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Schlafkrankheit

Breakthrough Prize 2023 für Narkolepsieforschung

In diesen Tagen werden Forschende für ihre herausragenden Leistungen nicht nur mit dem Nobelpreis geehrt. Den beiden Forschern Emmanuel Mignot und Masashi Yanagisawa wurde der »2023 Breakthrough Prize in Life Sciences« zuerkannt. Sie hatten die Ursache von Narkolepsie aufgeklärt und dadurch auch den Weg für neue Arzneimittel geebnet.
Theo Dingermann
06.10.2022  16:30 Uhr
Breakthrough Prize 2023 für Narkolepsieforschung

Extreme Tagesmüdigkeit kennzeichnet das Krankheitsbild Narkolepsie, das Betroffene unter einen lebenslangen Leidensdruck setzt. Die Ursache für diese Krankheit klärten die Professoren Emmanuel Mignot von der Stanford University und Masashi Yanagisawa von der University of Tsukuba in Japan durch innovative Forschungsansätze unabhängig voneinander auf. Diese herausragenden wissenschaftlichen Arbeiten wurden jetzt mit dem »2023 Breakthrough Prize in Life Sciences« gewürdigt, wie das Wissenschaftsmagazin »New Scientist« berichtet. Die Breakthrough Prize Foundation lobt jedes Jahr insgesamt fünf Preise für herausragende wissenschaftliche Leistungen in den Biowissenschaften, der Mathematik und der Physik in Höhe von etwa 15 Millionen US-Dollar (15,2 Millionen Euro) aus.

Die Arbeiten der beiden Preisträger Mignot und Yanagisawa reichen weit bis in die 1980er-Jahre zurück. Damals forschten Mignot und seine Kollegen mit narkoleptischen Hunden, um mithilfe dieses Tiermodells den genetischen Ursachen für die analoge schwere Krankheit beim Menschen auf die Spur zu kommen. »Als ich damit anfing, sagten die Leute, das sei verrückt«, erklärt Mignot gegenüber dem »New Scientist«. Man hatte noch nicht einmal damit begonnen, das menschliche Genom zu sequenzieren. »Und tatsächlich, es war so verrückt, dass ich zehn Jahre gebraucht habe, aber es hat sich gelohnt«, ergänzt er.

Denn schließlich gelang es dem Team, durch positionelles Klonieren eine Mutation im Genom der Hunde zu identifizieren, die im Gen für zwei Membranrezeptoren liegen, die heute als Hypocretin-Rezeptoren bekannt sind.

Ein alternativer Forschungsansatz

Etwa zur gleichen Zeit arbeiteten Yanagisawa und seine Kollegen daran, Rezeptoren zu identifizieren, die durch Peptid-Liganden aktiviert werden. Dazu verwendeten sie Peptidmischungen, die sie aus Tiergehirnen extrahierten hatten. Indem sie diese komplexen Mischungen durch Aktivitätsmessungen an den Rezeptoren immer weiter aufreinigten, identifizierten sie schließlich Peptide, die hochspezifisch nur einen einzigen Rezeptortyp aktivierten.

Der Zufall wollte es, dass ihr erster Treffer eine Peptid-Mischung war, die die von Mignot identifizierten Hypocretin-Rezeptoren aktivierte. Diese Peptide sind heute unter den Namen Hypocretin-1 und -2 beziehungsweise Orexin-A und Orexin-B bekannt. Die im Hypothalamus gebildeten Hormone sind eine Art Gegenspieler zu Leptin und haben stimulierende Effekte auf die Nahrungsaufnahme. Zudem sind sie an der Regulation des Energiehaushalts und des Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt, wobei sie die Vigilanz steigern.

Die japanische Gruppe schaltete dann das Gen aus, das bei Mäusen Orexine produziert, und stellte fest, dass diese Knock-out-Tiere, die normalerweise nachtaktiv sind, nachts regelmäßig durch Schlafattacken zusammenbrachen, ähnlich wie Patienten, die an Narkolepsie erkrankt sind. Injizierte die Forschenden dann den Knock-out-Mäusen nachts die Orexin-Peptidmischung ins Gehirn, kompensierte dies den Gendefekt.

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