EU stellt Rx-Boni-Verfahren gegen Deutschland ein |
Die EU-Kommission will die Bundesrepublik nicht länger drängen, die Rx-Preisbindung aufzuheben. / Foto: imago images/Shotshop
Ein seit 2013 laufender Konflikt zwischen der EU-Kommission und der Bundesrepublik Deutschland, der sich um die Preisbindung für Rx-Arzneimittel drehte, ist gelöst. Seit wenigen Tagen ist das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland in dieser Sache offiziell eingestellt – in der Datenbank der EU-Verfahren gegen die Mitgliedsländer heißt es zum Rx-Boni-Konflikt nunmehr »Verfahren eingestellt«.
Der Inhalt des Verfahrens dürfte bekannt sein: Vor acht Jahren hatte die EU-Kommission die Bundesrepublik aufgefordert, das Arzneimittelrecht so anzupassen, dass die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneien dem freien Warenverkehr innerhalb der EU nicht mehr entgegensteht. 2016 folgte dann das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), in dem es ebenfalls um die Rx-Preisbindung ging. Der EuGH monierte in seinem Urteil, dass das ehemalig im Arzneimittelgesetz (Paragraph 78) verankerte Rx-Boni-Verbot für ausländische Versender ein Verstoß gegen die EU-Warenverkehrsfreiheit darstelle.
Doch auch nach dem EuGH-Urteil passierte erst einmal nichts. Die EU-Versender konnten ihre jahrelang geübte Boni-Praxis nun zwar auch legal und öffentlich anbieten. Aber eine politische Reaktion auf das Urteil, also eine Streichung des oben beschriebenen Passus aus dem AMG, folgte nicht. Die EU-Kommissionverschärfte im Jahr 2019 daher ihre Bemühungen in dieser Sache und sendete eine begründete Stellungnahme an die Bundesrepublik. Die Kommission gab Deutschland damals zwei Monate Zeit, um die Rx-Preisbindung anzupassen, andernfalls drohe eine erneute Klage, hieß es damals.
Erneut gab es jedoch keine schnelle Lösung des Versandhandelskonflikts. Erst seit Mitte Dezember 2020 wurde mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) auch auf nationaler Ebene reagiert. Der Kern des VOASG ist ein im SGB V etabliertes Rx-Boni-Verbot für alle Marktteilnehmer. Heißt konkret: Die Große Koalition transportierte die Rx-Preisbindung aus dem AMG ins SGB V. Eine Folge davon: Die Preisbindung gilt seitdem nur noch im GKV-Bereich, Privatpatienten dürfen rein theoretisch Rx-Preisnachlässe angeboten werden.
Die EU-Kommission scheint sich mit dieser Lösung zufriedenzugeben. Schon vor einigen Wochen hatte der EU-Versender angegeben, dass man von Thierry Breton, EU-Kommissar für den Binnenmarkt, vorgewarnt worden sei, dass das Verfahren bald eingestellt werde. Auf Nachfrage der PZ hatte das Kommissariat die Verfahrenseinstellung im August noch dementiert und darauf verwiesen, dass man zunächst noch die Zustimmung aller anderen Kommissarinnen und Kommissare benötige. Dies ist nun erfolgt: Seit wenigen Tagen ist das Verfahren offiziell eingestellt.
Marktrelevant ist dies jedoch nur bedingt. Die beiden großen EU-Versender, die sich nach dem EuGH-Urteil eine Preisschlacht lieferten, bieten schon seit Inkrafttreten des VOASG keine Nachlässe auf Rx-Präparate mehr an.