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Diskussion um Vertragsfreiheit

Dürfen Privatunternehmen Geimpfte bevorzugen?

Nach dem Beginn der Coronavirus-Impfungen wird zunehmend über denkbare Bevorzugungen Geimpfter diskutiert – etwa auf Veranstaltungen, in Restaurants oder bei Flugreisen. Rechtspolitiker von SPD und Union sehen Regelungslücken, die FDP ist grundsätzlich dafür. In Spanien sollen Impfverweigerer registriert werden.
dpa
PZ
29.12.2020  10:50 Uhr

Seit zwei Tagen laufen die Impfungen gegen Covid-19 in Deutschland an, allerdings mangels Impfstoffs sehr langsam und zunächst auch nur bei Pflegebedürftigen sowie bei Über-80-Jährigen und medizinischem Personal. Bis zum Jahreswechsel sollen nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) 1,3 Millionen Dosen zur Verfügung stehen. Pro Person sind zwei Impfungen im Abstand von drei Wochen nötig.

Die verfügbare Impfstoffmenge wird aber zunehmen, da bisher nur der Impfstoff von Biontech und Pfizer zugelassen ist, Anfang Januar aber mit der Zulassung des Präparats von Moderna gerechnet wird und weitere Pharmafirmen ebenfalls in Zulassungsverfahren stecken. Um die Beschleunigung der Impfstoffproduktion in Deutschland war jüngst eine Diskussion entbrannt.

Bis Sommer Impfangebot für jeden

»Wir werden im Januar noch deutlich mehr Impfungen haben, weil immer mehr der vom Staat bestellten Mengen geliefert werden«, sagte der Präsident des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller (vfa), Han Steutel, der »Rheinischen Post« vom heutigen Dienstag. »Jeder weitere Hersteller, der eine Zulassung erhält, wird ebenfalls mit vorproduzierten Chargen schnell im Markt sein.« Spahn hatte sich zuversichtlich gezeigt, dass jedem bis zum Sommer ein Impfangebot gemacht werden kann.

Mit Blick darauf gewinnt die Frage an Bedeutung, ob Geimpfte von Privatunternehmen bevorzugt werden dürfen – auch wenn eine staatliche Impfpflicht nicht vorgesehen ist und von der Politik einhellig abgelehnt wird. Die australische Fluggesellschaft Qantas hat bereits angekündigt, auf bestimmten Strecken nur noch geimpfte Passagiere mitzunehmen.

Bundesjustizministerin kritisiert Privilegien für Geimpfte

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hält Privilegien für Menschen mit Coronavirus-Impfung zum jetzigen Zeitpunkt für falsch. Es sei nicht einmal klar, ob die Impfung auch vor der Weitergabe der Infektion durch den Geimpften schütze, sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. »Allein deshalb verbieten sich gegenwärtig Privilegien für Geimpfte.« Solange nicht allen ein Impfangebot gemacht werden könne, sei es »ein Gebot der Fairness und der Solidarität, Sonderrechte weder einzufordern noch anzubieten.« Derzeit warnen viele Stimmen davor, eine Corona-Impfung zur Voraussetzung für den Zugang zu bestimmten Dienstleistungen oder Orten zu machen. Konkrete Pläne dafür etwa von Unternehmen sind in Deutschland allerdings nicht bekannt. »Wir sollten die richtigen Diskussionen zur richtigen Zeit führen«, mahnte Lambrecht. Im Augenblick gehe es darum, diejenigen Gruppen zu impfen, bei denen ein besonders hohes Risiko einer schweren Erkrankung bestehe. Anschließend sollten alle Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zur Impfung bekommen. »Wir müssen alle unsere Kräfte darauf konzentrieren, dass dies möglichst schnell geschieht«, sagte sie.

Auch der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans sprach sich gegen Privilegien für bereits Geimpfte aus - zum jetzigen Zeitpunkt. »Bis eine ausreichende Zahl von Menschen geimpft ist, sollten die Regeln für alle gleich sein«, sagte Walter-Borjans dem »Tagesspiegel«. »Es wäre falsch, Menschen zu bevorteilen, weil sie früher an der Reihe waren als andere, zumal noch nicht einmal gesichert ist, ob von Geimpften keinerlei Ansteckungsgefahr mehr ausgeht.« Die Zahl der Impfgegner, werde »am Ende überschaubar sein und nur insofern ins Gewicht fallen, als diese Gruppe sich selbst gefährdet.«

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