Deltakron entpuppt sich als Laborartefakt |
Theo Dingermann |
25.01.2022 12:30 Uhr |
Die vermeintliche »Deltakron«-Variante war nur einer Laborkontamination geschuldet. / Foto: Getty Images/unoL
Immerhin sah sich das angesehene Wissenschaftsjournal »Nature« bemüßigt, einem üblen Gerücht den Garaus zu machen. Angeblich stünde die nächste Eskalation der Pandemie in Form einer besonders gefährlichen Variante bevor, so die besorgniserregende Nachricht, die in der vergangenen Woche durch die Medien ging.
Jedem halbwegs gebildeten Zeitungsleser leuchtete unmittelbar ein, dass tatsächlich Gefahr in Verzug zu sein schien. Denn in dem Kofferwort »Deltakron« oder in englischer Schreibweise »Deltacron«, dem vielsagenden Namen dieser vermeintlichen SARS-CoV-2-Variante, stecken die Wortstämme der beiden besorgniserregenden SARS-CoV-2-Abkömmlinge »Delta« und »Omikron«.
Wie »Nature« nun klarstellt, lag der Ursprung des Gerüchtes in Zypern. Der an der Universität von Zypern in Nikosia forschende Virologe Professor Dr. Leondios Kostrikis hatte im Lokalfernsehen berichtet, dass seine Forschungsgruppe mehrere SARS-CoV-2-Genome identifiziert habe, die sowohl Elemente der Delta- als auch der Omikron-Variante enthielten.
Unter dem Namen »Deltacron« luden Kostrikis und sein Team noch am selben Abend 25 Sequenzen in die öffentlich zugängliche Genomdatenbank GISAID hoch. Weitere 27 folgten einige Tage später. Am 8. Januar berichte dann die Finanznachrichtenagentur Bloomberg über die Geschichte, und »Deltacron« mauserte sich zu einer internationalen Nachricht.
Sehr schnell begann die Fachöffentlichkeit an der Richtigkeit der Sequenzen zu zweifeln. Statt der Geschichte der zypriotischen Wissenschaftler zu glauben, die Variante sei das Ergebnis einer Rekombination zwischen den zwei Variants of Concern (VOC) Delta und Omikron, vermuteten die Experten vielmehr ein Artefakt in Form einer Laborkontamination.
»So etwas wie Deltakron gibt es nicht«, twitterte bereits am 9. Januar Dr. Krutika Kuppalli, Mitglied des Covid-19-Fachteams der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit Sitz an der Medical University of South Carolina in Charleston.
Und tatsächlich zogen Kostrikis und seine Kollegen 72 Stunden, nachdem sie die Sequenzen hochgeladen hatten, diese wieder aus der Datenbank zurück. Dies begründeten sie damit, zunächst weitere Forschungsergebnisse abwarten zu müssen. Die Laienöffentlichkeit interessierte sich jedoch für diesen Vorgang jedoch nicht.
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