Entzündung stoppen, Remission erhalten |
Die Therapie zielt darauf ab, kurzfristig eine Remission zu induzieren und diese langfristig aufrechtzuerhalten. Die Erkenntnis, dass chronische und unbehandelte Entzündungen (auch wenn sie asymptomatisch sind) letztlich zu schlechten Verläufen führen (7), hat einen Paradigmenwechsel bewirkt. Frühzeitige medikamentöse Intervention und intensive Überwachung können Komplikationen verhindern.
Zusätzlich zur medikamentösen Therapie beinhaltet das MC-Management eine Reihe allgemeiner Maßnahmen. Die Patienten sollten zum Rauchstopp ermutigt, Ernährungsdefizite behoben und therapiebedingte Nebenwirkungen wie Krebs und Infektionen überwacht werden. Ebenfalls wichtig sind Hinweise zu Impfungen, Osteoporose-Prophylaxe und Sonnenschutz, die ausführlich in den Leitlinien der European Crohn’s and Colitis Organisation (ECCO, 2020) für Morbus Crohn beschrieben werden (5, 8).
Im Folgenden werden Induktions- und Erhaltungstherapien anhand der ECCO-Leitlinie und aktueller Studiendaten näher vorgestellt.
Budesonid wird zur Induktion einer klinischen Remission bei Patienten mit aktivem leichten bis mittelschweren MC empfohlen, wenn dieser auf das Ileum und/oder das Colon ascendens beschränkt ist. 5-ASA wird dagegen nicht empfohlen. Nach einer aktuellen Cochrane-Review- und Metaanalyse scheinen 9 mg Budesonid peroral täglich optimal zu sein. Zwar ist Budesonid gegenüber herkömmlichen Corticosteroiden weniger wirksam zur Induktion einer Remission, aber das Nebenwirkungsprofil ist signifikant besser (9).
Zahlreiche Studien haben die Wirksamkeit einer antibiotischen Behandlung bei MC untersucht (Metronidazol, Ciprofloxacin und antimykobakterielle Therapien). Vor Kurzem hat die Europäische Arzneimittelagentur EMA die Verwendung von Ciprofloxacin jedoch aufgrund von potenziell dauerhaften Nebenwirkungen und Langzeitschäden eingeschränkt (EMA/668915/2018). Daher werden Antibiotika nicht mehr empfohlen, obwohl sie bei septischen Komplikationen weiterhin indiziert sind.
Zur Induktionstherapie bei Patienten mit aktivem mittelschweren bis schweren Morbus Crohn gibt es eine Reihe von Optionen, darunter systemische Corticosteroide (Kasten).
Methylprednisolon wird in einer Dosis von 48 mg/Tag (maximale Tagesdosis in Studien: 60 mg) peroral verabreicht und wöchentlich auf 32 mg, 24 mg, 20 mg, 16 mg und 12 mg reduziert. Die Medikation wird normalerweise über acht bis zwölf Wochen bis auf 2,5 bis 5 mg/Tag reduziert und dann langsam abgesetzt. Gemäß einem systematischen Cochrane-Review (10) waren Corticosteroide bei der Induktion der klinischen Remission doppelt so wirksam wie Placebo. Die Rate an Nebenwirkungen war allerdings fünffach höher.
Wichtig: Im Gegensatz zur Colitis ulcerosa hat 5-ASA keinen Effekt bei der Remissionsinduktion bei Morbus Crohn.
Zusätzlich zur Steroidtherapie werden Immunsuppressiva wie Azathioprin (AZA) oder 6-Mercaptopurin (Thiopurine) zur Remissionsinduktion empfohlen. Für Methotrexat (MTX) gibt es keine einheitliche Empfehlung (Kasten). Es kann jedoch als Option für steroidabhängige Patienten mit mittelschweren bis schweren Verläufen erwogen werden, wenn Alternativen (einschließlich chirurgischer Eingriffe) fehlen. Allerdings muss die MTX-Therapie bei Patienten mit Kinderwunsch abgebrochen werden.
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Obwohl systemische Corticosteroide bei mittelschwerem bis schwerem Morbus Crohn eine Remission induzieren, ist ihre Anwendung aufgrund von Nebenwirkungen begrenzt. Zudem verhindert die langfristige Anwendung nicht das Rezidiv. Daher wird in folgenden Situationen eine steroidsparende Strategie empfohlen:
Thiopurine allein induzieren keine Remission. Da sie nur langsam wirken (acht bis zwölf Wochen) und eine Remission bei steroidabhängigen Crohn-Patienten aufrechterhalten können, werden sie häufig zu Beginn der Therapie mit Steroiden kombiniert. Die Kombination aus Steroiden und MTX ist ebenfalls nur begrenzt wirksam und hat hohe Nebenwirkungsraten.
Haben die Patienten auf eine konventionelle Therapie nicht angesprochen, kommen monoklonale TNF-α-Inhibitoren wie Infliximab, Adalimumab und Certolizumab Pegol zum Einsatz, die die Entzündung schnell und gut wirksam hemmen. Certolizumab Pegol ist in der Europäischen Union nicht für MC-Patienten zugelassen, aber in der Schweiz und in Russland im Handel erhältlich.
Die Wahl des TNF-α-Antikörpers hängt von der Präferenz des Patienten, der Verfügbarkeit und den Kosten ab. Eine Netzwerk-Metaanalyse von 2015 ergab in einem paarweisen Vergleich, dass Infliximab plus AZA und die Adalimumab-Monotherapie der Certolizumab-Pegol-Therapie zur Induktion der Remission überlegen waren (11). Die ECCO-Leitlinie empfiehlt die Kombination von Adalimumab und Thiopurinen gegenüber einer Adalimumab-Monotherapie, um eine klinische Remission zu erreichen (5). Gemäß der SONIC-Studie70 sollte Infliximab als Monotherapie oder in Kombination mit AZA bei steroidabhängigen Patienten bevorzugt werden (13).
Wann biologische Wirkstoffe im Krankheitsverlauf eingesetzt werden sollen, ist umstritten. Patienten mit schlechten Prognosefaktoren, zum Beispiel mit fistulierender perianaler oder ausgedehnter Erkrankung, tiefen Ulzerationen und kompliziertem Phänotyp, könnten von der frühzeitigen Behandlung mit TNF-Inhibitoren profitieren. Ihr Risiko für Operationen, Krankenhausaufenthalte oder krankheitsbedingte Komplikationen sinkt (12). Darüber hinaus sind die Medikamente effektiver, wenn sie früher, das heißt in den ersten zwei Jahren im Krankheitsverlauf angesetzt werden.
Wenn die Remissionsinduktion weder mit konventioneller noch Anti-TNF-Therapie gelingt oder wenn Patienten die TNF-Inhibitoren absetzen müssen, können Ustekinumab oder Vedolizumab eingesetzt werden. Beide Antikörper werden als gleichwertig effektiv angesehen. Ustekinumab ist ein monoklonaler IgG1-Antikörper, der an die gemeinsame p40-Untereinheit der proinflammatorischen Interleukine (IL) 12 und 23 bindet (Grafik).
Grafik: IL-23 und IL-12 als Wirkstofftargets bei Morbus Crohn. Die Interleukine IL-23 und IL-12 teilen sich die p40-Untereinheit. Daher hemmen die p40-spezifischen Antikörper Ustekinumab und Briakinumab sowohl IL-12 als auch IL-23. Im Gegensatz dazu vermitteln p19-spezifische Antikörper die selektive IL-23-Inhibition. Nachgeschaltete Effektoren von IL-12 schließen TNF-α ein. IL-23 vermittelt die Th17-Differenzierung und die IL-17-Sekretion. Die Hemmung des IL-17-Wegs im Darm hat jedoch entzündungsfördernde Wirkungen. Blau: zugelassene Präparate, rot: Studienpräparate, TNF: Tumornekrosefaktor / Foto: PZ/Stephan Spitzer
Vedolizumab, ein monoklonaler IgG1-Antikörper, entfaltet eine sehr selektive entzündungshemmende Aktivität im Kolon. Durch die hochselektive Blockade von α4β7-Integrin, einem Adhäsionsmolekül auf der Oberfläche von aktivierten Lymphozyten, wird verhindert, dass diese sich an die dazu gehörigen MAdCAM-Rezeptoren binden. Diese Rezeptoren sind vor allem im Kolon zu finden. Dies erklärt die kolonspezifische Wirkungsweise.
Viele Crohn-Patienten müssen im Lauf ihres Lebens am Darm operiert werden. Eine frühzeitige Remissionsinduktion kann dieses Risiko verringern. / Foto: Adobe Stock/Iryna
Bislang gibt es keine direkte Vergleichsstudie der beiden Antikörper und keine Studie zur Wirksamkeit und Sicherheit von Kombinationstherapien im Vergleich zur Monotherapie.
Natalizumab, ein weiterer Integrin-Inhibitor, der für die Multiple Sklerose entwickelt wurde, ist weniger darmspezifisch und nur in den USA für Morbus Crohn zugelassen.
Trotz der medikamentösen Optionen: Bei Patienten mit mittelschwerem bis schwerem MC mit begrenztem Darmbefall oder Nichtansprechen auf mindestens einen monoklonalen Antikörper sollte eine Operation immer als Alternative erwogen werden.