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EU-Zulassungsempfehlung

Drei innovative Mittel nehmen Hürde

Diese Woche hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA drei neue Arzneistoffe zur Zulassung in der EU empfohlen. Sie bieten neue Optionen in den Bereichen Epilepsie, HIV und erstmals gewebeunabhängig gegen solide Tumoren. 
Daniela Hüttemann
26.07.2019  14:48 Uhr

Diese Woche fand die monatliche Sitzung des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur statt. Er empfiehlt gleich drei innovative Medikamente zur Zulassung, darunter das erste als Arzneimittel zentral zugelassene Cannabidiol-Präparat. Eine Flasche Epidyolex® von GW Pharmaceuticals enthält 100 mg Cannabidiol (CBD) pro Milliliter, gewonnen aus der Cannabispflanze. Eingesetzt werden darf es laut Empfehlung in einer Tagesdosis von 10 mg/kg bei Patienten, die entweder unter dem Lennox-Gastaut-Syndrom oder dem Dravet-Syndrom leiden. Beides sind schwere Formen der Epilepsie im Kindesalter. Dementsprechend soll das Präparat ab einem Alter von zwei Jahren zugelassen werden. Es ist als Zusatztherapie zu Clobazam gedacht. In den USA ist das Präparat unter leicht anderer Schreibweise (Epidiolex) bereits seit gut einem Jahr zugelassen. In klinischen Studien hatte sich das Präparat als äußerst effektiv gezeigt, auch bei therapieresistenten Fällen.

Ibalizumab (Trogarzo® von Theratechnologies) ist der erste monoklonale Antikörper zur Behandlung von HIV-Infektionen. Er bindet an ein Epitop, das vor allem auf der Domäne 2 des CD4-Rezeptors von Immunzellen wie T-Helferzellen, Monozyten und Makrophagen vorkommt. Dadurch können HI-Viren nicht mehr die T-Zelle befallen. Gedacht ist das Medikament als Zusatz für Patienten, die mit antiretroviralen Arzneistoffen aufgrund von Multiresistenzen keine ausreichende Virus-Supprimierung erlangen. 

Wirksam bei verschiedenen Tumoren

Die Empfehlung für eine bedingte Marktzulassung gab es ferner für Bayers neuartigen Kinasehemmer Larotrectinib (Vitrakvi®). Das Besondere an diesem Medikament: Es wäre in der EU das erste Krebsmedikament, das nicht nur für eine oder mehrere bestimmte Krebsarten zugelassen ist. Vielmehr kann es bei allen soliden Tumoren eingesetzt werden, vorausgesetzt der Tumor hat einen seltene Mutation: eine neurotrophe Tyrosin-Rezeptor-Kinase (NTRK)-Genfusion. Diese Mutation kann überall im Körper auftreten und regt Krebszellen zum Wachstum an.

NTRK-Genfusionen kommen relativ häufig bei einigen seltenen Krebsarten vor, die Kinder oder Erwachsene betreffen, zum Beispiel dem infantilen Fibrosarkom, aber auch bei häufigen Krebsarten wie Lungen- und Darmkrebs. Insgesamt sind TRK-Fusionstumore jedoch nach Angaben von Bayer selten. Basierend auf epidemiologischen Daten aus verschiedenen Ländern werde die Gesamtzahl auf nicht mehr als einige Tausend Fälle in ganz Europa pro Jahr geschätzt.

Wird der Arzneistoff zugelassen, soll er Gewebe-unabhängig bei all diesen Krebsarten unter bestimmten Voraussetzungen eingesetzt werden dürfen: Immer muss eine NTRK-Genfusion nachgewiesen sein. Es kommt für pädiatrische und erwachsene Patienten infrage, wenn der Tumor bereits lokal fortgeschritten oder metastasiert ist oder chirurgisch nicht entfernt werden kann und für deren Behandlung keine anderen zufriedenstellenden Therapieoptionen zur Verfügung stehen.

»In klinischen Studien wurde Larotrectinib in 29 verschiedenen Histologien untersucht, darunter Lungen- und Schilddrüsenkrebs, Melanom, gastrointestinale Tumore wie Dickdarmkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Gallengangskarzinome oder Karzinome des Wurmfortsatzes, Sarkome, Tumore des zentralen Nervensystems, sekretorische Speicheldrüsenkarzinome sowie bestimmte pädiatrische Krebserkrankungen«, teilte Bayer mit.

Nun entscheidet die EU-Kommission innerhalb der nächsten Monate, ob die Präparate in der EU auf den Markt kommen dürfen.

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