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Pflanzliche Arzneimittel

Die Phytokompetenz liegt in der Apotheke

Pflanzliche Zubereitungen liegen im Trend, gut geprüfte Präparate haben in der Schulmedizin durchaus ihren Platz. Es sei die Intransparenz des Marktes, die Phytopharmaka zu beratungsintensiven Arzneimitteln mache, erklärte Apothekerin Katja Köstner bei einer Presseveranstaltung von Schaper & Brümmer.
Elke Wolf
24.08.2023  07:00 Uhr

Pflanzliche Bestandteile gibt es sowohl in Arzneimitteln als auch in Nahrungsergänzungsmitteln, Medizinprodukten und Kosmetika. Dem Kunden sei jedoch bezüglich der Qualität und des Wirksamkeitsnachweises kein Unterschied zwischen den Präparaten bewusst, so die Apothekerin aus Nürnberg beim 100. Firmenjubiläum des Phytopharmaka-Herstellers Schaper & Brümmer. »Apotheken ermöglichen hier erst eine Differenzierung bei der verwirrenden Vielfalt pflanzenbasierter Präparate. Und das macht Phytopharmaka zu beratungsintensiven Arzneimitteln.«

Die Hauptaufgabe des beratenden Apothekenteams bestehe darin, zu begründen, warum es selbst zwischen vermeintlich wirkstoffgleichen Phytopharmaka, traditionellen Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln erhebliche Qualitäts- und Preisunterschiede gebe. »Apotheker und PTA müssen vor allem nahebringen, dass es sich bei einem geprüften Phytopharmakon nicht um eine zerkleinerte Pflanze handelt, sondern um einen Extrakt, bei dem etwas angereichert wurde, um auf die Menge der benötigten Inhaltsstoffe zu kommen.«

900 mg Johanniskrautpulver entsprächen eben nicht 900 mg Johanniskraut-Trockenextrakt. »Eine Filmtablette eines ethanolischen Johanniskraut Trockenextrakts mit einem Droge-Extrakt-Verhältnis von 3 bis 6:1 entspricht dann rein rechnerisch etwa 3 bis 6 Johanniskraut-Dragees«, wählte sie ein Beispiel. »Wer eine höchstmögliche Dosierung wirksamkeitsbestimmender Inhaltsstoffe haben möchte, muss den Extrakt und nicht die gepulverte Droge nehmen.«

Zudem bestimme das gewählte Lösungsmittel, welche Bestandteile in den Extrakt gelangen und welche nicht. Beim Ginkgo-biloba-Extrakt werden zum Beispiel auf diese Weise Ginkgolsäuren abgereichert. »Solche Prozesse machen ein Präparat dann eben auch teurer.«

Im Unterschied zu chemisch-synthetischen Präparaten sind Phytopharmaka Arzneimittel, die als wirksame Bestandteile ausschließlich pflanzliche Drogen oder deren Zubereitungen enthalten. Es handelt sich um Vielstoffgemische, deren Zusammensetzung in Abhängigkeit von der Ausgangspflanze, der Droge und dem konkreten Herstellungsverfahren erheblich differiert. Im Klartext: Extrakte sind Unikate. Daten zu Wirksamkeit und Verträglichkeit sind extraktspezifisch und lassen sich nicht auf andere Extrakte oder gar auf die Arzneipflanze übertragen. »Generika im Phytobereich gibt es nicht«, so Köstner.

Verschiedene Produktklassen

Der Markt von pflanzlichen Präparaten sei für Verbraucher extrem intransparent, kritisierte Köstner. Das betreffe nicht nur ihre Qualität, sondern auch ihren rechtlichen Status. Nur rationale Phytopharmaka müssen laut Arzneimittelgesetz wie chemisch-synthetische Medikamente ihre Wirksamkeit, Sicherheit und pharmazeutische Qualität mit wissenschaftlichen Methoden belegen, um behördlich zugelassen zu werden.

Zum Hintergrund: Derzeit beinhalten aus regulatorischer Sicht die Monographien des Ausschusses für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand. Die nationalen Behörden der EU-Mitgliedsstaaten sind angehalten, sie bei der Bewertung von Zulassungsanträgen (well-established Use) beziehungsweise Registrierung (traditional Use) von pflanzlichen Arzneimitteln zugrunde zu legen. Die Monographien sind aber nicht unmittelbar bindend.

Zur Heterogenität des Marktes trägt bei, dass es zusätzlich traditionelle Präparate gibt, die auf Basis tradierten Wissens nach dem ehemaligen § 109a Arzneimittelgesetz registriert wurden, die aber hinsichtlich der wissenschaftlich begründeten Indikation von Gesetzes wegen deutlich unterdosiert sind. »Das sind die Präparate, die im Supermarkt stehen, vermeintlich preisgünstiger, aber auch viel geringer dosiert sind.«

Verbürgte Qualität aus der Offizin

Auch der Unterschied zu Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) sei regelmäßig Gegenstand im Beratungsgespräch. Köstner machte das am Beispiel von Traubensilberkerzen-Zubereitungen deutlich. Während sich Remifemin® mit isopropanolischem Cimicifuga-racemosa-Spezialextrakt aufgrund seiner Studienlage zur leitliniengerechten Behandlung von menopausalen Beschwerden eigne, böten Traubensilberkerzen-NEM aus dem Internet laut Köstner keinen Wirksamkeitsbeleg.

»Nahrungsergänzungsmittel unterliegen dem Lebensmittelgesetz. Es existieren keine Studien. Die Beurteilung der Sicherheit und Verträglichkeit ist nicht möglich. Angaben zum Extraktionsmittel und zum enthaltenen Pflanzenbestandteil sind nicht bindend, ebenso wie die Angabe des Droge-Extrakt-Verhältnisses.« Auch was die Menge der Inhaltsstoffe betrifft, werde es bei Nahrungsergänzungsmitteln reichlich unkonkret: »Die tatsächliche Menge im Produkt kann 50 Prozent und mehr von der Angabe auf der Verpackung abweichen«, führte Köstner aus.

Phytopharmaka mit Evidenz sieht die Expertin als wichtigen Baustein der Schulmedizin. »Wir brauchen rationale Phytopharmaka. Es sind hochwertige, sichere und wirksame Arzneimittel. Sie sind eine wichtige Säule der Therapievielfalt.«

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