Dritte HIV-Heilung nach Stammzell-Übertragung |
Um seinen Blutkrebs zu behandeln, war der Düsseldorfer HIV-Patient auf eine Stammzell-Transplantation angewiesen. Die Ärzte fanden einen Spender mit besonderer Mutation auf den weißen Blutkörperchen, durch die die HI-Viren die Zellen nicht kapern können (Symbolbild mit roten Blutkörperchen). / Foto: Getty Images/Science Photo Library - SCIEPRO
Nachdem diese Methode bereits beim «Berliner Patienten» und beim «Londoner Patienten» erfolgreich angewandt wurde, hofft das Forschungsteam auf Behandlungsmöglichkeiten auch für HIV-Infizierte ohne Krebs und setzt dabei auf gentherapeutische Ansätze. Unabhängige Experten sehen allerdings noch gravierende Hindernisse.
Bei dem «Düsseldorfer Patienten» war 2011 drei Jahre nach seiner HIV-Diagnose eine akute myeloische Leukämie (AML) festgestellt worden. 2013 erhielt er eine Stammzellentransplantation. «Ziel der Transplantation war von Beginn an, sowohl die Leukämie als auch das HI-Virus in den Griff zu bekommen», erklärte Professor Dr. Guido Kobbe von der Uniklinik Düsseldorf, der den Eingriff durchführte.
Die Stammzellen verfügten (wie auch jene zweier vergleichbarer Fälle aus Berlin und London) über eine spezifische Genmutation namens CCR5Δ32. Diese Mutation, die vor allem bei Menschen aus Nord- und Mitteleuropa vorkommt, insgesamt aber sehr selten ist, sorgt für das Fehlen einer Andockstelle für HIV auf den Immunzellen. Ohne eine solche Andockstelle findet das Virus keine Eintrittspforte und kann die Zellen nicht infizieren, was Träger der Mutation nahezu resistent gegen den Erreger macht.
Tatsächlich führte die Transplantation zu einer Remission der HIV-Symptome, so dass das Behandlungsteam 2018 entschied, die antivirale HIV-Therapie abzusetzen, berichten die Mediziner heute im Fachjournal »Nature Medicine«. Die folgende mehrjährige Überwachung des Patienten belegte den anhaltenden Erfolg: Heute sprechen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von einer vollständigen Heilung des mittlerweile 53-Jährigen.
Dr. Björn Jensen, Teil des internationalen Ärzteteams, bilanzierte: «Wir können nach unserer intensiven Forschung jetzt bekräftigen, dass es grundsätzlich möglich ist, durch Kombination von zwei wesentlichen Methoden die Vermehrung des HI-Virus nachhaltig zu unterbinden.» Das sei einerseits die weitgehende Entleerung des Virus-Reservoirs in langlebigen Immunzellen und zum anderen die Übertragung der HIV-Resistenz des Spender-Immunsystems auf den Empfänger. «So hat das HI-Virus keine Chance, sich erneut zu vermehren.»
Eine solche Therapie ist derzeit allerdings nur für wenige Patienten möglich: Zum einen, weil die Zahl geeigneter Spender mit der Mutation so gering ist. Zum anderen, weil eine Stammzelltransplantation aufgrund der vielen Risiken nur im Rahmen der Behandlung anderer lebensbedrohlicher Erkrankungen wie eben Krebs eingesetzt werden kann.