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Lieferengpässe

Feldmeier: »Unsere Signale wurden überhört«

Immenser Kostendruck und zusätzliche regulatorische Anforderungen setzen die Pharmaindustrie unter Druck. Einige Mitgliedsunternehmen des Bundesverbands der pharmazeutischen Industrie (BPI) kündigten an, Produkte einstellen zu müssen, wenn die Politik nicht bald gegensteuert. Der Verband fordert eine Preisanpassung, um die Versorgung nicht zu gefährden.
Jennifer Evans
25.11.2022  10:30 Uhr

Die Kostensteigerungen in Folge der Coronavirus-Pandemie, des Ukraine-Kriegs sowie der Inflation kann die pharmazeutische Industrie angesichts der Anforderungen aus Rabattverträgen sowie des Preismoratoriums und den Fest- und Erstattungsbeträgen nicht mehr kompensieren. Das betonte der BPI-Vorstandsvorsitzende Hans-Georg Feldmeier bei der Pressekonferenz des Bundesverbands der pharmazeutischen Industrie am gestrigen Donnerstag in Berlin.

Die Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte sind seinen Angaben zufolge in diesem September um 45 Prozent höher als noch im Vorjahresmonat. Die Konsequenz: Auslistung von Produkten und damit Lieferengpässe. Viele pharmazeutische Unternehmer hätten »keine astronomischen Gewinnmargen«, sondern könnten in bestimmten Segmenten kaum noch wirtschaftlich arbeiten, stellte Feldmeier klar. »Um eine sichere Arzneimittelversorgung zu gewährleisten, müssen wir unsere Preise anpassen können«, forderte er. Insbesondere versorgungsrelevante Arzneimittel sollten vom Preisstopp oder Festbeträgen ausgenommen sein, meint er. Der BPI-Vorsitzende geht davon aus, dass es angesichts der derzeitigen Situation künftig nicht mehr »alle Therapien in den deutschen Markt schaffen«.

Politik muss Inflationsdefizite ausgleichen

Vehement wehrte Feldmeier sich gegen den Vorwurf, die gestiegenen Arzneimittelkosten seien schuld an der schlechten Finanzlage der Kassen. Denn: der Arzneimittelanteil an den GKV-Leistungsausgaben liege seit Jahren kontinuierlich bei 11 Prozent. Eine gute Gelegenheit erneut seinem Unmut über das neue GKV-Finanzstabilisierungsgesetz Luft zu machen. Es repariere nicht ansatzweise die strukturellen Probleme der Kassen und schwäche dazu noch den Pharmastandort Deutschland sowie die Gesundheitsversorgung, schimpfte Feldmeier. Außerdem widersprächen die Ampel-Parteien damit dem Koalitionsvertrag, der eigentlich Ziele zur Stärkung des Pharmastandorts Deutschlands vorsehe. Seiner Ansicht nach muss das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) das Paket GKV-Spargesetz »noch einmal aufschnüren«.

Bis dahin fordert der BPI-Vorsitzende kurzfristig eine lückenlose Preisanpassung, um die Inflation zu berichtigen sowie Ausnahmen für versorgungsrelevante Präparate. Als langfristige Lösung pochte er abermals auf Neuerungen im Vergabeverfahren für Rabattverträge. Der Vorschlag: Bei den Ausschreibungen grundsätzlich zwei Zuschläge zu vergeben, einen für den günstigsten Anbieter und einen für den, der den größten Anteil der Produktion in der EU realisiert.

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