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Statine

Echte Intoleranz oder Noceboeffekt?

Es ist ein bekanntes Problem: Statine sind in der Therapie der Lipidstoffwechselstörung wertvolle Medikamente, haben aber einen schlechten Ruf und einen entsprechend starken Noceboeffekt. Wie lässt sich eine echte Unverträglichkeit diagnostizieren?
Annette Rößler
30.06.2021  15:30 Uhr

Statine sind nach wie vor die Basis der cholesterolsenkenden Therapie, doch ist es nicht mehr so, dass kein Weg an ihnen vorbeiführt. Während Ezetimib aufgrund seiner schwächeren Wirkung die Statine allenfalls ergänzen, aber nicht ersetzen kann, können das die PCSK9-Inhibitoren Alirocumab (Praluent®) und Evolocumab (Repatha®), die Bempedoinsäure (Nilemdo®) und womöglich auch der kurz vor der Zulassung stehende Anti-ANGPTL3-Antikörper Evinacumab (Evkeeza®) durchaus.

Bevor eine der verfügbaren Alternativen infrage kommt, muss aber zunächst eine Statin-Intoleranz nachgewiesen sein. Wie Ärzte dabei diagnostisch vorgehen können, führte Dr. Ulrike Schatz, die am Universitätsklinikum Dresden in der Stoffwechselambulanz als Internistin tätig ist, beim digitalen Kongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft aus. Die wichtigsten Punkte sind in einem Blogeintrag von Anfang Juni auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie zusammengefasst.

Eine ganz wesentliche Aufgabe bestehe darin, die Beschwerden des Patienten genau zu analysieren, um eine echte Statin-Intoleranz von dem häufigen Noceboeffekt oder einer möglichen anderen organischen Ursache zu unterscheiden, heißt es da. Dringend zu beachten seien dabei mögliche Interaktionen über Cytochrom-P450. Simvastatin, Atorvastatin und Lovastatin werden über CYP3A4 abgebaut; die gleichzeitige Gabe von Inhibitoren dieses Enzymsystems wie Erythromycin, Clarithromycin, Gemfibrozil, Amiodaron oder Azol-Antimykotika lassen die Statin-Wirkspiegel und somit das Risiko für Nebenwirkungen steigen. Auch bei Niereninsuffizienz besteht die Gefahr einer versehentlichen Statin-Überdosierung.

Erhärte die gründliche Untersuchung den Verdacht auf eine Nebenwirkung des Statins, solle dieses zunächst pausiert und der Patient dann reexponiert werden, so Schatz. Bewährt habe sich die Beurteilung von Statin-assoziierten Muskelsymptomen (SAMS) anhand eines Punkteschemas (»Deutsches Ärzteblatt« 2015, DOI: 10.3238/arztebl.2015.0748). Dabei werden anhand der Lokalisation der Muskelbeschwerden, ihrem zeitlichen Zusammenhang mit der Statin-Einnahme, der Besserung nach Absetzen und dem Wiederauftreten nach Reexposition Punkte vergeben. Abhängig von der erreichten Gesamtpunktzahl ist dann die Diagnose von SAMS wahrscheinlich, möglich oder unwahrscheinlich:

Klinische Symptomatik Punkte
Lokalisation/Verteilung
symmetrisch Hüftbeuger/Oberschenkel 3
symmetrisch Wade 2
symmetrisch Schultergürtel 2
unspezifisch asymmetrisch, intermittierend 1
zeitlicher Zusammenhang mit Beginn der Statin-Einnahme
Symptome nach < 4 Wochen 3
Symptome nach 4-12 Wochen 2
Symptome nach > 12 Wochen 1
nach Absetzen
Besserung innerhalb < 2 Wochen 2
Besserung innerhalb 2-4 Wochen 1
Besserung nach > 4 Wochen O
Reexposition
Symptome treten innerhalb von < 4 Wochen wieder auf 3
Symptome treten innerhalb von 4-12 Wochen wieder auf 1
Diagnose Statin-assoziierter Muskelbeschwerden
wahrscheinlich 9-11
möglich 7-8
unwahrscheinlich < 7
Punkteschema für die Diagnostik von SAMS; Quelle: Deutsches Ärzteblatt, modifiziert nach Rosenson et al. (DOI: 10.1038/clpt.2012.57)

Aus eigener Erfahrung empfahl Schatz, vor der Diagnose einer Statin-Intoleranz mindestens drei Statine mit mindestens zwei verschiedenen Metabolisierungswegen zu versuchen. Pravastatin sollte darunter sein, weil es nicht über Cytochrom-P450 metabolisiert wird. Zudem sollten Rosuvastatin oder Pravastatin als hydrophile Substanzen sowie mindestens ein niedrig dosiertes, also stark wirksames Statin wie Atorvastatin oder Rosuvastatin getestet werden.

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