Das Antiviren-Programm der Lamas |
Sven Siebenand |
07.05.2020 15:02 Uhr |
Lamas können bis zu drei Meter weit spucken. Das Geschoss ist aber ungefährlich. Das Gegenteil trifft möglicherweise auf Lama-Antikörper zu. Sie könnten eine Vorlage für Antikörper im Kampf gegen SARS-CoV-2 sein. / Foto: Adobe Stock/Countrypixel
Antikörperforschung und Lamas gehören schon seit geraumer Zeit zusammen. Auch für andere Viruserkrankungen, etwa die Influenza, werden die Antikörper dieser Kamele untersucht. Ausgehend von einer anderen Form von Antikörpern wurden mittlerweile auch sogenannte Nanobodies kreiert. 2018 kam mit Caplacizumab (Cablivi®) ein erster davon auf den deutschen Markt.
Was unterscheidet die Lama-Antikörper von humanen Antikörpern? Menschliche Antikörper bestehen immer aus zwei schweren und zwei langen Ketten. Lamas und zum Beispiel auch Haie produzieren hingegen zwei Arten von Antikörpern. Eine davon ähnelt den menschlichen Antikörpern, der andere Antikörper-Typ ist aber viel kleiner. Er bildet immer noch ein Y, aber die leichten Ketten fehlen. Das schafft mehr Flexibilität. Diese Antikörper können damit auch auf winzige Taschen und Spalten von Proteinen zugreifen.
Lange bevor die Corona-Pandemie ausgebrach, befassten sich Forscher aus Gent in Belgien und Austin in den USA schon mit der Wirkung dieser kleinen Antikörper auf das sogenannte Spike-Protein, das den Coronaviren ihren Namen verleiht. Die Viren sind auf dieses eigene Glykoprotein angewiesen, um eine Wirtszelle befallen zu können.
Lama-Koppel oder Haifisch-Becken? Die Wahl fiel den Forschern nicht schwer. Sie injizierten Lamas Spike-Proteine des Erregers aus der SARS-Epidemie 2002/03 und des MERS-Erregers und nahmen den Tieren später Blut ab. Was sie fanden, war nicht nur ein Antikörper, der gegen beide Coronaviren wirkte, sondern jeweils einen, der gegen das SARS- und einen, der gegen das MERS-Virus gerichtet war. Beide waren Antikörper ohne leichte Ketten.
Als die Coronavirus-Krise ausbrach, testeten die Forscher die Wirkung der kleinen Lama-Antikörper auf SARS-CoV-2. In »Cell« berichtet das Team um Daniel Wrapp von der University of Texas in Austin und Dorien De Vlieger von der Universität Gent über die Ergebnisse aus Zellversuchen. Sie wiesen für einen der beiden alten Antikörper eine Kreuzreaktivität nach. Der gegen das »alte« SARS-CoV gebildete Antikörper erkannte auch das Spike-Protein von SARS-CoV-2 und neutralisierte es.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.