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Long Covid

Erektionsprobleme als Folge der Coronainfektion

Nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 kann es auch zu langanhaltenden Erektionsproblemen kommen. Diese können verschiedene Ursachen haben. Sie sind aber offenbar selten.
Christina Hohmann-Jeddi
05.11.2021  18:06 Uhr

Eine SARS-CoV-2-Infektion kann offenbar auch zu Problemen mit der Erektion und der Fruchtbarkeit führen. Das berichteten US-amerikanische Forschende um Dr. Andrea Sansone von der Universität Rom bereits im Juli 2020 im »Journal of Endocrinological Investigation«. Diese Beschwerden können auch monatelang anhalten und unterschiedliche Ursachen haben. Als potenzielle Mechanismen seien endotheliale Dysfunktion, Testosteronmangel, die Verschlechterung der pulmonalen oder kardialen Gesundheit sowie psychischer Stress zu nennen. 

Eine potenzielle Ursache, nämlich die Schädigung des Blutzuflusses zum Penis konnte bereits von einem Forschungsteam um Eliyahu Kresch von der University of Miami im Juli 2021 nachgewiesen werden. Es hatte von zwei Patienten mit schwerer erektiler Dysfunktion (ED), die aufgrund der Beschwerden künstliche Schwellkörper in den Penis transplantiert bekamen, bei der OP entnommene Gewebeproben untersucht. Beide Männer waren zuvor an Covid-19 erkrankt gewesen. In den Proben entdeckten die Forschenden extrazelluläre Viruspartikel in der Nähe der Endothelzellen der Blutgefäße, die in Proben von nicht infizierten Männern, die als Vergleich dienten, nicht vorhanden waren. Die RNA des Coronavirus konnte auch mittels PCR in den Proben der Genesenen nachgewiesen werden, obwohl die eigentliche Infektion schon lange zurücklag.

Zudem bestimmten die Forschenden den Level der endothelialen Stickstoffmonoxid-Synthase (eNOS), einem Marker der Endothelfunktion, in den Gewebeproben. Bei den von Covid-19 Genesenen lagen die Spiegel des Enzyms deutlich niedriger als bei Patienten mit ED, die aber nie mit dem Coronavirus infiziert gewesen waren. Ihre Daten stellte das Team im Juli im »World Journal of Men’s Health« vor. Das SARS-CoV-2-Virus könne auch lange nach überstandener Infektion noch im Penis persistieren, folgern die Forscher. Die durch das Virus verursachten Schäden an den Blutgefäßen könnten die Durchblutung des Penis stören und somit zu einer erektilen Dysfunktion führen. Dass SARS-CoV-2 Blutgefäße schädigen kann, ist von anderen Organen schon lange bekannt.

Testosteronmangel nach überstandener Infektion

Neben diesem Mechanismus der Gefäßschädigung könnte die Virusinfektion auch über einen weiteren Mechanismus zu einer ED führen: über einen Testosteronmangel. Darauf weist eine Untersuchung von Forschenden um Andrea Salonia vom Krankenhaus IRCCS Ospedale San Raffaele in Mailand, Italien, hin, die Ende August im Journal »Andrology« erschien. Das Team hatte 121 Männer, die aufgrund von Covid-19 hospitalisiert worden waren, bis zu sieben Monate nachbeobachtet. Innerhalb der sieben Monate nach Krankenhausentlassung stiegen die Testosteronspiegel bei fast 90 Prozent der untersuchten Männer von einem niedrigen Level aus wieder an, bei 10 Prozent fielen sie aber weiter ab, berichtet das Team. Bei immerhin 55 Prozent der Probanden waren die Spiegel nach sieben Monaten noch so gering, dass man von einem Testosterondefizit (Hypogonadismus) sprechen müsse, heißt es in der Publikation. Je mehr Vorerkrankungen bei der Krankenhausaufnahme bestanden hätten, desto niedriger sei die Chance, dass die Testosteronspiegel sich wieder erholten. Ein Testosteronmangel kann zu Problemen mit der Potenz und der Libido führen.

Zusätzlich kann eine Coronainfektion auch über psychische Mechanismen die Potenz beeinträchtigen. So kann der durch die SARS-CoV-2-Infektion ausgelöste Stress, aber auch Angst oder depressive Verstimmung, das Sexualleben stören.

Insgesamt sind Erektionsstörungen aber offenbar eine recht seltene Folge der Coronainfektion. Einer Analyse von Forschenden aus Kolumbien zufolge, berichten 3 Prozent der 100 befragten Long-Covid-Patienten von entsprechenden Beschwerden (»Autoimmunity Reviews«, 2021).

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