Diese Maßnahmen helfen wirklich |
Christina Hohmann-Jeddi |
12.06.2019 15:30 Uhr |
In Deutschland und in anderen Ländern ist der Konsum von gesüßten Getränken wie Softdrinks in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. / Foto: Superbild/Voisin/Phanie
Die negativen gesundheitlichen Auswirkungen von regelmäßigem Süßgetränkekonsum sind wissenschaftlich gut belegt. Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die regelmäßig gezuckerte Getränke konsumieren, haben ein erhöhtes Risiko für Adipositas, Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Karies. Die Weltgesundheitsorganisation, die Deutsche Gesellschaft für Ernährung sowie zahlreiche Ärzteverbände wie zum Beispiel die Deutsche Diabetes Gesellschaft empfehlen daher, nur wenig oder gar keine gezuckerten Getränke zu trinken.
In den meisten Ländern, darunter auch Deutschland, ist der Süßgetränkekonsum in den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegen. Unter Süßgetränken versteht man nicht alkoholische Getränke mit zugesetztem Zucker, wie Softdrinks, Limonaden, Energy Drinks, gesüßte Eistees, aber auch Tee und Kaffee mit Zucker. In einem aktuellen Cochrane-Review gingen die Forscher aus München und London der Frage nach, wie sich dieser Trend umkehren lässt.
Philipsborn und seine Kollegen werteten die vorhandene Literatur aus und nahmen 58 Studien in ihre Analyse mit auf. Als effizient stellten sich folgende Maßnahmen heraus: Leicht verständliche Kennzeichnung der Getränke, etwa mit Ampelfarben oder mit Labels, die die Gesundheitseffekte mit Sternen oder Zahlen bewerten, sowie Preiserhöhungen auf Süßgetränke in Restaurants, Läden und Freizeiteinrichtungen. Der Süßgetränkekonsum geht auch durch eine Verringerung des Angebots von Süßgetränken in Schulen zurück, wenn stattdessen etwa Wasserspender aufgestellt werden.
Hilfreich sei auch, wenn Kindermenüs in Restaurantketten standardmäßig statt eines Süßgetränks ein gesünderes Getränk enthielten. Weitere wirksame Maßnahmen sind, gesündere Getränke in Supermärkten besser als bislang zu platzieren und Lebensmittelmarken für Bedürftige einzuführen, mit denen Obst und Gemüse, nicht jedoch Süßgetränke vergünstigt erworben werden können.
»Die Ergebnisse dieser Übersichtsarbeit sind von unmittelbarer Relevanz für die Politik in Deutschland«, sagt Philipsborn in einer Mitteilung von Cochrane. »Die Bundesregierung arbeitet zum Beispiel derzeit an einem Konzept für die Kennzeichnung des Nährwertgehalts von Lebensmitteln und Getränken. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass einfach verständliche Systeme mit einer Farbcodierung nach dem Ampelprinzip besonders vielversprechend sind. Das bereits in mehreren europäischen Ländern genutzte Nutriscore-System ist ein Beispiel hierfür.«
Auch die Deutsche Allianz Nichtübertragbarer Krankheiten (DANK) plädiert schon seit Längerem für die schnelle Einführung des Nutri-Scores, für den sich bereits mehrere europäische Länder ausgesprochen haben. Die Sprecherin der Organisation erklärt in einer Pressemitteilung: »Wir sehen hier erneut Belege, dass eine Kennzeichnung in Ampelfarben den Konsum ungesunder Produkte deutlich senken kann, sogar bei den besonders problematischen Softdrinks. Wir brauchen deshalb endlich ein mehrfarbiges Kennzeichnungssystem in Deutschland.«
Das Review zeige, dass ein Label in Ampelfarben direkt das Verbraucherverhalten beeinflusse: Der Absatz von mit »rot« gekennzeichneent Softdrinks ging um bis zu 56 Prozent zurück. Einen geringeren Effekt gab es hingegen bei Kennzeichnungen, die keine verschiedenen Farben nutzen, sondern nur eine Abstufung angeben – so wie das gerade vom Max-Rubner-Institut im Auftrag des Ernährungsministeriums entwickelte Stern-Label. »Diese Kennzeichnung sehen wir kritisch, weil sie mit nur einer Farbe arbeitet und zudem nicht intuitiv verständlich ist«, sagt Bitzer. »Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn die deutsche Politik nicht das wirksamste System wählt – und das ist eine Kennzeichnung in Ampelfarben.«