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Ins Depot geschaut

Elegante Standgefäße aus Berlin

Große, elegant geschwungene Apothekengefäße aus wertvollem Porzellan: Das Deutsche Apotheken-Museum besitzt 13 solcher Gefäße aus der Königlichen Porzellan-Manufaktur (KPM) in Berlin. Jedoch war diese Gefäßform ursprünglich gar nicht für die Apotheke vorgesehen.
Elisabeth Huwer
21.10.2022  08:00 Uhr

Auch wenn in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den Apothekenoffizinen überwiegend zylinderförmige weiße Porzellanstandgefäße mit Stülpdeckel in Verwendung standen, gab es weiterhin individuellere Gestaltungen von Aufbewahrungsbehältnissen. Dies zeigen die hier vorgestellten Gefäße aus der ehemaligen Internationalen Apotheke in Berlin. Diese hatte zeitweilig ihren Standort im »Columbushaus« am Potsdamer Platz, das 1932 vom berühmten Avantgarde-Architekten Erich Mendelsohn (1887 bis 1957) als radikal funktionalistischer Bau errichtet worden war. Sowohl die Standgefäße als auch die Apothekengeschichte weisen einige Besonderheiten auf.

Die glänzendweißen Gefäße sind mit 33,5 cm ungewöhnlich groß. Sie wirken durch die sanft geschwungene schlanke Form und den hohen Schwerpunkt, der eine zartgrün gerahmte Signatur zeigt, sehr elegant (Abbildung 1). Auf der ­Bodenunterseite findet sich eine Blaumarke: ein Zepter mit schrägem Querstrich kombiniert mit einem Stempel in Rot mit dem Reichsapfel sowie die Abkürzung »K.P.M.«. Dies weist sie als wertvolle Erzeugnisse der 1763 gegründeten und bis heute für ihre erlesenen Porzellane berühmten Königlichen Porzellan-Manufaktur (KPM) in Berlin aus.

Im Bestand des Deutschen Apotheken-Museums befinden sich insgesamt 13 solcher Standgefäße. Deren Form war aber, wie die Recherche bei der KPM ergab, ursprünglich gar nicht zur Verwendung als Apothekengefäß vorgesehen. Im Modellbuch der KPM wird diese Modellform unter der Nummer 3012 überraschenderweise als »glattes chinesisches Gefäß« geführt, das 1882 erstmals zur Nutzung als Blumenvase ausgeformt wurde. Ende des 19. Jahrhunderts kamen für den Dekor besondere Glasuren und Dekore in Mode, die von der Gestaltung kostbarer chinesischer Porzellane inspiriert waren. So war auch diese Gefäßform zunächst mit farbenprächtigem Chinoiserie-artigem Dekor geziert.

Als Vase war die Form bis weit in die Zeit nach der Jahrhundertwende beliebt, aber auch andere Verwendungen kamen vor. Um 1914 gab es zum Beispiel eine Variante, die als Untergestell für Lampen diente. Die zeitlose Form konnte entsprechend dem modischen Geschmack durch den malerischen Dekor über Jahrzehnte hinweg immer wieder neu interpretiert werden. Ob die Gefäße im Auftrag des Besitzers der Internationalen Apotheke von der KPM 1929 hergestellt wurden oder ob sie bereits vorher in einer anderen Apotheke im Einsatz waren, kann heute nicht mehr eindeutig festgestellt werden.

Sicher waren sie um ein Vielfaches teurer als die damals gängigen zylindrischen Apothekengefäße, die von Apothekenausstattern, aber auch von der KPM selbst als technisches Porzellan angeboten wurden. Der Besteller der hier besprochenen Gefäße legte also Wert darauf, diese und nicht die üblichen Standardgefäße als funktionales und gleichzeitig ästhetisch auffallendes Gestaltungselement in der Apo­theke einzusetzen.

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