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Reform EU-Arzneimittelrecht

ABDA warnt BMG vor digitalem Beipackzettel

Die ABDA hat gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) eine erste Einschätzung zum sogenannten EU-Pharmapaket abgegeben. Drei Punkte erscheinen für die Standesvertretung besonders relevant. Von der Einführung einer elektronischen Packungsinformation rät sie gänzlich ab.
Jennifer Evans
06.06.2023  17:00 Uhr

Ende April hatte die EU-Kommission ihren Reformvorschlag für das EU-Arzneimittelrecht vorgelegt. Damit will sie gegen Arzneimittel-Engpässe, antimikrobielle Resistenzen (AMR) sowie eine ungleiche Versorgung mit Medikamenten vorgehen. Es geht aber auch darum, den Innovations- und Wettbewerbsgeist der europäischen Pharmaindustrie zu wecken. Ziel ist es, auf diese Weise die Arzneimittelversorgung in Europa krisen- und zukunftssicher zu gestalten.

Gegenüber dem BMG hat die ABDA nun eine erste Einschätzung zum EU-Pharmapaket abgegeben, in der sie drei Punkte hervorhebt. Das Schreiben liegt der PZ vor.

Erstens geht es um die geplante Ablösung der Packungsbeilage durch eine digitale Version. Nach Auffassung der Standesvertretung kann eine elektronische Informationsform eine Packungsbeilage nicht ersetzen, allenfalls ergänzen. Denn gerade Vertreter älterer Bevölkerungsgruppen, die womöglich viele Arzneimittel einnehmen müssen, hätten oftmals keinen Zugang zu digitalen Informationsquellen oder könnten mit diesen umgehen, so das Argument.

Wer zahlt für den Papierausdruck?

Zur Erinnerung: Die EU-Kommission schlägt zwar derzeit vor, die Entscheidung über eine elektronische Packungsbeilage als Ersatz oder Ergänzung zunächst den Mitgliedstaaten zu überlassen. Aber sie schließt nicht aus, die Einführung zu einem späteren Zeitpunkt vorzuschreiben. Aus Sicht der ABDA ist damit bereits das Grab für die herkömmliche Packungsbeilage aus Papier geschaufelt.

Auch bedauert die Standesvertretung, dass aus dem EU-Vorschlag derzeit nicht hervorgeht, wie der Patient künftig eigentlich an eine gedruckte Version kommen soll, die er auf Wunsch weiterhin bekommen können soll. Ungeklärt ist nämlich, wer für den Ausdruck zahlt. In dieser Angelegenheit sieht die Bundesvereinigung die Hersteller in der Pflicht.

Aufschluss darüber, wer die nötigen Qualitätsstandards elektronischer Beipackzettel sicherstelle und überwache, gebe das EU-Papier ebenfalls nicht, bemängelt die ABDA. In dem Schreiben an das BMG weist sie zudem auf die Gefahr hin, dass digitale Versionen womöglich Hinweise oder Verlinkungen zu Pharmaunternehmen beinhalten könnten. Der aktuell pauschal formulierte Datenschutzhinweis im EU-Dokument greift der ABDA da zu kurz.

Herstellung von Rezepturen und Defekturen gefährdet

Als weiteren Aspekt führt die ABDA die Pläne der EU-Kommission an, bestehende Rechtsvorschriften nicht nur überarbeiten, sondern auch ausweiten zu wollen. Gemeint ist die Definition eines Arzneimittels. Zwar soll es bei der eigentlichen Definition bleiben. Allerdings ist die Einschränkung, dass darunter nur industriell hergestellte Arzneimittel fallen, im derzeitigen Kommissionsvorschlag gestrichen. Bleibt es dabei, sieht die ABDA die bewährte Herstellung von Rezepturen und Defekturen gefährdet und befürchtet mögliche Versorgungslücken. Und etwaig geltende Ausnahmevorschriften für die formula officinalis (Herstellung in Apotheken auf Rezept) und die formula magistralis (Herstellung in Apotheken nach Arzneibuch) sind demnach keine Alternative. Denn dafür gelten im Vergleich zum aktuellen deutschen Recht sehr hohe und enge Anforderungen.

Eine Anpassung seitens der EU in diesem Bereich habe also womöglich weitreichende Folgen – auch ohne, dass ein konkreter Anlass für Sicherheitsbedenken bestehe, gibt die ABDA zu bedenken. Daher bittet sie um Unterstützung im Gesetzgebungsverfahren, das Kriterium der industriellen Zubereitung beizubehalten und das EU-Papier hinsichtlich der Ausnahmevorschriften zielgerichteter nachzubessern, also diese lockerer zu fassen.

Gefahr von Direktbelieferungen

Zuletzt weist die ABDA das BMG noch darauf hin, dass die EU-Kommission die Leitlinien zur Guten Vertriebspraxis, der sogenannten Good Distribution Practice (GDP), ersetzen möchte. An deren Stelle soll künftig ein Durchführungsrechtsakt zu Prinzipien der Guten Vertriebspraxis treten. Damit wäre es jedoch möglich, dass die Kommission stärker als bisher in die Spielräume der Mitgliedstaaten eingreift.

Unklar erschient der Bundesvereinigung ebenfalls, was mit dem Großhandel passiert, wenn ein Hersteller sich auf einen neuen Artikel im EU-Pharmapaket bezieht und so Wege für eine Direktbelieferung von Apotheken etabliert. Angesichts des Versorgungsauftrags sollten solche Direktbelieferungen lediglich zusätzliche Optionen bleiben, heißt es als Begründung gegenüber dem Ministerium.

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