Operationen eingesetzt. Prednisolon hat sich zusätzlich bei Acne rosacea ophtalmica und Dexamethason bei Verbrennungen und Verätzungen bewährt.
Einzige Indikationen am Ohr sind Otitis externa sowie trockene Ekzeme und Otitis media nach dem Einsatz von Paukenröhrchen, wobei manche Glucocorticoide und hier gerade Dexamethason in Kombinationsprodukten, so zum Beispiel Ohrentropfen, zumeist zusammen mit einem Antibiotikum verfügbar sind (1, 4, 5, 6, 7, Tabelle 2).
Wenn auch selten: Als Nebenwirkungen werden bei längerer lokaler Anwendung vor allem Atrophie und Erweiterungen kleiner Blutgefäße der Haut, Steroidakne und periorale Dermatitis sowie das Wiederaufflammen von Entzündungen nach Absetzen des Präparates, darüber hinaus oft auch eine stärkere Behaarung beziehungsweise ein Verblassen pigmentierter Haut registriert.
Bei der Anwendung am, im oder nahe beim Auge muss immer mit einer Augeninnendruckerhöhung gerechnet werden. Generell kann es bei lokalem Einsatz auch zu Superinfektionen sowie zur verzögerten Wundheilung kommen. Kontaktallergien in Reaktion auf das Glucocorticoid sind ebenfalls möglich. Daran sollte immer gedacht werden, wenn die Erkrankung nicht auf die Behandlung anspricht oder zum Beispiel ein Juckreiz weiter anhält.
Auge | Nase | Ohr | |
---|---|---|---|
Beclomethason | x | ||
Budesonid | x | ||
Dexamethason | x | x | x |
Flunisolid | x | ||
Fluocinolonacetonid | x | ||
Fluorometholon | x | ||
Fluticason | x | ||
Hydrocortison/Hydrocortisonacetat | x | x | |
Mometasonfuroat | x | ||
Prednisolon | x | ||
Triamcinolonacetat | x |
Ein hohes Risiko für unerwünschte Wirkungen wie Atrophie und Blutungen der Haut, Teleangiektasien, Hypertrichose, also Verstärkung des Haarwachstums, Steroidakne, Striae distensae und Pigmentveränderungen birgt insbesondere die längerfristige Applikation eines Glucocorticoids der Klassen 3 oder 4 in empfindlichen Körperregionen wie Gesicht, Intimbereich, spezifischen Hautfalten oder verletzter Haut.
Gerade bei großflächiger Anwendung steigen das Ausmaß der Resorption und damit das Risiko für unerwünschte und auch systemische Arzneiwirkungen. Kontraindikationen für die Anwendung von Glucocorticoiden sind bakterielle, virale und parasitäre Infektionen, Mykosen der Haut, Rosacea und Acne vulgaris (1, 8, 9).
Systemische Nebenwirkungen, wie sie bei starker Resorption zum Beispiel auf verletzter Haut oder bei Säuglingshaut bei der Behandlung ausgedehnter Körperoberflächen oder auch beim Einsatz sehr potenter Glucocorticoide beobachtet werden können, sind unter anderem Ödeme, Hypertonie, Glaukom, Hyperlipidämie, Infektanfälligkeit, Muskelatrophie, Osteoporose und Cushing-Syndrom.
Für die Selbstmedikation zur Anwendung auf der Haut und Schleimhaut sind seit 1996 Hydrocortison und Hydrocortisonacetat beziehungsweise bei saisonaler allergischer Rhinitis Beclometasondipropionat sowie seit 2016 auch Mometasonfuroat und Fluticasonpropionat zugelassen.
Over the counter sind Hydrocortison und Hydrocortisonacetat 0,25 und 0,5-prozentig als Creme oder Cremogel zur Behandlung leichter bis mäßig ausgeprägter entzündlicher oder allergischer Hauterkrankungen verfügbar. Ein lokales Glucocorticoid sollte bei Kindern auf maximal 10 Prozent, bei Erwachsenen auf maximal 20 Prozent der Körperoberfläche aufgetragen werden.
Grundsätzlich ist eine Selbstmedikation bei Kindern erst ab einem Alter von sechs Jahren möglich. Hydrocortison ist für die Selbstmedikation bei Herpes labialis auch als Kombination mit Aciclovir auf dem Markt und kann ab zwölf Jahren abgegeben werden (2).
Die Rhinologika mit den Wirkstoffen Beclometasondipropionat, Mometasonfuroat oder Fluticasonpropionat dürfen bei saisonaler allergischer Rhinitis ab 18 Jahren erst nach ärztlicher Diagnose abgegeben werden. Zunächst sollten zwei Sprühstöße als Einzeldosis einmal oder zweimal pro Tag gegeben werden, die bei Besserung der Symptome auf einen Sprühstoß für jedes Nasenloch pro Tag reduziert werden können. Ist nach sieben Tagen kein Therapierfolg zu verzeichnen, muss der Patient wieder an den Arzt verwiesen werden (3).
Die Wirksamkeit der Glucocorticoide wird nicht nur durch ihre jeweils individuellen chemischen, molekularen und pharmakologischen Eigenschaften (Lipophilie, Absorptionsverhalten, Rezeptoraffinität et cetera) beziehungsweise die Charakteristika der Grundlage, also des Vehikelsystems in der jeweiligen Darreichungsform, sondern auch durch patientenindividuelle Faktoren wie Hautdicke am Ort der Applikation sowie den grundsätzlichen Hautzustand und das spezifische Krankheitsbild bestimmt.
Die Wirksamkeit der Glucocorticoide wird nicht nur durch ihre individuellen molekularen und pharmakologischen Eigenschaften, sondern auch durch die Charakteristika des Vehikelsystems bestimmt. / Foto: Adobe Stock/Vasily Popov
Für eine gute und schnelle Wirksamkeit muss das Glucocorticoid in die Hornzellschicht (Stratum corneum) als oberste Schicht der Epidermis einwirken können, die je nach Körperstellen 4 bis 30 µm dick und besonders ausgeprägt an Handinnenflächen und den Fußsohlen sein kann.
Bei einer beschädigten oder sehr dünnen Hornzellschicht kommt es schneller zur Resorption und damit gegebenenfalls auch zu systemischen Nebenwirkungen. Für das Ausmaß der Penetration durch die Hornzellschicht ist die Lipophilie des Wirkstoffs entscheidend. Je lipophiler, desto schneller penetriert das Glucocorticoid und ist damit – positiv und negativ betrachtet – auch effektiver.
Es kann gegebenenfalls sinnvoll sein, dass Apothekerin dem Patienten die grundlegenden Charakteristika einerseits des Körpers, andererseits des jeweiligen Wirkstoffes erklären, so dass dieser bei der Applikation des Glucocorticoids je nach Gegebenheit besondere Sorgfalt walten lässt.
Bei der Wahl des für das individuelle Krankheitsbild geeigneten Glucocorticoids kann dem Apotheker bei seitens des Arztes gewünschter Information und Beratung der Penetrationsindex dienen, der das Absorptionsverhalten topischer Glucocorticoide beschreibt. Der Penetrationsindex orientiert sich an dem Wert der Penetration, die im ventralen Unterarmgebiet gemessen wird und als 1 festgesetzt ist.
Ist dieser Penetrationsindex in empfindlichen Bereichen wie Gesicht, Augenregion, Hals oder intertriginösem Gewebe besonders hoch, so bedeutet dies, dass insbesondere starke bis sehr stark wirksame Glucocorticoide, zum Beispiel Mometasonfuroat oder Clobetasolpropionat, gemieden werden sollten.
Andererseits können wesentliche stärkere Wirkungseffekte zum Beispiel an den Fußsohlen erzielt werden, wenn hier Glucocorticoide mit hohem Penetrationseffekt zum Einsatz kommen. Hier können auch Okklusionseffekte nützlich, also begrüßenswert sein.
Kommt in diesem Zusammenhang nicht zuletzt der Art der Grundlage eine hohe Bedeutung zu, so hat diese einen Einfluss nicht nur auf die Pharmakokinetik des Wirkstoffs und dessen Bioverfügbarkeit. Je nach Zusammensetzung kommen weitere Effekte hinzu. So haben Schüttelmixturen und O/W-Emulsionen per se einen kühlenden und austrocknenden Effekt auf die Epidermis. Dieser Effekt kann gut für akute Hautzustände, zum Beispiel bei Allergien, genutzt werden.
Handelt es sich hingegen um Krankheitsbilder wie chronische Ekzeme, ist eher eine W/O-Grundlage angebracht, um längerfristig Fette zuzufügen und damit zusätzliche Tiefenwirkungen mit höherer Wirkstofffreigabe zu erzielen. Denn: Glucocorticoide sind lipophile Substanzen, die ihre Wirkung vor allem durch den Depoteffekt im Stratum corneum entfalten. Bei lipophiler Grundlage kommt es zu einer stärkeren Durchdringung dieser obersten Schicht der Epidermis und zu einem höheren mazerierenden Effekt. Der Wirkstoff wird deutlich besser verteilt, wirkt intensiver und wird auch stärker frei gegeben (10, 11).
Als weitere Orientierungshilfe bei der Wahl eines geeigneten Wirkstoffs kann der Therapeutische Index (TIX-Wert) der Glucocorticoide herangezogen werden, der als Quotient aus dem Potential erwünschter (Vasokonstriktion, Entzündungshemmung et cetera) und unerwünschter Wirkungen (Atrophie, Teleangiektasien, Infektionen, verzögerte Wundheilung, Kontaktallergien, rosaceaartige oder periorale Dermatitis, Steroidakne, Reboundeffekte nach Absetzen et cetera) definiert ist (10). Je höher der TIX-Wert eines topischen Corticoids ist, umso stärker tendiert das Verhältnis zu Gunsten der erwünschten Wirkungen.
Auf dem Boden der vorliegenden wissenschaftlichen Literatur wurden die therapeutischen Indizes für die acht am häufigsten angewandten topischen Glucocorticoide Betamethasonvalerat (TIX: 1,2), Clobetasolpropionat (TIX: 1,5), Hydrocortison (TIX: 1,0), Hydrocortisonbutyrat (TIX: 2,0), Mometasonfuroat (TIX: 2,0), Methylprednisolonaceponat (TIX: 2,0), Prednicarbat (TIX: 2,0)und Triamcinolonacetonid (TIX: 1,06) erstellt. So halten sich bei Hydrocortison mit einem TIX von 1 erwünschte und unerwünschte Nebenwirkungen die Waage.
Bei einem TIX-Wert von 2 überwiegen deutlich die erwünschten Wirkungen, was bei den Glucocorticoiden Methylprednisolonaceponat, Prednicarbat, Hydrocortisonbutyrat und Mometason der Fall ist. Methylprednisolonaceponat und Prednicarbat werden in der Haut derart metabolisiert, dass das Ausmaß unerwünschter Arzneimittelwirkungen und der Wirkungsdauer begrenzt wird. Sie eigenen sich somit sehr gut zum Einsatz in der Kinderheilkunde (5, 9, 10).
Stichwort »Pädiatrie«: Ist Hauptindikationsgebiet im Kindes- und Säuglingsalter das atopische Ekzem, so muss berücksichtigt werden, dass die Baby- und Kinderhaut durch eine dünnere und lockere Hornzellschicht, eine unreife epidermale Lipidbarriere und eine hohe Zahl inaktiver Talgdrüsen gekennzeichnet ist. Dieses hat eine hohe transkutane Resorption zur Folge, was Säuglinge und Kinder wesentlich anfälliger für unerwünschte Wirkungen macht.
Bei Baby- und Kinderhaut ist besondere Sorgfalt angezeigt, da diese aufgrund ihrer noch unausgereiften Hornzellschicht- und Lipidbarriere besonders anfällig für die unerwünschten Wirkungen einer Glucocorticoid-Therapie ist. / Foto: Adobe Stock/comzeal
Insbesondere Säuglinge sollten ausschließlich mit Glucocorticoiden der Klassen 1 und 2 in verdünnter Form versorgt werden. Eine Anwendung im Gesicht ist bei ihnen nur absoluten Ausnahmefällen vorbehalten. Glucocorticoide der Klassen 3 und 4 dürfen nicht zum Einsatz kommen. Als eine Ausnahme ist Mometasonfuroat ab zwei Jahren zugelassen. Mometason wird in der Pädiatrie beim atopischen Ekzem eingesetzt. Es hat einen TIX-Wert von 2, also einen Wert, der für die topische Anwendung bei Kindern geeignet ist.
Bei Kindern ist zudem in den überwiegenden Fällen nur die einmalige Applikation angezeigt, da dermale Glucocorticoide bei ihnen im Stratum corneum sehr viel schneller ein Depot bilden. Nur in absoluten Ausnahmefällen kann eine häufigere Applikation erfolgen.
In der Leitlinie »Atopisches Ekzem« wird empfohlen, bis zum Abklingen der Entzündungen und in Problemarealen eine Behandlungsdauer von wenigen Tagen nicht zu überschreiten (reaktive Strategie). Eine »proaktive« Intervalltherapie, das heißt eine ein- bis zweimalige Applikation pro Woche auf erkrankten Arealen kann bis zu sechs Monate fortgesetzt werden, um Rückfällen vorzubeugen.
Immer ist die Richtkonzentration der Glucocorticoide zu beachten und nicht zu überschreiten. Dürfen Glucocorticoide bei Kindern auf nicht mehr als 10 Prozent der Körperoberfläche appliziert werden, so kann es hilfreich auch für den Patienten sein zu wissen, dass 1 Prozent der Körperoberfläche eines Kindes der seiner Handinnenfläche inklusive der Finger entspricht.
Für dermale Glucocorticoide der Klassen 1 und 2 eignet sich als Dosierungshilfe bei einem Tubenöffnungsdurchmesser von 5 mm die Fingerspitzenmethode. / Foto: Adobe Stock/Dan Race
Für dermale Glucocorticoide der Klassen 1 und 2 und nur für diese eignet sich bei einem Tubenöffnungsdurchmesser von 5 mm als Dosierungshilfe die Fingerspitzenmethode (»finger tip unit«; FTU). Eine Fingerspitzeneinheit entspricht in diesem Fall der Länge des palmaren Endgliedes des Zeigefingers eines Erwachsenen. Für Kinder gibt es ebenfalls FTUs, die in Abhängigkeit vom Alter festgelegt wurden.
Gelten Glucocorticoide mit einem TIX-Wert von 2 auch für die Versorgung schwangerer Frauen als geeignet, so sollte vorsorglich das Glucocorticoid auch bei werdenden Müttern nicht auf mehr als 10 Prozent der Körperoberfläche aufgetragen werden. Triamcinolonacetonid, Betamethasonvalerat und -dipropionat können lokal angewendet werden (12, 13, 14).
Wie die Haut im Säuglingsalter, in der Kindheit oder in der Schwangerschaft bringt auch die »betagte« oder vorerkrankte Haut besondere Anforderungen für die Anwendung von Glucocorticoiden mit sich.
Bei älteren Patienten ist die Haut zumeist durch eine Atrophie der Epidermis und Dermis gekennzeichnet sowie zudem weniger durchblutet. Auch die Talgbildung und die Qualität des Bindegewebes sind geringer. Das Stratum corneum ist dünner, die Barrierefunktion vermindert, der transepidermale Wasserverlust erhöht.
Im Alter kommt es zudem zu einem verstärkten Auftreten kleiner Hautentzündungen oder auch chronischem Pruritus – ein weiterer Grund, topische Glucocorticoide nur kurzfristig einzusetzen.
Der trockene fettarme Hauttyp in höheren Lebensjahren ähnelt durchaus dem der Kinderhaut. Insofern bieten sich auch bei der Behandlung von Hauterkrankungen in der Geriatrie topische Glucocorticoide mit einem TIX-Wert von 2 an.
Bei vorerkrankter Haut und gestörter Hautbarriere entstehen sehr leicht systemische Nebenwirkungen; aus diesem Grunde sollten in akuten Situationen Glucocorticoide in O/W-Grundlage verwendet werden. Im Beratungsgespräch muss auch hier immer die Dosierung, die Anwendungsdauer und vor allem der Ort der Anwendung mit dem Patienten besprochen werden.
Wie die Haut im Säuglingsalter und in der Kindheit birgt auch die »betagte« oder vorerkrankte Haut besondere Anforderungen zur Anwendung von Glucocorticoiden mit sich. / Foto: Adobe Stock/IRINA
Grundsätzlich ist es Sache des Arztes, die Dosierung und Dauer der Behandlung je nach Art des Erkrankungsbilds festzulegen. Die Anwendungsdauer sollte im Allgemeinen vier Wochen nicht überschreiten. Im Gegenteil: Eine Verbesserung des Krankheitszustandes sollte nach spätestens zwei Wochen zu erkennen sein.
So oder so: Immer ist es sinnvoll es, gerade stark wirksame Glucocorticoide gegen Ende der Therapie auszuschleichen, um der Gefahr eines Rebounds entgegenzuwirken. Für das Ausschleichen gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder werden die Applikationsintervalle nach und nach verlängert oder es wird auf ein Glucocorticoid mit schwächerer Potenz, zum Beispiel Betamethasonvalerat auf Triamcinolonacetonid, gewechselt (10).
Der lokale Einsatz der Glucocorticoide in der Dermatologie begann mit der chemischen Synthese des Hydrocortisons, das dem physiologischen Cortisol entspricht und die Ausgangssubstanz für weitere dermatologisch verwendete Glucocorticoide bildet.
Körpereigne Glucocorticoide entfalten ihre (patho)physiologischen Wirkungen hauptsächlich über Glucocorticoid- oder Mineralocorticoidrezeptoren, wobei diese Rezeptoren überall im Cytoplasma vorkommen. Sie haben auf diese Weise Einfluss auf den Kohlenhydrat-, Protein- und Lipidstoffwechsel sowie auf das Nervensystem, das Blutbild, die Skelettmuskeln und die Knochen. Mittels (De)Aktivierung des Mineralocorticoidrezeptors wird die Natrium- und Kaliumretention und -ausscheidung reguliert (8).
Der immunsuppressiven und antiinflammatorischen Effekte lokal applizierter Glucocorticoide werden mit der Blockade der T-Zell-Aktivierungskaskade und Hemmung spezifischer Transkriptionsfaktoren erklärt, die die Wirkung verschiedener Entzündungsfaktoren, also zum Beispiel von Interleukinen, Zytokinen und Tumornekrosefaktoren, unterbinden (8). Durch ihre Effekte auf Granulozyten und Mastzellen vermindern sie die Histaminausschüttung und wirken so antiallergisch und juckreizstillend.
Durch Vasokonstriktion werden Wasseransammlungen und Bläschen bei entzündlichen Hauterkrankungen gemindert. Die antiproliferativen Effekte der Glucocorticoide werden in der Dermatologie auch zur Behandlung von Hautverdickungen und Narben genutzt. Sie können die Kollagen- und Glucosaminglykansynthese hemmen und damit die Hautneubildung unterdrücken (1, 9).
Mit der Entdeckung und medizinischen Anwendung der Corticoide Ende der 40er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde auch die Entwicklung lokal zu applizierender Arzneistoffe dieser Gruppe vorangetrieben.
Generelles Ziel der Entwicklung effektiver topischer Glucocorticoide basierend auf der Ausgangssubstanz Hydrocortison war es, die für unerwünschte Wirkungen verantwortlichen mineralocorticoiden Effekte zurückzudrängen und die erwünschten und hier insbesondere antiinflammatorischen Effekte immer weiter zu verstärken.
Zur Gewährleistung der adäquaten Anwendung und zur Stärkung der Adhärenz ist die professionelle Beratung und Information in der Apotheke unumgänglich. / Foto: ABDA
Das gelang durch verschiedene Modifikationen am Steroidgerüst wie beispielsweise Halogenierungen mit Fluor oder Chlor an C6 und/oder C 21 wie bei Triamcinolonacetonid, Betamethason-17-valerat oder Clobetasolpropionat, Das führte gleichzeitig auch zu einer Erhöhung des mineralocorticoiden Effekts, der durch eine Methylierung, zum Beispiel an Position C16, wieder aufgehoben werden konnte.
Alleinige Halogenierungen an den Positionen C16 und C 21 oder auch das Einführen einer Doppelbindung zwischen C1 und C2 konnten die Rezeptoraffinität und damit die Wirkung steigern. Um die Lipophile zu erhöhen, werden die Positionen C17 und C21 wie bei Betamethason-17-valerat verestert (9). Auch doppelte Veresterungen an C17 und 21 wie bei Betamethason-17-21-propionat führen zu verbesserten antiinflammatorischen Wirkungen an der Haut.
Obwohl die topischen Glucocorticoide eine tragende Therapiesäule in der Dermatologie bilden, werden sie aufgrund ihrer Nebenwirkungen von vielen Menschen nach wie vor oft gefürchtet und auch gemieden. Durch die detaillierte Beratung und Information kann das Apothekenteam entscheidend zur Adhärenz und zum Therapieerfolg beitragen. Fest steht: Wird das topische Glucocorticoid bei richtiger Indikation in der richtigen Wirkstärke am richtigen Ort beim richtigen Patienten in der richtigen Dauer angewendet, sind unerwünschte Effekte äußerst selten.
Dörte Schröder-Dumke studierte Pharmazie an der Universität Hamburg. Seit 1996 arbeitet sie als angestellte Apothekerin in Hamburg und Schleswig-Holstein. Sie ist seit 2002 als Referentin für verschiedene Apothekerkammern sowie im begleitenden Unterricht für Pharmazeuten im Praktikum aktiv. Ihre Schwerpunktthemen sind neben Erkrankungen der Haut unter anderem Arzneimittel in Schwangerschaft und Stillzeit und Kindererkrankungen. Auch stehen im Fokus ihres Interesses die Herstellung und Anwendung von Rezeptur-Arzneimitteln sowie Hinweise zur und bei der Abgabe von Arzneimitteln in der Praxis. Schröder-Dumke ist Mitglied der Kammerversammlung und des Fortbildungsausschusses der Apothekerkammer Schleswig-Holstein.