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UKCA-Kennzeichnung

Brexit bleibt Mehrbelastung für Hersteller

Der Brexit beschäftigt die Pharmaindustrie seit Jahren. Ein Ende ist nicht in Sicht, wie Experten beim heutigen »Wirtschaftstag UK«, darlegten. Insbesondere die neue UKCA-Kennzeichnung ist mit einer Mehrbelastung für die Hersteller verbunden. Diese soll das CE-Kennzeichen etwa für Medizinprodukte bis Mitte 2023 ablösen.
Jennifer Evans
15.02.2022  16:30 Uhr

Nach dem Brexit hat die britische Regierung für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten neue Regeln aufgestellt, sprich ein neues Zulassungssystem. Dies bedeutet einige Unterschiede zu den harmonisierten Regulierungen in der EU. Das betonte Marc Lehnfeld, Direktor Vereinigtes Königreich & Irland bei Germany Trade & Invest (GTAI), beim virtuellen »Wirtschaftstag UK« am Dienstag. Die GTAI ist die Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing und wird vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert.

Noch bis 30. Juni 2023 ist es möglich, Medizinprodukte, die eine CE-Kennzeichnung besitzen, in Großbritannien in den Verkehr zu bringen. Ab dem 1. Juli 2023 endet dann endgültig die Übergangsfrist und das neue Label namens United Kingdom Conformity Assessed (UKCA) ist Pflicht. Bereits seit Januar 2021 können Hersteller die neue UKCA-Kennzeichnung, die mittelfristig die CE-Kennzeichnung ersetzen wird, freiwillig für ihre Produkte verwenden.

Für die EU-Hersteller bedeutet das vor allem »eine Doppelbelastung«, wie Lehnfeld in seinem Vortrag hervorhebt. Wird nämlich die CE-Kennzeichnung nicht mehr anerkannt, ist eine zusätzliche Zertifizierung gemäß der UKCA-Vorgaben nötig. Damit wird bescheinigt, dass ein Hersteller auch die britischen Produktvorschriften einhält. Und sei eine Zertifizierung durch eine externe Prüfstelle vorgeschrieben, müsse diese eine Benannte Stelle mit Sitz in Großbritannien ausstellen, heißt es von der GTAI. Die bisherigen Benannten Stellen (UK Notified Bodies) gelten dabei automatisch als sogenannte UK Approved Bodies. Das heißt, nur im Vereinigten Königreich ansässige Stellen dürfen britische Konformitätsbewertungen vornehmen.

Nordirland spielt Sonderrolle

Einen Sonderstatus hat Nordirland. Dort bleibt aufgrund des Austrittsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich weiterhin die CE-Kennzeichnung verpflichtend. Hinsichtlich des Zulassungsprozederes verhandelt die EU-Kommission seit Jahresbeginn 2022 mit dem Vereinigten Königreich, um langfristige Anschlusslösungen zu finden. Die PZ hatte bereits ausführlich darüber berichtet.

Außerdem muss es für den Vertrieb von Medikamenten und Kosmetikprodukten aus der EU nach Großbritannien eine sogenannte Responsible Person, also einen verantwortlichen Repräsentanten, mit Sitz in der UK geben. Dieser kümmert sich dann im Auftrag des Herstellers um Zertifizierungsanforderungen und Produktsicherheit.

Zur Erinnerung: Schon seit Januar 2021 greift für Medizinprodukte eine Registrierungspflicht bei der zuständigen Behörde Medicines and Healthcare products Regulatory Agency (MHRA), unabhängig davon, ob die Produkte ein UKCA-Zeichen oder ein CE-Zeichen tragen. Diese Vorschrift führte die britische Regierung zunächst schrittweise ein. Seit diesem Jahr gilt sie nun aber auch für die letzte Produktgruppe, nämlich Medizinprodukte der Klasse I sowie In-vitro-Diagnostika.

Lehnfelds Fazit ist positiv: Trotz des zusätzlichen Aufwands bleibe der UK-Markt in Zukunft sowohl für Investoren als auch als Firmenstandort attraktiv. Auch der Export pharmazeutischer Erzeugnisse hat sich trotz der Pandemie zuletzt erfreulich entwickelt und demnach im vergangenen Jahr um 6,1 Prozent zugelegt.

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