Entzündung stoppen, Remission erhalten |
Konnte eine Remission medikamentös eingeleitet werden, muss eine Erhaltungstherapie folgen. Dafür eignen sich perorale 5-Aminosalicylsäure sowie Immunsuppressiva wie Thiopurine und Methotrexat (subkutan) bei Patienten mit steroidabhängigem MC.
Pankreatitis, Leukopenie, Übelkeit, allergische Reaktionen und Infektionen sind die häufigsten schwerwiegenden Nebenwirkungen einer Thiopurin-Therapie. Da viele Beobachtungsstudien ein erhöhtes Risiko für Lymphome und Hautkrebs bei Patienten unter Thiopurinen gesehen haben, sollten die Patienten regelmäßig überwacht oder auf monoklonale Antikörper umgestellt werden.
Unter einer Therapie mit Thiopurinen sollten die Patienten regelmäßig vom Dermatologen untersucht werden, da diese Medikation das Risiko für Lymphome und Hautkrebs erhöht. / Foto: Adobe Stock/Evgeniy Kalinovskiy
Haben die Patienten mit Anti-TNF-Präparaten eine Remission erreicht, sollte diese Medikation (als Monotherapie, also ohne Immunsuppressiva) fortgesetzt werden. Für den Remissionserhalt gab es keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen Infliximab, Adalimumab und Certolizumab Pegol (14, 15).
Vergleichbares gilt für Vedolizumab und Ustekinumab: Patienten mit mittelschwerem bis schwerem MC, die damit eine Remission erreicht haben, bekommen die Antikörper weiterhin zur Erhaltungstherapie (16).
Immunsuppressiva und biologische Wirkstoffe sind die wirksamsten Therapeutika zur Aufrechterhaltung einer medizinisch induzierten Remission bei mittelschwerem bis schwerem Morbus Crohn. Aminosalicylate und Steroide werden in dieser Erkrankungsphase nicht empfohlen.
Zahlreiche Antikörper und niedermolekulare Wirkstoffe sind aktuell in der Erprobung für die Indikation Morbus Crohn. Diese zielen ab auf TNF-α als das wichtigste Zielmolekül, das heute bei CED-Patienten adressiert wird, aber auch auf die Interleukine IL-12 und -23, die Januskinasen oder das Enzym Phosphodiesterase.
AVX-470 ist ein oral verabreichter polyklonaler TNF-α-Antikörper, der aus Kuhkolostrum stammt (Tabelle 2). Aufgrund der Galenik mit verzögerter Freisetzung werden die Antikörper im Dünn- und Dickdarm freigesetzt; somit könnte die neue orale Galenik die Darmspezifität in die Anti-TNF-Behandlung einbringen. Eine orale Formulierung erhöht zudem die Adhärenz und die Patientensicherheit. Zusätzliche Nebenwirkungen im Vergleich zu einer etablierten Anti-TNF-Behandlung sind nicht zu erwarten. Es sind jedoch größere Studien erforderlich, um die Wirksamkeit dieses interessanten neuen Arzneimittels nachzuweisen.
Wirkstoff | Targetmolekül | Studiendaten, Indikation | Zulassung |
---|---|---|---|
Orale TNF-α-Antikörper | |||
AVX-470 (orale polyklonale IgA) | TNF-α | kleine CU-Studie Phase I (n = 36), NCT01759056 | keine |
Anti-IL-12 und Anti IL-23 | |||
Ustekinumab | p40 | große Studien | für MC, CU, Psoriasis, Psoriasis-Arthritis |
Briakinumab, ABT-874 | p40 | negative MC-Studie | keine |
Brazikumab (MEDI2070) | p19 | Phase II: MC, NCT02574637 | keine |
Risankizumab (BI 655066) | p19 | Phase II: MC, NCT02513459 | Psoriasis |
Mirikizumab (LY3074828) | p19 | Phase II: MC, CU.Phase III: MC, NCT04232553 | keine |
Guselkumab | p19 | Phase III: MC, NCT04397263 | Psoriasis |
Tildrakizumab | p19 | keine CED-Studien | Psoriasis |
Wirkstoff | Targetmolekül | Studiendaten, Indikation | Zulassung |
---|---|---|---|
Tofacitinib | JAK1/JAK3 | für CU, bei MC wurde in Phase IIb Endpunkt verpasstNCT01393626, NCT01393899 | für CU, RA und Psoriasis-Arthritis |
Filgotinib | JAK1 | Phase II: MCPhase III: MC, NCT02914600 | keine |
Upadacitinib, ABT-494 | JAK1 | Phase II erfolgreich bei CU, Endpunkt verfehlt bei MCPhase III: MC, NCT03345836Phase III: MC, NCT03345849 | RA |
TD-1473 | Pan-JAK mit intestinaler Wirksamkeit | kleine Phase-Ib-Studie für CUPhase II: MC, NCT03635112 | keine |
BMS-986165 | TYK2 | Phase II: MC, NCT03599622 | keine |
Brepocitinib (PF-06700841) | TYK2 und JAK1 | keine CED-Daten | keine |
PF-06651600 | JAK3 | Phase II: MC, NCT03395184 | keine |
Wirkstoff | Targetmolekül | Studiendaten, Indikation | Zulassung |
---|---|---|---|
Inhibition der Lymphozyten-Adhäsion: Integrin- und MadCAM-1 Inhibitoren | |||
Natalizumab | α4-Integrin | MC, kleine Open Label Studie bei CU | Multiple Sklerose, MC (Reservepräparat FDA), keine EMA-Zulassung |
Vedolizumab | α4β7-Integrin | MC und CU | CU, MC |
Abrilumab | α4β7-Integrin | Phase IIb: CU | keine |
Etrolizumab | β7-Integrin | Phase II: CU, Phase III: MC | keine |
AJM300 | α4-Integrin | Phase IIa: CU | keine |
PF-00547659 | MadCAM-1 | keine | |
Lymphozytentrapping: S1PR-Modulatoren | |||
Fingolimod | S1PR1, 3, 4, 5 | keine für CED | Multiple Sklerose |
Ozanimod | S1PR1, 5 | Phase III: CU und MC | Multiple Sklerose |
Etrasimod | S1PR1, 4, 5 | Phase II: CU | keine |
Tabellen 2–4:
Literatur zu den Substanzen siehe auch Misselwitz et al. 2020; beispielhaft sind Studien aus dem Clinical Trials Gov Register genannt.
CU: Colitis ulcerosa, MC: Morbus Crohn, RA: Rheumatoide Arthritis
Die kombinierte IL-12/IL-23-Hemmung (Ustekinumab und möglicherweise Briakinumab) und die selektive Hemmung von IL-23 (Brazikumab, Risankizumab und Mirikizumab) sind in der MC-Behandlung wirksam (Tabelle 2; Grafik). Für Ustekinumab zeigen Langzeitdaten ein ausgezeichnetes Sicherheitsprofil bei mehr als 5000 Patienten (17), von denen einige mehr als fünf Jahre beobachtet wurden. Interessanterweise verschlimmert eine Hemmung des IL-23-Effektorzytokins IL-17 die Darmentzündung. Bisher gibt es keinen Hinweis darauf, dass der theoretische Vorteil der selektiven p19-Hemmung, die nur IL-23, aber nicht IL-12 beeinflussen würde, die Wirksamkeit oder Nebenwirkungen signifikant beeinflusst. Um den Stellenwert einzelner IL-12/IL-23-Antikörper in einem rationalen Behandlungsalgorithmus zu klären, sind Head-to-Head-Studien nötig.
Auch die JAK-Hemmung ist vielversprechend. Das erste Medikament dieser Klasse, Tofacitinib, ist für die Behandlung der Colitis ulcerosa zugelassen (Tabelle 3). Zu den Nebenwirkungen zählen Herpes zoster (Herpes-Impfung vor Therapiestart empfohlen), Reaktivierung des Cytomegalievirus, Cholesterolanstieg und Nephrotoxizität. Darüber hinaus wurde kürzlich für eine Dosis von 10 mg Tofacitinib ein erhöhtes Risiko für Lungenembolien beobachtet (Rote-Hand-Brief vom März 2020). Hohe Dosen sollten bei Patienten mit einem erhöhten thromboembolischen Risiko vermieden werden. Eine Anämie als Nebenwirkung der JAK2-Hemmung trat selten auf.
Zum Remissionserhalt bei Morbus Crohn werden orale Medikamente wie 5-ASA, Thiopurine und JAK-Inhibitoren eingesetzt, aber auch Biologika. / Foto: Adobe Stock/Edler von Rabenstein
Angesichts der begrenzten Behandlungsoptionen für einige CED-Patienten ist die JAK-Hemmung eine willkommene Ergänzung der Therapiepalette. Obwohl keine Head-to-Head-Studien vorliegen, könnte Tofacitinib ähnlich wirksam wie ein TNF-α-Inhibitor sein. Allerdings war es bei MC nicht erfolgreich (18). Andere JAK-Inhibitoren wie Filgotinib und Upadacitinib werden vermutlich ihren Platz in der Crohn-Therapie finden. Neue Präparate mit besserer Spezifität für JAK1 oder TYK2 könnten die Wirksamkeit von JAK-Inhibitoren optimieren.
Einen ganz anderen Ansatz verfolgen Hemmstoffe der Phosphodiesterase 4, die den Abbau von cAMP katalysiert. In der Folge wird das Netzwerk von pro- und antiinflammatorischen Mediatoren intrazellulär moduliert. Apremilast ist zur Behandlung von Psoriasis und Psoriasis-Arthritis zugelassen. Eine Phase-II-Studie mit 170 Colitis-Patienten zeigte eine klinische Remission bei 31,6 Prozent der mit Verum behandelten Patienten gegenüber 13,8 Prozent in der Placebogruppe. Unklar ist, ob therapeutische Ansätze für CED weiterverfolgt werden.