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Leitlinie zur Peri- und Postmenopause

Differenziert intervenieren, aber wie?

Kontroverse Ansichten zu Cimicifuga

Insgesamt kommt die Leitlinie für Cimicifuga-Präparate zu einer Bewertung mit einem Evidenzgrad 1b und einem Empfehlungsgrad 0. Dieser Bewertung stimmte die Gesellschaft für Phytotherapie (GPT) nicht zu und gab ein Sondervotum ab, das in die Leitlinie aufgenommen, von den anderen Autoren aber nicht abgesegnet wurde. Die GPT sieht den Nutzen von zugelassenen Cimicifuga-Arzneimitteln als erwiesen an und empfiehlt ausschließlich deren Anwendung. Isopropanolischen Cimicifuga-Arzneimitteln bescheinigt die GPT  den Empfehlungsgrad A und ethanolischen den Empfehlungsgrad B. Den Evidenzgrad gibt sie mit 1b beziehungsweise 2b an.

Bei Frauen mit Brustkrebs sind Estrogene, Gestagene, Tibolon und Phytoestrogene zur Behandlung der vasomotorischen Beschwerden kontraindiziert. Umstritten ist hier den Leitlinienautoren zufolge, ob die Wirkung von Cimicifuga über Estrogenrezeptoren erfolgt oder nicht. Als Wirkmechanismen würden eine den selektiven Estrogenrezeptor-Modulatoren (SERM) ähnliche Wirkung sowie antioxidative, antiinflammatorische und serotonerge Effekte diskutiert. Früher noch vermutete estrogenartige Effekte an Brust und Gebärmutter könnten aufgrund aktueller klinischer und experimenteller Daten für Cimicifuga-Arzneimittel ausgeschlossen werden (»The Journal of Steroid Biochemistry and Molecular Biology« 2014, DOI: 10.1016/j.jsbmb.2013.02.007). Insbesondere seien weder eine erhöhte Brustgewebsdichte noch eine vermehrte Epithelzellproliferation festgestellt worden (»Menopause« 2007, DOI: 10.1097/01.gme.0000230346.20992.34).

Vaginale Anwendung von Estrogenen

Bei urogenitalen Wechseljahresbeschwerden ist eventuell die vaginale Estrogentherapie eine Option. Das betrifft die symptomatische urogenitale Atrophie, bei der die lokale Anwendung auch begleitend zu einer niedrig dosierten systemischen Hormontherapie sinnvoll sein kann. Auch bei Harninkontinenz ist die vaginale Estrogentherapie wirksam und sollte hier begleitend zum Beckenbodentraining angeboten werden. Eine systemische Hormonersatztherapie kann dagegen eine bestehende Harninkontinenz verstärken oder eine Inkontinenz überhaupt erst auslösen. Bei rezidivierenden Harnwegsinfekten sehen die Leitlinienautoren eine weitere Indikation für eine vaginale Estrogentherapie, die vor Beginn einer antibiotischen Langzeitprävention ausprobiert werden sollte.

Ob eine vaginale Estrogentherapie, die zu einem Anstieg systemisch wirksamer Hormonspiegel führen kann, mit einem erhöhten Krebsrisiko verbunden ist, lässt sich nicht sagen. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte die Dosierung möglichst niedrig sein. Bereits eine ultraniedrig dosierte vaginale Estrogentherapie mit 0,03 mg Estriol zwei- bis dreimal pro Woche führt zu guten Resultaten und sollte laut der Leitlinie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mit einem Anstieg des Brustkrebsrisikos verbunden sein.

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