Die grüne Apotheke |
Melanie Höhn |
18.09.2022 08:00 Uhr |
Dass es auch Alternativen zur mehrmals täglichen Großhandelsbelieferung gibt, zeigt Schweden. Nur einmal täglich werden die dortigen Apotheken vom Großhandel beliefert, wie aus einer Studie des österreichischen Bundesinstituts für Gesundheitswesen zur Arzneimitteldistribution in Skandinavien hervorgeht. Die Belieferung erfolgt auf Basis eines elektronischen Logistiksystems, das in jeder Apotheke vorhanden ist. Die Nachbestellungen werden bei jeder Arzneimittelabgabe in der Apotheke automatisiert auf einer Liste gesammelt.
Mit vielen kleinen Maßnahmen lässt sich die Klimabilanz eines Unternehmens verbessern. / Foto: Adobe Stock/Celt Studio
Dass die Belieferung trotzdem recht zeitnah erfolgt, sichert die gesetzliche 24-Stunden-Frist zu, nach der die Apotheken Patienten innerhalb von 24 Stunden nach der Rezeptvorlage beliefern müssen. Allerdings: Überwachungsbehörden haben sich in Schweden schon mehrfach darüber beschwert, dass Apotheken die 24-Stunden-Regel nicht einhalten können.
Neben dem Großhandel müssen auch die CO2-Emissionen des Versandhandels hinterfragt werden. Der DHL-Konzern, der neben Hermes beispielsweise Doc-Morris-Pakete ausliefert, verursachte im Jahr 2020 nach eigenen Angaben 33 Millionen Tonnen Emissionen. Über 1,8 Milliarden Pakete beförderte das Unternehmen in Deutschland im Jahr 2021 – also mehr als 5 Millionen Pakete pro Tag.
Die Versandapotheke Doc Morris verschickt nach eigenen Angaben etwa 25.000 Pakete am Tag. Die Shop Apotheke versandte im ersten Halbjahr 2022 täglich sogar 65.000 Pakete, erklärt eine Unternehmenssprecherin gegenüber der PZ. Insgesamt seien im ersten Halbjahr 2022 knapp bis zu 12 Millionen Bestellungen bearbeitet worden. Laut Unternehmensangaben sei sich der Versender der Auswirkungen seines Geschäftsmodells bewusst und wolle seinen CO2-Fußabdruck in den nächsten Jahren unter anderem durch klimaneutralen DHL-Versand, grüne Energie in den Büros oder die Reduktion von Printmaterialien stark reduzieren. Wichtige Ansatzpunkte seien auch die Logistik, die Anfahrt der Mitarbeiter sowie der Energieverbrauch.
Bisher gibt es noch keine validen Angaben zur Emissionsvergleichbarkeit von Vor-Ort-Apotheken und Versandapotheken, wie auf dem BVDVA-Kongress deutlich wurde. Ungeachtet dessen müssen sich alle Akteure Strategien zur Senkung ihrer Emissionen überlegen.
Es ist dringend: Wissenschaftler warnten in einer kürzlich veröffentlichten Studie, dass der Klimawandel zu einer globalen Katastrophe und zum Aussterben der Menschheit führen könnte. Der Klimaforscher Niklas Höhne von der Universität Wageningen hält es für wichtig, Menschen über Worst-Case-Szenarien aufzuklären: »Wir müssen klar kommunizieren, was die Risiken sind. Und auf der anderen Seite sagen: Wir haben es noch in der Hand.«
Melanie Höhn studierte Kommunikationswissenschaft und Anglistik/Amerikanistik an der Universität Jena sowie Politische Kommunikation und Publizistik an der Freien Universität Berlin. Die ausgebildete Journalistin arbeitete bei verschiedenen Nachrichtenagenturen, Zeitungen und Zeitschriften und absolvierte Auslandsstationen in Paris und in den USA. Sie ist als Redakteurin bei der PZ im Ressort Politik und Wirtschaft tätig und beschäftigt sich dort intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit für Apotheken.