Erste Frau von HIV »geheilt« |
Annette Rößler |
17.02.2022 16:45 Uhr |
Ist im Blut eines ehemals mit HIV infizierten Menschen trotz Absetzen der Medikamente kein Virus mehr nachweisbar, spricht man von einer Remission. / Foto: Getty Images/Callista Images
Eine Mutation im Gen für den Chemokinrezeptor CCR5 auf T-Helferzellen (CCR5Δ32) macht den Träger immun gegen eine HIV-Infektion, weil sie diesen Rezeptor, den das Virus unter anderem benötigt, um in die Zellen einzudringen, so verändert, dass dies dem Erreger nicht mehr gelingt. Bislang war es erst zweimal gelungen, einen HIV-Patienten, bei dem diese Mutation eigentlich nicht vorlag, damit »auszustatten« und ihn so bezüglich der HIV-Infektion in Remission zu bringen. Beides waren Männer, die zusätzlich zu ihrer HIV-Infektion eine Blutkrebserkrankung entwickelt hatten und sich daher einer Stammzelltransplantation unterziehen mussten.
Sowohl im Fall des sogenannten Berliner Patienten als auch beim sogenannten Londoner Patienten wurden als Stammzellspender gezielt Personen mit dem Merkmal CCR5Δ32/Δ32 ausgewählt; die Spender waren also homozygot bezüglich dieser Mutation. Dieser spezielle Genotyp kommt generell nicht häufig vor, wenn überhaupt, dann aber vor allem bei Kaukasiern. Da bei der Transplantation von Stammzellen eines adulten Spenders die Übereinstimmung der HLA-Eigenschaften mit dem Empfänger hoch sein muss, um eine heftige Abstoßungsreaktion (Graft-versus-Host-Disease, GVHD) zu vermeiden, ist die spezielle Konstellation aus einem HIV-positiven Empfänger und einem passenden CCR5Δ32/Δ32-positiven Spender überaus selten.
Stammzellen aus Nabelschnurblut haben gegenüber Stammzellen von adulten Spendern den Vorteil, dass sie auch bei weniger exzellenter Übereinstimmung der HLA-Eigenschaften besser vertragen werden, brauchen dafür aber länger, bis sie nach der Infusion voll funktionsfähig sind. Der Patient steht daher auch länger ohne funktionierende Immunabwehr da und ist entsprechend infektanfällig. Im jetzt bekannt gewordenen Fall der sogenannten New Yorker Patientin fanden die behandelnden Ärzte um Professor Dr. Yvonne Bryson von der University of California in Los Angeles jedoch einen Weg, um diesen Nachteil auszugleichen.