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Krebstherapie

Erstmals baseneditierte T-Zellen beim Menschen eingesetzt

Eine Patientin mit T-Zell-akuter lymphatischer Leukämie hat als erster Mensch weltweit mit Base-Editing veränderte CAR-T-Zellen als Therapie erhalten. Ein halbes Jahr später befindet sie sich noch in Remission, berichten Forschende aus Großbritannien.
Christina Hohmann-Jeddi
19.12.2022  14:30 Uhr

Bei der 13-jährigen Patientin war 2021 die Blutkrebsform T-Zell-akute lymphatische Leukämie (T-ALL) diagnostiziert worden, bei der die Zellen entarten, die normalerweise zu T-Zellen heranwachsen. Sie sei zunächst mit konventionellen Krebstherapien inklusive Chemotherapie und Knochenmarktransplantation behandelt worden, doch der Krebs kam zurück, heißt es in einer Mitteilung des University College London (UCL).

Ein Forscherteam um Dr. Robert Chiesa vom Great Ormond Street Hospital for Children in London und Kollegen vom UCL nahmen sie als erste Patientin in eine Studie auf, in der sie genmodifizierte T-Zellen von einem gesunden Spender erhielt. Diese waren mit einem Verfahren namens Base-Editing, das gezielte Basenveränderungen der DNA erlaubt, so behandelt worden, dass sie die entarteten T-Zellen der Patientin angriffen, ohne sich gegenseitig zu zerstören. Nach 28 Tagen sei sie in Remission gewesen, teilen die Forschenden mit. Anschließend erhielt sie eine Knochenmarktransplantation, um das zerstörte Immunsystem wieder aufzubauen. Jetzt, ein halbes Jahr nach der Therapie, gehe es ihr gut.

Für die Erkrankung B-Zell-akute lymphatische Leukämie sind sogenannte CAR-T-Zellen inzwischen etabliert. Bei dieser personalisierten Krebstherapie werden T-Zellen des Patienten isoliert und ex vivo genetisch so verändert, dass sie einen chimären Antigen-Rezeptor (CAR) produzieren, der Merkmale auf B-Zellen erkennt und diese zerstört. Die CAR-T-Zellen werden dann den Patienten reinfundiert.

Diese Therapie für T-ALL zu entwickeln, ist bedeutend schwieriger, da die auf T-Zellen abgerichteten CAR-T-Zellen sich im Produktionsprozess gegenseitig vernichten würden. Das Team aus London fügte daher eine Modifikation ein, die das verhindern sollte: Es schaltete das Gen für den T-Zell-Marker CD7 aus.

Zusätzlich schaltete es das Gen für einen zweiten Marker (CD52) aus, sodass die editierten T-Zellen nicht von bestimmten Krebsmedikamenten (Anti-CD52-Antikörpern) erkannt werden. Zudem fügten die Forschenden einen CAR ein, der den CD7-Rezeptor auf den entarteten T-Zellen erkennt und diese abtötet. Als Viertes entfernten sie auch weitere Rezeptoren, sodass die T-Zellen universell einsetzbar sind und nicht individuell auf die Patienten angepasst werden müssen.

Die Modifikationen wurden per Base-Editing vorgenommen, wobei einzelne Basen chemisch in andere Basen verändert werden. So kann etwa ein Gen ausgeschaltet werden, indem der genetische Code so verändert wird, dass weit vorne im Gen ein Stopp-Codon eingebaut wird und somit das Protein nicht mehr produziert wird. Bei den etablierten CAR-T-Zellen werden zum Einfügen des Gens für den CAR virale Vektoren verwendet, bei Tisagenlecleucel (Kymriah®) und Lisocabtagen maraleucel (Breynazi®) etwa sind dies Lentiviren.

»Base-Editing ist unsere bisher raffinierteste Genmodifikationstechnik und ebnet den Weg zu weiteren neuen Therapien und letztlich zu einer besseren Zukunft für kranke Kinder«, sagte Professor Dr. Waseem vom Great Ormond Street Hospital for Children. In die laufende Studie sollen laut Mitteilung insgesamt zehn Kinder mit T-Zell-Leukämie aufgenommen werden, die keine anderen Therapieoptionen mehr haben. Falls erfolgreich soll die Therapie auch Kindern in einer früheren Phase der Erkrankung angeboten werden.

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