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Anaphylaxien vermeiden

Erst testen lassen, dann impfen

Anaphylaxien dürften für die anstehenden Covid-19-Impfungen für das Apothekenteam die gefürchtetste Nebenwirkung sein. Wie geht man mit Patienten mit positiver Allergieanamnese in der Offizin um? Das erklärt Professor Dr. Ludger Klimek, Präsident des Ärzteverbands deutscher Allergologen (AeDA).
Elke Wolf
28.01.2022  15:30 Uhr

Seit anaphylaktische Reaktionen in Zusammenhang mit den Coronavakzinen aufgetreten sind, sind Allergiker verunsichert, ob sie sich überhaupt impfen lassen können. Die Erfahrung des vergangenen Jahres zeige jedoch, dass diese Sorge meist unbegründet ist. »Für die allerwenigsten Allergiker gibt es eine Kontraindikation«, sagte Klimek, der auch Leiter des Allergiezentrums in Wiesbaden ist, bei einem Webinar von pharma4u. »In den kniffligen Fällen empfehle ich die Zusammenarbeit mit einem Allergiezentrum. Verweisen Sie Ihre Impfwilligen zuvor an ein Testzentrum, das auf Covid-19-Allergietests spezialisiert ist, um eine exakte Diagnose durchzuführen«, sagte Klimek. Dann sei meist doch eine Impfung möglich, eventuell mit einer anderen Vakzine beziehungsweise unter bestimmten Vorsichtsmaßnahmen.

Für eine bevorstehende Covid-19-Impfung empfiehlt Klimek ein pragmatisches Vorgehen nach einem Ampelschema auch in der Apotheke. Dieses Flussdiagramm, das der AeDA zusammen mit dem Paul-Ehrlich-Institut und dem Robert Koch-Institut entwickelt hat, fasst die Vorgehensweise nach aufgetretenen Anaphylaxien infolge Covid-19-Impfung und bei Personen mit jeglicher Allergie in der Anamnese zusammen. »Die Ampel steht auf grün und Sie können regulär mit einer 15-minütigen Nachbeobachtungszeit impfen, wenn es sich um eine Allergie in der Anamnese auf Tierhaare oder Nahrungsmittelbestandteile handelt oder auch wenn eine Neurodermitis, Insektengiftallergien oder Unverträglichkeiten oraler Medikamente vorliegen«, sagte Klimek

Laut Flussdiagramm können Personen, bei denen in der Vergangenheit eine Mastozytose oder Anaphylaxien nach Gabe von Medikamenten oder anderen Impfstoffen aufgetreten sind, die auf andere, nicht in Covid-19-Impfstoffen enthaltene Bestandteile zurückzuführen sind, geimpft werden. Es sollte jedoch die Nachbeobachtungszeit von 15 auf 30 Minuten verlängert werden. »Gibt der Patient allerdings im Vorgespräch an, dass er schon mal auf ein Röntgenkontrastmittel, ein Darmentleerungsmittel zur Koloskopie oder Narkosemittel reagiert hat, ist das ein Warnsignal aufgrund der enthaltenen Polyethylenglycole (PEG). Auch wenn Patienten ihren Allergiepass nicht dabeihaben oder das auslösende Agens nicht diagnostiziert wurde, sollten Sie die Betroffenen in ein Allergiezentrum schicken«, so Klimek. Das gilt freilich auch für Patienten mit einer Allergie auf einen Bestandteil der Covid-19-Impfstoffe oder nach einer Anaphylaxie auf die Erst-, Zweit- oder Booster-Impfung.

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