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Arzneimittel

EMA fordert vorsorgliche Tests auf Nitrosamin

Laut der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA sollen nun alle Humanarzneimittel mit synthetischen Wirkstoffen auf Nitrosamin hin untersucht werden. Entdeckte Verunreinigungen sind der Behörde sofort zu melden.
Christina Hohmann-Jeddi
26.09.2019  16:24 Uhr

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA fordert heute in einer Mitteilung alle Zulassungsinhaber von Humanarzneimitteln dazu auf, ihre Präparate »als eine Vorsichtsmaßnahme« auf die Möglichkeit hin zu analysieren, dass Nitrosamine enthalten sein könnten, und die Produkte auch zu testen. Dies gilt für alle Präparate, die synthetische Wirkstoffe enthalten. Hintergrund dieser Forderung ist der Valsartan-Skandal, der im vergangenen Sommer zu umfassenden Rückrufaktionen geführt hatte. Damals waren in einer Reihe von Valsartan-haltigen Blutdrucksenkern Verunreinigungen mit N-Nitrosodimethylamin (NDMA) gefunden worden. Später wurden Verunreinigungen auch in anderen Blutdrucksenkern gefunden, die andere Sartane enthielten, sowie in Produkten mit Pioglitazon. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass auch in Ranitidin-haltigen Arzneimitteln die potenziell krebserregenden Stoffe nachgewiesen wurden

Die Firmen sollten dem CHMP zufolge bei ihrer Prüfung schrittweise vorgehen: In den kommenden sechs Monaten sollten die Unternehmen alle Produkte auf die Möglichkeiten einer Verunreinigung hin evaluieren und je nach ermitteltem Risiko priorisieren, wobei die Erkenntnisse der Übersichtsarbeit des CHMP zu Sartanen  genutzt werden können. Über die Ergebnisse der Risikoabschätzung ist die Behörde zu informieren, heißt es weiter. Risikobehaftete Präparate sind auf Verunreinigungen zu testen. Entdeckte Nitrosamin-Verunreinigungen sind der EMA sofort zu melden. Alle diese Schritte sind innerhalb von drei Jahren abzuschließen, wobei mit den am stärksten Risiko behafteten Arzneimitteln begonnen werden sollte.

Nitrosamine gelten als möglicherweise kanzerogen. Dies bedeutet, dass eine Langzeit-Exposition ab einer bestimmten Dosis das Krebsrisiko erhöhen kann, informiert die EMA. Obwohl es nicht wahrscheinlich ist, dass bei einem Großteil der Wirkstoffe im Herstellungsprozess Nitrosamin entsteht, hält die EMA es doch für wichtig, dass alle Firmen, die bis jetzt noch nicht aktiv wurden, entsprechende Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um entsprechende Verunreinigungen zu verhindern.

Erst vor Kurzem hatten deutsche Experten eine ähnlich, aber weitergehende Forderung gestellt: Professor Dr. Fritz Sörgel vom Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung (IBMP) in Nürnberg und Professor Dr. Ulrike Holzgrabe, Leiterin des Instituts für Pharmazie und Lebensmittelchemie an der Universität Würzburg, hatten in einer Mitteilung gefordert, in Zukunft alle Arzneimittel in unabhängigen Laboren zu überprüfen – und zwar nicht nur auf Nitrosamine, sondern auch auf mögliche andere Verunreinigungen.

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