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Aussprache im EU-Parlament

Antibiotika-Voucher sorgen weiter für Unmut

Es kommt wieder Bewegung ins Thema EU-Pharmapaket. Während einer Aussprache im Gesundheitsausschuss des Europäischen Parlaments kamen in dieser Woche die Knackpunkte der geplanten Reform noch einmal auf den Tisch. Vor allem das geplante Anreizsystem für die Antibiotika-Entwicklung ist vielen Mitgliedstaaten weiterhin ein Dorn im Auge.
Jennifer Evans
21.09.2023  17:00 Uhr

Nach der Präsentation des mehr als 500 Seiten starken Reformpakets im Europäischen Parlament, machten Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedstaaten ihre Positionen zu dem Vorhaben der EU-Kommission noch einmal deutlich – und sparten dabei auch nicht an Kritik. Das EU-Pharmapaket soll die Arzneimittelversorgung krisen- und zukunftssicher machen, die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen bekämpfen, die Arzneimittel-Knappheit in den Griff bekommen sowie Probleme des ungedeckten medizinischen Bedarfs angehen.

In der Aussprache zeigte sich, dass die meisten Abgeordneten der EU-Mitgliedstaaten die Überarbeitung des europäischen Arzneimittelrechts nach mehr 20 Jahren grundsätzlich begrüßten. Doch erwarteten sie an vielen Stellen mehr Klarheit und Feintuning von der EU-Kommission – so ging es auch der ABDA, als sie im Juni ihre Einschätzung zu dem Reformpaket abgab.

Der SPD-Politiker und EU-Abgeordnete Tiemo Wölken begrüßte grundsätzlich das Vorhaben der EU-Kommission, den Arzneimittelmangel insbesondere für kritische Präparate zu entschärfen sowie die Schutzfristen zu verkürzen. Doch von den geplanten Gutscheinen, die als Anreize für die Entwicklung neuer Antibiotika dienen sollen, hält er hingegen wenig. Seiner Ansicht nach verzögern sie unter anderem den Markteintritt von Generika. Geplant ist: Wer ein neues Antibiotikum mit neuem Wirkmechanismus oder neuer Antibiotikaklasse entwickelt, erhält dafür einen übertragbaren Exklusivgutschein. Damit kann der Hersteller entweder die Marktexklusivität eines seiner anderen Arzneimittel verlängern oder ihn an die Konkurrenz verkaufen.

Europa muss unabhängig bleiben

Die dänische Abgeordnete Pernille Weiss (EVP), die zugleich Berichterstatterin für die EU-Richtlinie ist, hob noch einmal die Bedeutung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Pharmaindustrie hervor. Sie will sich dafür einsetzen, dass die Pharmafirmen gut in Europa arbeiten können. Was den Datenschutz bei Arzneimitteln-Lieferungen angeht, pochte sie darauf, diesen an das jeweilige EU-Land zu koppeln.

Im Bereich der Arzneimittel müsse die EU vor allem unabhängig bleiben und gleichzeitig ihre Versorgungsengpässe alleine lösen, hieß es aus Frankreich. Vor diesem Hintergrund Medikamente auch gemeinsam zu beschaffen, war ein Gedanke, der ebenfalls aus Belgien zu hören war. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass EU-Mitgliedstaaten und Hersteller beim Arzneimittelzugang gegeneinander ausgespielt würden, so die Kritik.

Längerfristigere Lösungen als die Voucher-Idee bei den Antibiotika-Zulassungen wünscht sich Luxemburg von der EU-Kommission und regte in dem Zuge einen europaweiten Fonds für die Antibiotika-Forschung an. Mehr Investitionen, um zunehmende Arzneimittelresistenzen zu bekämpfen, forderte auch die Slowakei, weil ihr die derzeitigen Schritte nicht weit genug gehen.

Auch Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) hatte vor einigen Monaten von einem Antibiotikaresistenz-Botschafter für Deutschland gesprochen. Wer die Position besetzen wird und welche konkreten Aufgaben mit dem neuen Amt einhergehen sollen, will das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) erst Ende 2023 bekanntgeben, wie es auf PZ-Anfrage hieß.

Gegenvorschlag fehlt

Als eine zentrale Voraussetzung für einen gleichberechtigten Zugang zu Arzneimitteln für alle EU-Bürger hält Polen eine Harmonisierung der Rechtsvorschiften der EU-Staaten für nötig. Mit Blick auf die Arzneimittelsicherheit ist aus polnischer Perspektive unbedingt zu bedenken, dass nicht alle Wirkstoffe aus der EU stammen. Mehr Forschungsanreize für Medikamente gegen seltene Erkrankungen ist eines der Anliegen aus Bulgarien.

Peter Liese, gesundheitspolitischer Sprecher der Christdemokraten im Europäischen Parlament (EVP), nahm die EU-Kommission in puncto Voucher-Lösung ein Stück weit in Schutz und forderte – statt permanenter Kritik – einen Gegenvorschlag. Für ihn ist es vor allem wichtig, die Produktion in Europa für die Industrie wieder attraktiver zu gestalten.

Nach der Debatte hatte auch die EU-Kommission Gelegenheit, auf die Kritik zu reagieren, und verteidigte unter anderem die Voucher-Lösung, für die schließlich sehr strenge Bedingungen gelten würden. Derzeit ist eine Obergrenze von zehn Gutscheinen für einen Zeitraum von 15 Jahren vorgesehen. Was die verkürzten Zulassungsfristen angeht, will die EU-Kommission nach eigenen Angaben keinesfalls Abstriche in Sachen Sicherheit machen. Und den hohen ungedeckten Bedarf für Behandlungen seltener Erkrankungen wolle man gezielt angehen, so das Versprechen.

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