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Coronaviren

Ein Antikörper-Cocktail gegen alle?

Die Hoffnung besteht, einen sogenannten Pan-Coronavirus-Antikörpercocktail entwickeln zu können. Wichtiger Bestandteil könnte ein Antikörper gegen eine hochkonservierte Region des Spike-Proteins von Coronaviren sein, die sogenannte Stielregion.
Sven Siebenand
05.08.2022  09:40 Uhr

Gegen das Spike-Protein von SARS-CoV-2 gerichtete monoklonale Antikörper gibt es mittlerweile einige. Sie nehmen die Rezeptorbindungsdomäne des Virus ins Visier. Da es im Verlauf der Pandemie an dieser Stelle aber immer wieder zu Mutationen kam, steht von Virusvariante zu Virusvariante immer wieder die Wirksamkeit der Antikörper auf dem Spiel. Daher ist nachvollziehbar, dass Forschende seit einiger Zeit auch andere Targets für neutralisierende Antikörper untersuchen.

Spezielles Interesse findet die sogenannte Stielregion (S2) des Spikeproteins. Während die Rezeptorbindungsdomäne für das Andocken an den ACE2-Rezeptor der Wirtszelle wichtig ist, wird S2 benötigt, um das Virus in die Wirtszelle zu bringen. Das Besondere an S2 ist, dass es eine weitgehend unveränderliche Region des Spike-Proteins ist. Kommt es hier zu Mutationen, führen diese schnell sozusagen zum Abbrechen des Spikes, was dazu führen würde, dass das Virus die Zelle gar nicht mehr infizieren kann.

Wenig überraschend, dafür aber vielversprechend sind daher Labor- und Tierexperimente mit einem aus dem Blut von genesenen Covid-19-Patienten isolierten Antikörper, der sich gegen diese Stielregion des Spike-Proteins richtet. Der Antikörper neutralisierte nicht nur den Wildtyp von SARS-CoV-2, sondern alle weiteren Varianten, inklusive Omikron. Zudem war er auch gegen andere Erkältungs-Coronaviren sowie SARS und MERS wirksam. Ebenfalls positiv ist, dass dieser Antikörper synergistisch mit einem Antikörper gegen die Rezeptorbindungsdomäne wirkt, wie Untersuchungen zeigen.

Die Pharmafirma Aridis Pharmaceuticals spricht von einem Pan-Coronavirus-Antikörpercocktail. Sein vorläufiger Name lautet AR-701. Er enthält den gegen die S2-Region gerichteten Antikörper (AT-703) sowie einen gegen die Rezeptorbindungsdomäne gerichteten Antikörper (AT-720).

Das Unternehmen will den bisher erfolgreich bei Tieren getesteten Cocktail nun weiter in der Entwicklung vorantreiben. Es soll eine langwirksame intramuskuläre Formulierung sowie eine inhalative Darreichungsform geben. Letztere könnten noch nicht hospitalisierte Covid-Patienten dann selbst zu Hause anwenden. Bis es soweit ist, wird es aber noch eine Zeit dauern. Klinische Studien gibt es nämlich noch keine.

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