Bundesrat sieht im EU-Pharmapaket Gefahren für Apotheken |
Jennifer Evans |
24.11.2023 16:00 Uhr |
Was den Patentschutz angeht, wünscht sich der Bundesrat mehr Rechtssicherheit. Diese erhöht in seinen Augen die Standort-Attraktivität, weil die Unternehmen so besser planen können. Für das Engagement der Pharmaindustrie in Deutschland und Europa spielten nämlich die Marktexklusivität sowie der Unterlagenschutz eine bedeutende Rolle, heißt es in seiner Stellungnahme. Die generelle Verkürzung des Unterlagenschutzes um zwei Jahre ist daher aus Sicht des Bundesrats »das falsche politische Signal.« Ähnliche Risiken hatte auch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) angemerkt.
Für ebenso ungeeignet erachtet er die Pläne, die Marktexklusivität für Orphan Drugs um ein Jahr zu kürzen. Der Bundesrat spricht sich daher dafür aus, den rechtlichen Datenschutz von acht Jahren beizubehalten. Allerdings sei in der Gesamtabwägung abzuwägen, ob ein verkürzter Unterlagenschutz tatsächlich die Kassen entlaste, weil so Generika schneller auf den Markt gelangen könnten. Von der geplanten Voucher-Lösung als Anreiz für die Antibiotika-Entwicklung zeigte er sich wenig begeistert, weil sie aufgrund der »derzeitigen sehr restriktiven Ausgestaltung nur eingeschränkt sinnvoll« sei. Dieses Thema ist den meisten Mitgliedstaaten ein Dorn im Auge.
Der Bundesrat befürchtet ebenfalls negative Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit und die Qualität patientenindividuell hergestellter Arzneimittel. Denn laut EU-Plänen sollen Apotheken ärztlich verordnete Arzneimittel nur noch für die Versorgung von Krankenhäusern im Voraus herstellen dürfen. Nach Ansicht des Bundesrats führt das aber nicht zu mehr Sicherheit. Im Gegenteil zerstöre es eher »bewährte und flexible Versorgungsstrukturen«.
Sorgen bereitet dem Bundesrat außerdem, dass womöglich die Defekturherstellung in Apotheken gefährdet wird. Hintergrund ist eine Erweiterung der Definition des Begriffs Arzneimittel. Die Einschränkung, dass darunter nur industriell hergestellte Arzneimittel fallen, ist nämlich im Kommissionsvorschlag gestrichen. So besteht die Gefahr, dass die Ausnahmeregelung, die sogenannte »formula officinalis« (Herstellung in Apotheken auf Rezept) »tendenziell enger ausgelegt wird«. Gemeint ist, dass im Vergleich zum aktuellen deutschen Recht dafür sehr hohe Anforderungen gelten, die womöglich zu Versorgungslücken führen könnten. Die ABDA hatte diesen Aspekt ebenfalls bereits in ihrer Stellungnahme zum EU-Pharmapaket moniert.