Die grüne Apotheke |
Melanie Höhn |
18.09.2022 08:00 Uhr |
Mit diesen nachhaltigen Gedanken und Konzepten beschäftigt sich Esther Luhmann schon lange. Die Apothekerin ist bei den Pharmacists for Future aktiv sowie Vorstandsreferentin des Vereins demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP).
»Wir alle wissen, dass es dringend ist, Apotheken nachhaltiger zu gestalten«, warnte sie beim Kongress des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA) im Juni 2022. »Wir steuern auf ein 2-Grad-Szenario zu und das gilt es auf jeden Fall zu verhindern.« Im Oktober 2021 hat sie das Buch »Die nachhaltige Apotheke« veröffentlicht, das Apotheken dazu anleiten will, in ihrer Funktion als Unternehmen, Beratungsstätte und Teil des öffentlichen Gesundheitswesens aktiv zum Umwelt- und Klimaschutz beizutragen.
Hitze ist ein Gesundheitsthema. / Foto: Adobe Stock/Philippe Clément
Viele Apotheker berichteten gegenüber der PZ, dass der Beratungsbedarf beim Thema Hitze und Sonnenschutz gestiegen ist. Modellrechnungen von Forschern im Fachjournal »The Lancet« zeigen, dass Deutschland im internationalen Vergleich bei der Zahl der Hitzetoten weit vorne liegt. Eine weitere im Lancet publizierte Studie kommt zu dem Schluss, dass im Jahr 2019 weltweit ein Höhepunkt hitzebedingter Sterbefälle erreicht wurde. Zwar sank in Europa laut Studie die Anzahl von Hitzetodesfällen, jedoch sei Europa mit etwa 108.000 Sterbefällen weltweit die Region, die am stärksten davon betroffen ist.
Gabriele Renner, Apothekerin und Gründerin der Firma Pervormance, die aktiv kühlende Funktionstextilien entwickelt und produziert, erklärte bei einer Diskussion auf dem BVDVA-Kongress: »Wahnsinnig viele Menschen leiden unter der Hitze und es ist einfach ein Gesundheitsthema.« Zahlreiche Patienten mit Vorerkrankungen wie Multipler Sklerose, chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen hätten Probleme mit hohen Außentemperaturen.
Überflutungen und Hochwasser kommen inzwischen auch in Deutschland häufiger vor. Die Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021 zerstörte unter anderem die beiden Apotheken in Altenahr. / Foto: AoG
Nicht nur die Hitze wird zum Problem, auch andere Wetterextreme wie Überflutungen, Stürme und Dürren nehmen laut Welthungerhilfe immer mehr zu – diese Extreme betreffen auch die Apotheken vor Ort.
»In einer Welt der vernetzten Lieferketten« kämen durch solche Extremwetterlagen »Engpässe bis hin zu Nichtlieferbarkeiten in Zukunft immer häufiger vor«, sagte Florian Giermann, Client Liaison Manager von Noventi, gegenüber der PZ. Giermann ist Digitalisierungsexperte und hilft Apotheken bei der Umstellung hin zur Klimaneutralität. Es gefährde die Versorgung, solange es für bestimmte Wirkstoffe weltweit nur einen oder zwei Herstellerbetriebe gebe. Überschwemmungen wie beim Jahrhunderthochwasser im Juli 2021 führen zur Schließung von Apotheken – viele Inhaber in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen standen dort vor den Trümmern ihrer Existenz.
Welche Emissionen fallen in Ihrer Apotheke an?
In welchen Bereichen können Sie Strom sparen?
Wissen Sie, wie man richtig heizt? Beziehen Sie klimaneutrale Wärmeenergie?
Wie steht es um die Ökobilanz Ihres Bodens, der Dämmung, der Fenster?
Wo können Sie im Bereich Verkehr Emissionen verringern?
Kommen Sie mit dem Fahrrad oder ÖPNV zur Arbeit?
Wie häufig kommt der Großhandel zu Ihnen in die Apotheke?
Wie organisieren Sie Ihre Botendienste?
Wo lassen sich in der Apotheke Lärm-Emissionen reduzieren?
Wie können Sie zu weniger Licht-Emissionen beitragen?
Quelle: Luhmann, E., Die nachhaltige Apotheke. Klimawandel, Umweltschutz und Gesundheit. Dt. Apoth. Verlag 2021, Seite 85
Auch die Außenwirkung von Klimaschutzmaßnahmen einer Apotheke muss betrachtet werden, denn das Vertrauen der Menschen in Apotheken ist seit der Coronapandemie noch gestiegen, wie eine Umfrage des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller (BAH) ergab. Laut Renner sind Apotheken, die sich in Sachen Klimaschutz engagieren, auch für junge Bewerber um einen Arbeitsplatz attraktiver.