Familiäres Krebsrisiko besser einschätzen |
Laura Rudolph |
03.02.2023 17:00 Uhr |
Ist eine Person an erblich bedingtem Krebs erkrankt, kann das Krebsrisiko auch für Familienmitglieder erhöht sein. / Foto: Adobe Stock/motortion
Krebs ist in Deutschland nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache. Meist entstehen Krebserkrankungen spontan. Bei bis zu 10 Prozent der Patienten ist jedoch eine erbliche Prädisposition ausschlaggebend. Anzeichen für eine familiäre Disposition können gehäufte Fälle einer bestimmten Krebsart in der Familie oder bereits im Kindes- und jungen Erwachsenenalter auftretender Krebs sein. Eine Analyse bestimmter krebsassoziierter Gene könnte Aufschluss über das Risiko geben.
»Zunächst bitten wir Ratsuchende darum, uns grundlegende Angaben zu Krebserkrankungen in der Familie zukommen zu lassen. Auf dieser Grundlage können wir einschätzen, ob eine genetische Beratung und Diagnostik hilfreich sein kann. Eine direkte Anfrage an eine genetische Ambulanz ist immer möglich«, erklärt Professor Dr. Evelin Schröck, Direktorin des Instituts für Klinische Genetik des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, in einer Pressemitteilung des Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC).
Nach der familiären Anamnese, einer körperlichen Untersuchung und der Betrachtung der individuellen Lebensstilfaktoren entscheiden Betroffene und Ärzte auf Grundlage verschiedener Einschlusskriterien gemeinsam, ob eine genetische Diagnostik angebracht ist. Schröck plädiert dafür, die Einschlusskriterien auszuweiten, um mehr Menschen mit Risikofaktoren eine Diagnostik zu ermöglichen.
Die Expertin verdeutlicht: »Internationale Untersuchungen zeigen, dass mit den aktuellen Kriterien nur rund die Hälfte der Personen mit einer erblichen Krebsveranlagung erfasst wird. Wir konnten kürzlich in einer deutschlandweiten Studie zeigen, dass bei Patienten mit seltenen Tumorerkrankungen eine erbliche Disposition in 75 Prozent der Fälle nur durch zusätzliche Untersuchungen im Rahmen der Studie diagnostiziert wurde. Hier sehen wir auch einen politischen Handlungsbedarf.« Zwar sei eine größere Anzahl an genetischen Analysen mit höheren Kosten verbunden, diese seien aber im Vergleich zu den Kosten für eine Krebstherapie gering, betont Schröck.
Bei genetischen Analyse werde das Blut auf Gene untersucht, von denen bekannt ist, dass sie das Risiko für Krebs erhöhen, heißt es in der Pressemitteilung. »Wenn möglich, wird die Diagnostik bei einem bereits erkrankten Familienmitglied vorgenommen. Wird hier eine Veränderung der DNA gefunden, die als pathogene Variante für ein genetisches Tumorrisikosyndrom bewertet wird, kann anschließend bei anderen Familienmitgliedern gezielt danach gesucht werden«, erklärt Schröck. Häufig übernähmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für einen Gentest, sofern die Ärzte diesen befürworten. Oft sei jedoch eine Kostengenehmigung durch die GKV notwendig.
Manchmal ließen sich trotz familiärer Häufung von Krebsfällen jedoch keine mit Krebs assoziierten Veränderungen im Erbgut nachweisen, informiert das NCT/UCC. Dies könne etwa daran liegen, dass Mutationen zwar bestehen, aber von den eingesetzten Routine-Methoden nicht detektiert werden können. Auch könnten mehrere Erbgut-Faktoren zusammenkommen, die jeweils das Krebsrisiko nur geringfügig, in ihrer Gesamtheit aber relevant erhöhen. Letztlich könnten auch familiäre Gewohnheiten und Lebensstilfaktoren wie eine ungesunde Ernährung, Rauchen oder zu wenig Bewegung das Krebsrisiko innerhalb der Familie beeinflussen.